Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
durch Zauberhand in Luft auf.
»Leute, was ist los? Könnt ihr vielleicht erst einmal aufhören, hier so rumzubrüllen?«
Den Hinweis auf die Nachbarn ersparte sich Lea; aus Erfahrung wusste sie, dass er keinen Eindruck machte.
»Mama«, begann Marie, »Frederike ist einfach in mein Zimmer gegangen und hat in meinen Sachen rumgeschnüffelt.«
»Habe ich gar nicht«, wurde sie von Frederike unterbrochen, »Marie hat da so ein irres Teil, eine Kugel an einer Schnur, und das wollte ich mir anschauen.«
»Das ist keine Kugel an einer Schnur«, zischte Marie zurück, »das ist ein Pendel, und das ist nichts für Kinder.«
»Stopp! Stopp!« Lea unterbrach das Geschrei. »Seit wann hast du ein Pendel? Zeig mal her.«
Lea stellte ihre Tasche in die Ecke und streifte sich die Schuhe von den Füßen.
»Ach, Mensch, ihr seid echt nervig!«
Marie stapfte in ihr Zimmer und kam kurz darauf mit einem Pendel zurück, das aus einer blauen Kugel, die an einer goldenen Schnur befestigt war, bestand.
»Sehr hübsch! Und was machst du damit?«, erkundigte sich Lea.
»Damit kann man herausbekommen, was man wirklich will. Das Pendel überträgt deine innere Stimme in Schwingungen, rechts herum bedeutet Ja, und links herum bedeutet Nein.« Vergessen war der Streit, und Faszination machte sich in Maries Stimme bemerkbar. »Schau mal, ich denke jetzt an Physik, ganz intensiv, und das Pendel schwingt links herum.« Und tatsächlich beschrieb das Pendel, das Marie ganz oben an der Schnur über den Küchentisch hielt, kleine Kreise, die entgegen des Uhrzeigersinns verliefen.
»Aber das weißt du doch auch so, dass du Physik grässlich findest«, bemerkte Frederike scharfsinnig. »Wofür brauchst du dann das Pendel?«
»Ja klar, du Schlauberger, bei Physik ist das auch einfach, aber …«
»Bei Jungen, die man vielleicht nett findet, wird es schon schwieriger«, ergänzte Lea den Satz.
»Mama, woher weißt du das denn?« Marie blickte überrascht von dem sich weiter drehenden Pendel hoch.
»Ja, glaubst du, das Pendel ist eine neue Erfindung? Ich weiß gar nicht, wie viele Mädchen schon die nettesten Jungen in die Wüste geschickt haben, nachdem das Pendel sie zu diesem vernichtenden Urteil gebracht hat.«
Das Telefon klingelte.
»Kurze Unterbrechung des Pendelkurses«, sagte Lea zu ihren beiden Töchtern und ging zum Telefon.
Es war Cleo, diesmal noch wütender als das letzte Mal. »Lea, du machst jetzt Schluss mit dieser Verleumdungskampagne. Willst du uns alle fertigmachen oder was?«
Lea begann diese schrille Stimme zu verabscheuen.
»Hallo, Cleo«, bemühte sie sich, ruhig zu antworten. »Wenn du willst, dass ich mit dir rede, dann reiß dich zusammen, und sag mir, um was es geht.«
»Das weißt du ganz genau!« Cleo war offensichtlich bemüht, ihre Stimme unter Kontrolle zu bringen. »Die Polizei war bei Jemina zu Hause, auch wieder wegen dieser blöden Kuh Susanna. Die haben sie stundenlang befragt, wie sie sich kennengelernt haben, was Jemina beruflich macht, was hier im Frauenzentrum, wovon sie lebt.« Cleo hatte so schnell gesprochen, dass sie eine Pause einlegen musste, um Luft zu holen. »Sag jetzt nicht, du hast damit nichts zu tun!«
»Cleo, was soll ich jetzt damit zu tun haben? Die Polizei erledigt nur ihren Job, das habe ich dir auch das letzte Mal schon gesagt.«
»Klar, und du hilfst ihr dabei, so als Hobbysheriff oder was? Du warst ja schon immer die Tugendhafte und Anständige.« Die Stimme am Telefon wechselte erneut in eine höhere Tonlage.
»Cleo, nicht in diesem Ton, sonst lege ich sofort auf! Ist das endlich bei dir angekommen?«
»Okay, okay, ich will nur wissen, was du den Bullen noch alles erzählt hast.«
»Ich glaube kaum, dass ich dir das sagen will.«
Lea schwieg beharrlich und schuf damit eine Situation, die ihrer Telefonpartnerin außerordentlich missfiel.
Also änderte Cleo ihre Strategie. »Ach, komm schon, Lea, wir kennen uns doch schon so lange und hatten zumindest früher gemeinsame Ziele und Interessen.« Na ja, geht so, dachte Lea, während Cleo fortfuhr: »Jetzt musst du dich doch nicht ausgerechnet mit den Bullen verbünden und uns in die Pfanne hauen.«
»Cleo, es gilt, einen unklaren Todesfall aufzuklären und nichts sonst. Hast du irgendwelche wichtigen Informationen, die alle anderen nicht haben?«
»Jetzt spinnst du schon wieder so rum. Wir wollen uns einfach nicht ständig von den Amtstypen belästigen lassen.«
»Alles klar. Aber darauf habe ich keinen Einfluss,
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