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Mercy, Band 2: Erweckt

Mercy, Band 2: Erweckt

Titel: Mercy, Band 2: Erweckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Lim
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Pistole, die in seiner Innentasche steckt, so wie gestern. Der Typ steht immer noch auf der Kippe, aber das heißt nicht, dass er keinen Anspruch darauf hat, wie ein menschliches Wesen behandelt zu werden. Jeder von uns war schon mal tief unten. Nur greift nicht jeder gleich zur Waffe.
    Als ich an Ranalds Tisch vorbeikomme, wispert er mir verschwörerisch zu: „Hat er wieder seine Knarre dabei?“
    Ich nicke fast unmerklich.
    Dann bringe ich Franklin das Sandwich und den Kaffee. „Das geht heute aufs Haus“, murmle ich und stelle die Sachen vor ihn hin.
    Mit Tränen in den Augen antwortet er: „Ich kann bezahlen“, um einen letzten Rest Stolz zu wahren. Aber meinem Blick weicht er weiterhin aus.
    Ich zucke die Schultern. „Wie Sie wollen.“
    M r Dimowski schnaubt hörbar und stampft in den Flur hinaus, an den schlecht gelüfteten Toiletten vorbei und in sein enges kleines Büro, das auf der Rückseite des Gebäudes liegt. Seine Haltung ist angespannt und er flucht auf Russisch vor sich hin. Es würde mich nicht wundern, wenn er zum Telefon griffe und die Polizei auf Franklin hetzte.
    Cecilia wirft mir einen bestürzten Blick zu, weil Franklin jetzt ganz offen weint, während er in sein Sandwich beißt und an seinem Kaffee nippt. Er sitzt mit dem Rücken zu uns, aber wir sehen alle, wie seine Schultern beben, hören sein Schluchzen, die leisen, fast tierischen Laute, die er von sich gibt, während er sich mit seinen haarigen Handrücken die Tränen abwischt.
    Ranald starrt stirnrunzelnd auf seinen Computer. Er sieht aus wie eine gereizte Schildkröte. „Wie soll man denn da arbeiten“, knurrt er Franklins Rücken an und hackt mürrisch auf seine Tastatur ein.
    Wahrscheinlich kann er Franklin die Bemerkung mit dem „mickrigen kleinen Angestellten“ nicht verzeihen.
    Doch Franklin zeigt keine Reaktion. Er schluchzt und isst, schluchzt und trinkt und gibt diese herzzerreißenden, waidwunden Laute von sich. Glaubt er im Ernst, dass wir ihn nicht hören?
    Ein paar Gäste kommen und gehen, starren Franklin im Vorbeigehen neugierig an. Als ich die losen Zeitungsseiten aufräume, die auf der vorderen Theke herumliegen, erhasche ich einen Blick auf sein verweintes Gesicht. Der Mann sieht schrecklich aus. Ich schiebe ihm einen Serviettenspender hin, als ich zur Küche zurückgehe. Aber er achtet nicht darauf.
    Dann kommt M r Dimowski aus seinem Büro, sein Mund ist nur noch ein Strich. Er deutet mit dem Finger auf mich.
    „Sorgen Sie dafür, dass er verschwindet“, sagt er grimmig. „Ich will keinen Ärger mit dem Kerl. Er ist eine tickende Zeitbombe. Weinende Kunden, das ist nicht gut fürs Geschäft. Sagen Sie ihm, er soll woanders weiterflennen, okay?“
    Ich gehe an Franklins Tisch zurück.
    Ranald blickt auf, als ich an ihm vorbeikomme. „Wird aber auch Zeit, dass ihr was unternehmt“, sagt er in beleidigtem Ton und zieht allen Ernstes einen Schmollmund. „Ich kann unter diesen Bedingungen nicht arbeiten.“
    Ich stehe direkt hinter Franklin, sodass ich ihm über die Schulter sehen kann. Er hat sein Sandwich aufgegessen und seine Kaffeetasse ist auch fast leer.
    „Franklin?“, sage ich leise. „Ich muss jetzt den Tisch hier abräumen, weil gleich der große Ansturm losgeht.“ Was danach über meine Lippen kommt, überrascht mich selber: Es ist genau das Gegenteil von dem, was ich eigentlich sagen wollte. „Aber Sie dürfen Ihren Kaffee gern austrinken und morgen wiederkommen. Haben Sie mich verstanden? Niemand nimmt ihnen übel, was Sie gestern gemacht haben.“ Ranald stößt hinter mir ein ungläubiges Schnauben aus.
    Zögernd lege ich eine Hand auf Franklins Nadelstreifen-Schulter, in der Hoffnung, dass er es nicht ausnutzt und mich anfasst, wie Ranald neulich. Aber er rührt sich nicht. An seinem plötzlichen Schweigen, der Stille, die er ausstrahlt, merke ich, dass ich seine volle Aufmerksamkeit habe.
    „Aber bitte machen Sie so was nie wieder, okay? Sonst ist M r Dimowski gezwungen, die Polizei einzuschalten. Ersparen Sie Ihrer Familie wenigstens das. Sagen Sie zu Hause einfach, dass Sie Ihren Job verloren haben, dann können Sie vielleicht gemeinsam überlegen, was Sie jetzt tun sollen. So schlimm kann es doch nicht sein. Geben Sie ihren Leuten eine Chance. Wozu hat man schließlich Familie?“
    Wieder höre ich Ranald schnauben und das ärgert mich. Hat der Typ kein Fünkchen Mitgefühl im Leib? Man könnte meinen, dass er den Mann in die nächste Verzweiflungstat treiben wollte, hier, mitten

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