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Mercy, Band 4: Befreit

Mercy, Band 4: Befreit

Titel: Mercy, Band 4: Befreit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Rothfuss
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und klar, mit einer leichten Brise. Ganz anders als die Seeregion. Schaudernd denke ich an den Nebel dort.
    Wir kommen nur an eine einzige größere Abzweigung, dann hören wir schon das Dröhnen der Jet-Turbinen am Himmel und ein durchdringender Kerosingeruch liegt in der Luft. Kurz darauf erreichen wir die Landebahn eines belebten Flugplatzes, auf dem überall Frachtmaschinen und Privatjets starten und landen. Der Lärm ist ohrenbetäubend.
    Kurz bevor unser Wagen in einer Schlucht aus Containern und Privathangars zum Halten kommt, schwinge ich mich als unsichtbare Energiewolke vom Dach herunter. Ich lande lautlos und aufrecht am Boden und steuere zielstrebig den großen Hangar an, vor dem ein schnittiger, zweistrahliger silberner Jet mit gekippten Tragflächen, sechs Bullaugenfenstern und dem Logo StA Global Logistics wartet. Am schwalbenschwanzförmigen Heck des Jets prangt eine Galeone unter vollen Segeln über einem gekreuzten Schlüsselpaar.
    Unsere Motorradeskorte donnert bereits in die Richtung zurück, aus der wir gekommen sind, als ich die Falttreppe zur offenen Tür der Gulfstream hinaufsteige. Ich gehe in die Kabine, die nach Leder, Kaffee und Rosenöl riecht, und sehe, dass die Crew bereits an Bord ist – die beiden Piloten und eine Stewardess.
    Und die gefallene Erzengelin begab sich in den Bauch des mechanischen Vogels , denke ich düster, um die Stadt Paris heimzusuchen und bittere Rache an ihren Feinden zu nehmen, und der Mann, den sie liebt, steht treu an ihrer Seite.
    An diesem Bild ist so viel falsch, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.
    Ryans „ VIP -Programm“ dauert fast eine Stunde. Ich wandere solange im Flugzeug herum, orientiere mich, begutachte die Ausgänge, den getigerten Teppich in zwei verschiedenen Zimtbraun-Schattierungen, die Intarsien aus geflammtem Walnussholz und die goldenen Armaturen in dem geräumigen, luxoriösen Waschraum, die beiden Kaffeemaschinen und die Anordnung der Sitze. Die Maschine bietet zwölf Passagieren bequem Platz. Jede der drei Sitzgruppen verfügt über einen eigenen Plasmabildschirm. Im hinteren Teil des Ganges stehen zwei lange Couchen.
    Ich fasse die zierliche, kurvenreiche Stewardess ins Auge. Sie trägt ein elegantes graues Kostüm, eine weiße Flatterbluse und hellrote Schuhe, die zu ihrem Lippenstift passen. Ihr glattes braunes Haar ist zu einem tiefen Knoten aufgesteckt. Geschäftig geht sie in der Kabine umher, schüttelt Kissen auf, verteilt Blumenarrangements und Zeitschriften auf den diversen Abstellflächen.
    Endlich kommt Ryan an Bord und ich sehe, wie die Augen der Stewardess interessiert aufleuchten. Er nimmt seine Basecap und die Brille ab und lässt beides in der Jackentasche verschwinden. Dann fährt er sich mit der Hand durch die kurzen Haarstoppeln, die Tommy ihm verpasst hat. Selbst von hier hinten, wo ich schwerelos über den Couchen herum drifte, spüre ich, wie die Stewardess Herzklopfen bekommt.
    Manchmal vergesse ich, wie toll Ryan aussieht. Seine warmen dunklen Augen, sein offenes Lächeln, das sein kantiges Gesicht aufleuchten lässt, und seine sportliche Figur sind einfach umwerfend. Gia ist genauso auf ihn angesprungen, als sie ihn das erste Mal im Display ihres Telefons gesehen hat. Komisch, wie lähmend echte Schönheit sein kann, wenn sie einem unerwartet begegnet. Bei Luc ging es mir einst genauso – ich hatte nur Augen für ihn, obwohl er von lauter schönen Geschöpfen umringt war. Er war der Angelpunkt meiner Welt, bis er genug von mir hatte und alles mit einem Fingerschnippen zerstörte.
    Die junge Frau ringt nach Worten, um Ryan zu begrüßen, und ich sehe, wie ihr die Röte ins Gesicht steigt, während sie Ryan mit leuchtenden Augen anschaut. Auf einmal spüre ich etwas Hässliches in mir – Eifersucht – und dabei reden sie nur über Belanglosigkeiten. Ob Ryan seine Jacke ablegen möchte, wie der Touchscreen funktioniert, wie er seinen Kaffee haben will. Aber das Gespräch dauert für meinen Geschmack viel zu lange, und mir entgeht nicht, wie die Stewardess ihn bei jeder Gelegenheit anfasst.
    Als Ryan sie endlich abgewimmelt hat und an einem Vierertisch in der Mitte der Kabine Platz nimmt, koche ich vor Wut, obwohl ich weiß, dass meine Eifersucht grundlos ist. Die Liebe hat auch ihre unschönen Seiten, wie ich gelernt habe. Und ich lerne ständig dazu.
    Auf einmal weiß ich, warum die Stewardess mir so vertraut erscheint. Sie erinnert mich mit ihren blutroten Lippen und Nägeln, ihrem

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