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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Heeger
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Übersicht über männliche sowie weibliche Personen im jeweiligen Alterssegment, dazu das durchschnittliche Jahreseinkommen. Man konnte der Statistik entnehmen, dass es zwei Gruppierungen gab, die verstärkt von Sekten ins Visier genommen wurden. Zum einen waren es die vernachlässigten und schlecht ausgebildeten Jugendlichen aus problematischem Umfeld.
    »Einen weit höheren Umsatz machen jedoch Sekten, die sich auf eine andere Klientel spezialisiert haben, auf die zahlungskräftigen Manager in der Midlifecrisis, erfolgreiche Frauen in der Lebensmitte, die sich fragen, ob das schon alles war, was das Leben für sie bereitgehalten hat.«
    Das nächste Bild zeigte eine Zusammenstellung von ansprechenden Gebäuden in idyllischer Umgebung. Professor Wiegand trank einen Schluck aus dem Wasserglas und fuhr fort: »Die Sektenstruktur wird gegenüber dieser zahlungskräftigen Klientel verschleiert, sie tritt erst allmählich hervor. Von außen sehen diese Begegnungsstätten aus wie komfortable Hotels mit luxuriöser Ausstattung. Wellness und Entspannungskurse, Yoga, Meditation. Erst nach einer gewissen Zeit werden gezielt Seminare angeboten, die zu einer Bindung an die Sekte führen.«
    Lea dachte an das Institut für Spirituelle Gesundheit.
    »Diese Kurse folgen einer streng hierarchischen Struktur. Erstaunlicherweise funktioniert gerade diese Variante bei den Arrivierten unserer Gesellschaft hervorragend, da sie es gewöhnt sind, die Erfolgsleiter emporzusteigen, und sich niemals mit einer wie auch immer gearteten inferioren Position begnügen würden. Hier wird das Erklimmen der Leiter teuer bezahlt, in zweifacher Hinsicht. Zum einen mit viel, sehr viel Geld. Meine Damen und Herren, ich spreche hier nicht von hunderten, sondern von mehreren tausend Euro! Und zum anderen mit einer weitestgehenden Abhängigkeit vom Meister oder der Organisation.«
    Lea schüttelte innerlich den Kopf. Wie sich im Grunde gebildete Zeitgenossen in Abhängigkeit begaben! Freiwillig! Ganze Menschengeschlechter hatten sich gegen Sklaverei, Leibeigenschaft und Ausbeutung aufgelehnt und dafür ihr Leben eingesetzt. Und hier gaben Menschen auf der Suche nach Halt, einer höheren Wahrheit oder vielleicht auch dem Gefühl von Auserwähltheit ihre Freiheit hin.
    Der Vortrag von Professor Wiegand, der das Äußere eines Golfers oder Regattaseglers hatte, war lebhaft und mit vielen Fallbeispielen aufgelockert. Zwischen die Interpretationen der Statistiken streute er viele interessante Details. So sprach er von einem Bedürfnis nach Unterordnung, das bestimmte Personen dazu brächte, ein strenges Regime mit genauen Verhaltensmaßregeln zu bevorzugen. »Nicht alle Menschen kommen mit den Wahlmöglichkeiten und der Vielfalt unseres heutigen Gesellschaftssystems zurecht. Wir haben festgestellt, dass die Sehnsucht nach strenger Ordnung gerade bei sehr liberal aufgewachsenen Jugendlichen groß sein kann. Das sind neuere Aspekte, die bislang nicht in unser Weltbild und schon gar nicht in unser Bildungssystem gepasst haben.«
    Hilfe!, dachte Lea in Erinnerung an Sörens beständigen Vorwurf, sie erzöge die Kinder nicht konsequent genug.
    Susanna kehrte zurück aus Amsterdam. Sie hatte es in ihrer Wohnung nicht ausgehalten und war für drei Tage in die malerische Stadt geflogen. Sie hatte immer noch keinen Bescheid für den nächsten Kurs bekommen. Das Warten beunruhigte sie. Sie hatte wie üblich im »Amstel«, einem traditionsreichen Hotel, übernachtet und den morgendlichen Blick auf den Fluss genossen. Der Weg über den Muntplein zum Blumenmarkt, auf dem es schwarze Tulpen zu kaufen gab, die unzähligen Fahrradfahrer und die Touristenschiffe, die in den Grachten durch die Altstadt schipperten, zogen sie auf unspektakuläre, aber angenehme Weise in ihren Bann.
    Das Wetter war kühl gewesen durch den heftigen Wind von der Nordsee. Die holländische Kollegin Marje Kleets hatte interessante Ideen für die gemeinsame Ausstellung in Köln entwickelt. Sie beabsichtigten, einige Bilder von Karel Appel aus dem Stedelijk Museum von Amsterdam zusammen mit Bildern von Emil Nolde zu zeigen. Die Ähnlichkeit der intensiven Farben und Motive ließ den Kontrast, der im Ausdruck sich t bar war, deu t lich hervortreten. Appel, der die heitere Seite gekonnt spielerisch inszenierte. Nolde, der die Farbigkeit als Widerspruch zu den zerstörten Figuren einsetzte.
    Bis tief in die Nacht hatte sie mit Marje in einem gemü t lichen kleinen Restaurant in der Nähe der Prinsengracht

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