Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
kleine Blitze auf Sirrins Körper. Wäre sie bei Bewusstsein gewesen, hätte sie ein Abschirmfeld um sich errichtet. So aber war sie ihrer Feindfarbe hilflos ausgeliefert.
    Regandhor aber sog trotz seiner Ohnmacht die verschiedenen Magien in sich auf, bis sich in seinem Körper ein faustgroßer Kern bildete, der aus allen sechs magischen Farben bestand. Schon bald begann dieser Kern sich zu bewegen, als sei etwas in ihm eingeschlossen, das sich befreien wollte.
    Dann ging es blitzschnell. Der magische Kern barst, und für einen Augenblick leuchtete der Junge in allen Farben. Dann verformte sich sein Körper und begann zu wachsen. Sein Hals streckte sich, und sein Kopf wurde zu einem länglichen, mit scharfen Zähnen bewehrten Schädel. Gleichzeitig entstand ein langer Schwanz, und seine Hände und Füße formten sich zu kräftigen, vogelähnlichen Zehen mit scharfen Krallen.
    Das Wesen, das eben noch einem roten Eirun geglichen hatte, öffnete seine Augen und sah sich um, als könne es nicht begreifen, was geschehen war. Noch halb betäubt nahm es die Nähe seiner Anführerin wahr und tauchte instinktiv hinter ihr her. Mit einigen kräftigen Schwanzschlägen erreichte es Sirrin, packte sie mit einem Vorderfuß und strebte dann nach oben.
    Als Regandhor in seiner Arghan-Gestalt aus dem Wasser auftauchte, war von »Giringars Hammer« weit und breit nichts mehr zu sehen. Er schüttelte sich, um die Nachwirkungen des Stasiszaubers loszuwerden, und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Seine letzte Erinnerung war, dass er Sirrin eine gute Nacht gewünscht und sich zu Bett begeben hatte. Sie war nervös gewesen, weil sie um Tharons und Tirahs Sicherheit gefürchtet hatte, und hatte geplant, am nächsten Morgen mit ihm aufzubrechen, um die beiden zu suchen.
    Regandhor versuchte, zu Sirrins Geist durchzudringen, doch die konzentrierte Magie, mit der man sie in Starre versetzt hatte, konnte er trotz gewisser Fähigkeiten nicht auflösen. Es mochte Monate dauern, bis Sirrin wieder zu sich kam. So lange konnte er jedoch nicht in dieser magisch aufgeheizten Brühe schwimmen, die selbst ihm zusetzte.
    »Ich muss an Land, und zwar so schnell wie möglich!«, sagte der Arghan zu sich selbst. Doch die einzige Küste, die er noch auf dem Schiff wahrgenommen hatte, lag fünfhundert Meilen weit im Norden und wurde zudem durch starke weiße Zauber gesichert. Zwar hatten Gynrarrs Artefakte ein ganzes Stück weiter im Süden ein starkes schwarzmagisches Feld ausgemacht. Genau dorthin aber waren die Magier mit dem »Hammer« unterwegs, und es schien Regandhor nicht ratsam, diesen Leuten zu folgen.
    Daher hatte er nur eine Wahl – er musste zu den Klippen schwimmen, mitten hinein in die magischen Stürme! Der Arghan traf diese Entscheidung nicht gerne, doch es gab keine andere Möglichkeit. Dabei machten ihm nicht nur die rasch wechselnden Magiefelder zu schaffen, sondern auch die aufgepeitschten Wellen, die ihn in einem Augenblick nach oben katapultierten und im nächsten in die Tiefe rissen. Gleichzeitig musste er auf Sirrin achten, die schlaff wie eine Gliederpuppe in seiner Pfote hing und sich nicht magisch erhalten konnte. Die Gewalten, denen sie beide ausgesetzt waren, würden die Magierin früher oder später umbringen.
    Eine quer laufende Welle überschüttete ihn mit gelb aufgeladenem Wasser und brachte ihn dazu, mit aller Kraft weiterzuschwimmen. Seine Anführerin durfte er jedoch nicht zu oft ihrer Feindfarbe aussetzen. Daher suchte er einen Weg, der ihn möglichst weit um gelbe Magieansammlungen herumführte. Aber das gelang ihm nicht immer. Wenn es ihm möglich war, sog Regandhor das Gelb auf und verwandelte es in die Kraft, die er brauchte, um diesem tobenden Ozean die Stirn bieten zu können.
    Zu allem Unglück zog ein gewaltiger magischer Sturm auf, dem auch ein Arghan nichts entgegenzusetzen hatte. Um schneller zu werden, nahm er Sirrin ins Maul und begann mit aller Kraft zu schwimmen, um so rasch wie möglich einen Ort zu finden, der Sirrin und ihm Schutz bieten konnte.
     
    3
     
    Der aufkommende Sturm machte auch Hekendialondilan und ihren beiden Gefangenen zu schaffen. Nordöstlich von ihnen türmten sich hohe Wolkenberge auf, die von den heulenden Winden gepackt und mit ungeheurer Geschwindigkeit vor sich hergetrieben wurden. Dazwischen spalteten die Entladungen der Gegenfarbenexplosionen die Luft, und das Ganze wurde von Donner und einem Heulen und Tosen begleitet, so als hätten sämtliche sechs Höllen ihre

Weitere Kostenlose Bücher