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Mercy, Band 4: Befreit

Mercy, Band 4: Befreit

Titel: Mercy, Band 4: Befreit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Rothfuss
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Wasser gelandet, direkt vor unseren Augen. Und ich kann gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, denn jedes Licht deutet auf mindestens eine lebende Seele hin, auf Menschen, die Lucs mörderischer Wut entgangen sind, so wie ich.
    „Ich bin froh, dass du da bist“, murmelt Ryan. „Dass ich das mit dir zusammen sehen kann.“
    „Vergiss das nie“, erwidere ich leise. „Uns beide hier. Diesen Moment. Und vergiss mich nicht.“
    Ryan will protestieren, aber ich sage heftig: „Du weißt so gut wie ich, dass Erinnerungen sterben können, sie werden verzerrt, zerstört, für immer gestohlen. Ich bin der beste Beweis dafür. Denk immer daran, Ryan. Dass wir es geschafft haben, uns zu finden. Dass wir hier zusammen waren, wenn auch nur für eine kleine Weile.“
    Und dass ich dich liebe . Aber ich bin zu feige, um diese Worte laut auszusprechen.
    Ich drehe mich in seinen Armen und blicke ihm in die Augen, lege eine Hand auf seine warme Menschenhaut, lasse seine Energie einen Moment in mich hineinströmen, seine unverwechselbare Melodie in mir spielen, bevor ich mich an seine starke Schulter lehne und wieder dem See zuwende. Der Mond ist nur eine dünne Sichel am Himmel, ein schwaches Licht im Vergleich zu seiner schillernden Geliebten, der Sonne.
    „Weißt du, was ich gerade denke?“ Ryans Stimme ist ganz leise und er drückt mich noch fester an sich.
    „Ja“, flüstere ich ohne Zögern, denn ich kann ihn nicht anlügen. Das wäre so, als würde ich mich selbst belügen. Ich lasse den Kopf sinken, sodass ich seinen Herzschlag an meiner Wange spüre. „Ich weiß es. Und du beschämst mich.“
    „Es ist das erste und einzige Gebet, das ich je zum Himmel geschickt habe“, sagt er mit brüchigem Lachen. „Dass Gott dich bei mir bleiben lässt. Dass wir für immer zusammen sein können. Du hast genug gebüßt. Warum sollst du dich noch weiter aufopfern, wo es doch andere gibt, die den Kampf gegen Luc aufnehmen könnten? Wir waren beide wie tot“, murmelt er. „Warum zeigt man uns erst, was möglich ist, und nimmt es uns dann gleich wieder weg? Und überhaupt, warum hilft Er uns nicht? Warum lässt Er zu, dass dieser ganze Horror passiert?“
    Ryan schleudert seinen Arm vor und zeigt zum See, auf die Welt, und in dieser Geste liegt für mich die Verzweiflung einer ganzen Spezies, die nicht versteht, wie ihr geschieht. Ich denke an Lauren, daran, was ihr angetan wurde. Welchen Sinn kann eine so schreckliche Erfahrung haben? Ich habe mir dieselben Fragen auch oft gestellt, obwohl ich doch Sein Werkzeug bin, Seine Gesalbte. Absurderweise finde ich immer nur neue Mysterien in jedem Mysterium. Das Leben – ein endloses Puzzlespiel.
    „Er weiß “, erwidere ich, und in meinen Worten liegt eher Wunschdenken als Gewissheit. „Er weiß und sieht, daran glaube ich. Wir sind Sein größtes Experiment, und wenn wir leiden, leidet Er mit uns. Daran müssen wir glauben, denn die Alternative wäre unerträglich.“
    „Hast du Ihn je gesehen?“, fragt Ryan und ich spüre sein quälendes Verlangen nach Trost, nach Antworten.
    Ich schüttle den Kopf. „Nein, aber ich habe Seine Gegenwart gespürt. Vielleicht haben nur die Acht Ihn jemals gesehen.“
    Ryan schweigt einen Augenblick, dann sagt er leise und beherrscht: „Weißt du, was mir am meisten Angst macht? Der Gedanke, dass vielleicht nichts mehr kommt. Dass wir nur diese eine Chance hatten und ich dich nie wiedersehe. Wie soll ich damit leben, wenn das hier alles wäre, was wir je hatten? Das ist nicht genug. Und es ist so unfair.“ Er lacht über sich selbst. „Oh Mann, wie das klingt!“
    Um uns herum pfeift der Wind und die Wolken verdecken den Mond, bis auch der letzte Lichtschimmer von der Dunkelheit verschluckt wird.
    „Geh ja nicht, ohne mir Lebewohl zu sagen“, stößt Ryan plötzlich hervor. „Du darfst überhaupt nicht gehen.“
    Dann senkt er den Kopf, um mich auf den Mund zu küssen. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals, lege alles, was ich nicht über die Lippen bringe, meine ganze Liebe, alle unausgesprochenen Ängste und Sehnsüchte in diesen einen Kuss hinein.
    Eine warnende Flamme züngelt an meinen Nervenbahnen entlang. Aber wir bleiben fest umschlungen, sagen uns alles, was man mit einer Berührung sagen kann.
    Irgendwann reißt Ryan sich los. Er kann es nicht ertragen, mit mir zusammen zu sein, aber er hält es erst recht nicht ohne mich aus. Ich lege meine Finger an seine Lippen und nehme den Schmerz weg, sofort, auf der Stelle.
    „Du bist

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