Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Besinnung auf den – wie drückte er sich aus? – ›vorgeburtlich festgelegten Lebensweg‹ dienen.«
»Passt doch nicht schlecht zu den Problemen von Frau van der Neer, oder?«, sagte Lea.
»Das sehe ich genauso. Wobei man sich schwertut, diese Einrichtung mit Begriffen wie Teufel oder Tod in Verbindung zu bringen.«
»Wieso, der Teufel hat sicher nichts gegen Luxus. Im Gegenteil, ich denke, er hat eher Gefallen an Verschwendung und Dekadenz.«
»Sie sind sicher evangelisch mit puritanischen Wurzeln«, analysierte Bender Leas Bemerkung.
»Stimmt. Ich bin beeindruckt.«
»Nun, jedenfalls«, fuhr Bender fort, »in diesem ISG … Die ganze Einrichtung ist sehr exquisit, ein Wellnesstempel mit Saunalandschaften, Tiefenentspannungsliegen und Kursräumen, in denen Yoga, Meditation, Lichtkrafttherapie und anderes angeboten wird. Ein Angebot finde ich besonders beeindruckend …«
»Und das wäre?«
»Astrale Quellen als Energielieferanten. Klingt sehr überirdisch und entzieht sich meiner beschränkten Vorstellungskraft.«
»Das ist auch ohne Zweifel sehr anspruchsvoll. Vielleicht ein Anschluss wie bei Frankenstein im Labor – mit direkter Verbindung zu einem Blitz?«
Kommissar Bender musste lachen. »Nun ja, ich habe mir sicherheitshalber einen Prospekt mitgenommen.«
»Was hat Frau van der Neer in diesem Institut gemacht?« Lea war wieder ganz bei der Sache. »Haben Sie etwas erfahren?«
»Nicht sofort«, Bender klang verstimmt, »bei der ersten Anfrage schaute dieser Marcion versonnen an mir vorbei und sagte etwas wie ›Namen haben keine Bedeutung, sie sind wie Spuren im Sand, die der Wind verweht‹.«
Lea unterdrückte einen Kommentar.
»Ich musste zu seinem ausgesprochenen Missfallen auf einer Antwort bestehen und habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass wir den Spuren nachgehen, möglichst bevor der Wind sie verweht.«
»Hat ihm das eingeleuchtet?«, fragte Lea.
»Keine Ahnung, jedenfalls hat er daraufhin eine junge Dame antanzen lassen und sie beauftragt, in irgendwelchen Listen nach Frau van der Neer zu suchen. Dass diese sich nicht verbeugte, nachdem er mit ihr gesprochen hatte, hat mich fast gewundert. So stelle ich mir die Sklavinnen im alten Ägypten vor. Hübsch war sie jedenfalls.«
Sieh an, sieh an, der Kommissar, dachte Lea, er hat nicht nur ein Auge für die dunkle Seite der Macht.
»Jedenfalls war Frau van der Neer auf der Liste, die sie brachte, mit mehreren Kursen eingetragen, über einen Zeitraum von zwei Jahren. Bei einigen Kursen hat sie im Institut gewohnt, zum letzten Kurs ist sie täglich mit dem eigenen PKW angereist. Insgesamt hat sie wohl Kursgebühren von sagenhaften 14000 Euro gezahlt.«
»Ich wusste, dass ich in der falschen Branche tätig bin«, entfuhr es Lea.
»Sie haben mein volles Verständnis, unsere Büros sind von diesem Wellnessstandard auch Lichtjahre entfernt.«
»Mama, wie lange telefonierst du noch?«, unterbrach Frederike. »Papa ist in der anderen Leitung und fragt, ob wir heute Abend mal alle zusammen essen gehen wollen?«
»Ich bin gleich fertig, sag Papa schon mal, das ist eine gute Idee.«
»Dann lassen Sie sich nicht länger aufhalten«, sagte Franz Bender, der die Zwischenfrage von Frederike mitbekommen hatte. »Das waren ohnehin schon alle Neuigkeiten im Fall Susanna van der Neer.«
»Na, dann vielen Dank, Herr Bender, für Ihre Zeit und die Informationen! Wenn mir noch etwas einfällt oder ich etwas hören sollte, gebe ich es an Sie weiter. Wobei … auf weitere Anrufe aus dem Frauenzentrum kann ich gern verzichten.«
Nachdem Lea das Telefonat beendet hatte, ging sie zurück in die Küche. Aber die beiden Mädchen waren mit dem Pendel in Maries Zimmer verschwunden. Es wurde vor dem Restaurantbesuch dann noch gemeinsam mit allen ausprobiert und sogar Sören musste erstaunt feststellen, dass dieses kleine Gebilde sich wie von Zauberhand bei bestimmten Gedanken in Bewegung setzte, und spekulierte über alle möglichen physikalischen Erklärungen.
Neuntes Kapitel
Schon den ganzen Tag war Susanna unruhig. Sie fühlte sich gefangen. Wenn sie weiterkommen wollte, musste sie die Ketten abstreifen. Sie trat in der abendlichen Zusammenkunft nach vorne und forderte ein neues Zeichen. Marcion befahl ihr zu schweigen.
»Der Weg kennt keine Abkürzung. Es liegt nicht in unserer Hand. Wir können das Schicksal nicht verändern, es nicht zurech t biegen.«
Seine Stimme wurde lauter, sie füllte den Raum. Sein Blick leuchtete intensiver.
Weitere Kostenlose Bücher