Mercy, Band 2: Erweckt
was Falsche s …“ Er verdreht die Augen zur Decke, hebt die Schultern und macht eine Bewegung, die wohl heißen soll: Dann ist die Hölle los. „Na ja, der Kunde hat immer Recht, was?“
Er tritt vor, nimmt einen Stahllöffel und lockert den gebratenen Reis, der in einem rechteckigen Behälter unter den Lampen der Heißtheke warm gehalten wird. Dann geht er weiter und arrangiert mit einer Zange sorgfältig die frittierten Speisen. Cecilia mahlt unterdessen eine frische Portion Kaffeebohnen für Ranalds Kaffee.
Als Ranald sieht, dass ich gerade nichts zu tun habe, winkt er mich zu sich. Sein Lächeln ist warm und ehrlich erfreut. Von seiner üblichen Kälte und Reserviertheit ist nichts zu spüren.
„Danke, dass du das Profil für mich erstellt hast“, sage ich. „Du hast mir sehr geholfen. Ich hätte das allein nie geschafft.“
Und das ist die reine Wahrheit. Sulaiman glaubt vielleicht, dass auch Computer zu Gottes Schöpfung gehören, aber ich bin mir da nicht so sicher.
„Nicht der Rede wert“, sagt Ranald grinsend und pult an dem zerbissenen Daumennagel seiner rechten Hand herum. „Wenn doch nur alles so leicht wäre. Außerdem ist es der pure Egoismus von mir. Ich fordere jetzt meine Belohnung ei n – die Verabredung zum Abendessen, die du mir versprochen hast. Jetzt kannst du nicht mehr Nein sagen. Oder so tun, als hättest du nichts gehört.“
„Abendessen?“, wiederhole ich verwirrt. „Wann?“
Ich habe ihm keine konkrete Zusage gemacht, aber es wäre schäbig, jetzt darauf zu pochen. Ich war so versessen darauf, Ryan zu finden, dass ich Ranald alles versprochen hätte, damit er mir hilft: Erde, Sonne, Mond und Sterne.
„Wie wär’s mit Freitag?“, schlägt er vor. „Irgendwas Nettes, Gemütliches. Ein paar Blocks von hier gibt es so ein Lokal.“
„Ähm, ja, gut“, sage ich zögernd. „Freitag nach der Arbeit ist okay.“
Wenn alles nach Plan läuft, sind Ryan und ich bis dahin schon weit weg. Ich muss einfach nur weiterlügen und so tun, als ob ich es ernst meinte, bis ich Lela aus ihrem alten Leben herausholen kann.
Ich kann mich nur schwer wieder auf Ranald konzentrieren.
„Und bring dein schönstes Kleid mit“, sagt er aufgekratzt, „dann können wir gleich losziehen, wenn du hier fertig bist. Ich fahre dich auch hinterher nach Hause.“
„Ja, gut“, sage ich in neutralem Ton, „das wäre super.“
„Das wird super“, verbessert Ranald mich und steckt etwas Kleines, Rechteckiges in den passenden Schlitz an der Seite seines Computers. „Und du hast wirklich nichts anderes vor?“
„Nein, nicht dass ich wüsste“, lüge ich, ohne mit der Wimper zu zucken.
Ein neuer Gast kommt herein und ich blicke zur Tür. Franklin Murray in Anzug, Hemd und Krawatte, so wie gestern. Aber heute wirkt er nicht überdreht, höchstens benommen.
Als Cecilia ihn sieht, lässt sie den Kaffee stehen und stürzt in die Küche. Dort verschanzt sie sich hinter Sulaiman und späht über seine breiten Schultern zur Durchreiche hinaus.
„Was suchen Sie hier?“, brüllt M r Dimowski. „Raus, oder ich rufe die Polizei!“
„Ich wollte mich nur entschuldigen“, murmelt Franklin mit gesenkten Augen und bebenden Lippen. „Und mir einen Kaffee und ein Hähnchensalat-Sandwich holen. Meine Frau denkt, ich sei heute früher ins Büro gegangen. Ich bin stundenlang herumgelaufen. Ich weiß nicht, wo ich hinsoll. Was ich tun soll. Ich versteh selber nicht, was in mich gefahren ist.“
Ich schon, aber ich halte den Mun d – wer würde mir denn glauben?
Ranald neben mir verfolgt stumm die Auseinandersetzung zwischen den beiden älteren Männern.
M r Dimowskis Gesicht läuft rot an. „Niemand ballert ungestraft in meinem Laden herum und terrorisiert mein Personal!“, schreit er.
Aber Cecilia, Sulaiman und ich hören auf unser Bauchgefühl. Cecilia wagt sich wieder aus der Küche heraus und bereitet den Kaffee für Franklin zu, während ich ihn an einen Tisch in der Nähe der Tür bringe. Sulaiman unterbricht seine Essensvorbereitungen und bringt eine kleine Schale mit frisch geputztem Eisbergsalat für Franklins Sandwich heraus.
„Seid ihr alle wahnsinnig geworden oder was?“, schnaubt M r Dimowski. „Schafft ihn raus!“
„Leicht getoastet?“, frage ich Franklin in neutralem Ton.
Er kann mir nicht in die Augen sehen, starrt nur vor sich hin und sagt leise: „Ja, bitte.“
Sein Jackett sitzt ein bisschen schief, und als ich um den Tisch herumgehe, sehe ich den Griff der
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