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Mercy, Band 2: Erweckt

Mercy, Band 2: Erweckt

Titel: Mercy, Band 2: Erweckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Lim
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mit einem Vorstrafenregister, das länger ist als mein Arm, latent homosexuelle Frauenhasser, und jetzt so ein riesiger Muslim, für den eine Frau wie ich wahrscheinlich nur verdorbenes Fleisch ist. Ich bin einfach unverbesserlich. Kann mich eigentlich gleich erschießen.“
    Ich packe Justine am Ärmel ihres chinesischen Schlafanzugs und führe sie die Straße hinauf zu der Bushaltestelle, die sie mir gestern gezeigt hat.
    „Sulaiman ist in Ordnung. Und er ist Single, sagt Cecilia. Er redet nicht viel über sich, eher der geheimnisvolle Typ. Aber er ist nachdenklich, spirituell, respektvoll, kein Frauenhasser, dafür leg ich meine Hand ins Feuer. Allerdings müsstest du ein bisschen mehr anziehen und deinen Job wechseln, wenn du dein Herz an ihn hängst.“ Ich grinse sie an.
    Justine senkt den Blick, als wir die Straße zur Bushaltestelle überqueren. „Strippen ist ein echter Scheißjob“, sagt sie traurig. „Aber man kann davon leben.“
    „Mag sein, nur ist es kein Leben“, entgegne ich vielsagend.
    Justines Stimme klingt müde. „Ja, aber ich kann doch nichts anderes. Schau mich doch mal an. Ich bin ein Witz.“
    Geschlagene fünfzehn Minuten lang tippt Justine sich mit ihren babyrosa Fingernägeln auf ihre krummen Zähne, kratzt sich an den Schulterblättern und scharrt mit ihren zu großen Schuhen auf dem Boden herum, und als dann immer noch kein Bus kommt, winken wir ein Taxi heran.
    Als es an den Bordstein fährt, greift Justine nach meinem Ärmel. „Kommst du mit? Ich will nicht allein nach Hause. Vielleicht ist er da. Und du wohnst doch sicher in der Nähe, wenn du mit demselben Bus fährst wie ich. Es dauert bestimmt nicht lang e …“
    Ich spüre ihre Anspannung, während sie auf meine Antwort wartet. Ich schaue auf Lelas Uhr. Georgia wird noch ein paar Stunden bei Mr s Neill sein. Und die Gemeindepflegerin müsste auch bald kommen.
    „Ja, gut“, sage ich und füge spontan hinzu: „Und du kannst heute auch bei mir zu Hause übernachten. Nur für alle Fälle, verstehst du? Wir haben genug Platz.“
    Räume, die mit getrockneten Blumensträußen vollgestopft sind, mit Fußmassagerollern und Spitzendeckchen, mit einem Wust von Papieren und Büchern, mit Kissen, Kleidern und Hutständern, über die noch mehr Kleider drapiert sind, mit Plastiktüten, Schuhkartons, Gehstöcken und Aktenschränken. Zimmer voller Gerümpel, das bald niemand mehr haben will.
    „Allerdings kann ich dir nicht versprechen, dass es besonders ordentlich ist“, warne ich sie vorsichtshalber. „Du musst dir deinen Schlafplatz wahrscheinlich erst freischaufeln.“
    „Na, und wenn schon“, sagt Justine dankbar. „Was Besseres ist mir schon seit ’ner Ewigkeit nicht mehr passiert.“
    Sie gibt dem Fahrer ihre Adresse, dann verstummt sie und starrt während der ganzen Fahrt aus dem Seitenfenster. Im Taxi riecht es penetrant nach durchgesessenem altem Leder und abgestandenem Schweiß. Wummernde Bhangra-Musik dröhnt in meinen Ohren. Als wir Bright Meadows erreichen, gebe ich dem Fahrer fünfundvierzig Dollar und wehre Justines verlegene Dankesworte ab.
    „Mein ganzes Zeug ist noch im Club“, sagt sie.
    Beim Aussteigen legt sie so viel Anmut und Würde an den Tag, wie es einer Frau mit verschmiertem Augen-Make-up im Polyester-Schlafanzug nur möglich ist. Der Taxifahrer, ein Mann in mittlerem Alter, wirft ihr einen missbilligenden Seitenblick zu, als sie zur Tür hinausschlüpft, und er starrt sie auch noch an, während er den Wagen dreht und in die Richtung fährt, aus der wir gekommen sind.
    Wir stehen vor einem braunen Backstein-Block aus den 70er-Jahren. Die Balkone sind in einem freundlichen Hellbeige abgesetzt, bröckeln aber bereits ab. Justine kann an meinem entsetzten Gesicht ablesen, was ich von dem Haus halte. Sie drückt auf eine Klingel, und irgendjemand lässt uns hinein. Im Treppenhaus riecht es nach Kohl und schlecht gelüfteter Kleidung, nach Katzenpisse, verpassten Gelegenheiten, nach HOFFNUNGSLOSIGKEIT in Großbuchstaben.
    „Hast du eine Kreditkarte?“, fragt Justine vor ihrer Wohnungstür.
    Ich bin überfragt und reiche ihr Lelas rote Brieftasche, damit sie selbst nachsehen kann. Eine Sekunde später nimmt sie ein dünnes Plastikkärtchen heraus und hantiert damit an ihrem Türschloss herum. Nach ein, zwei Minuten springt die Tür auf.
    „Hier ist alles billig gemacht“, murmelt sie. „Aber du kannst dich wenigstens nie ausschließen. Das ist einer der Vorteile. Warte hier auf mich.“
    Ich

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