Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
damit Luft ins Auto kam. Er
grübelte über Yolanda und den silbernen Chevy nach.
Sie hatte heute nicht hinter dem Steuer
gesessen. Genauso wenig wie Fernando. Trotzdem stand Fernando Valdez als
Nächster auf Bentz' Liste der zu befragenden Personen. Er schlug Hayes' Warnung
in den Wind und wählte die Nummer, die Sebastian ihnen genannt hatte, doch
Fernando ging nicht dran.
Bentz lehnte sich zurück und fragte sich, ob
Yolanda die Wahrheit sagte. Er bezweifelte es.
Er sah einen Radfahrer in reflektierender
Kleidung vorbeisausen. Eine Katze aus einem der Nachbargärten streifte durchs
Gebüsch, auf der Jagd nach Mäusen. Mittlerweile hatte sich Rufus darauf
beschränkt, jaulend hinter dem Maschendraht auf und ab zu laufen.
Per Handy reservierte Bentz einen neuen
Mietwagen, außerdem rief er beim So-Cal Inn an. Vielleicht war Olivia entgegen
alle Hoffnung doch durch die Maschen geschlüpft und hatte dort nach ihm
gesucht. Natürlich hatte er kein Glück.
Er buchte ein anderes Zimmer, diesmal mit
Aussicht auf den Pool, und bat Rebecca, ihn anzurufen, wenn sie etwas von
seiner Frau hörte. Das war zwar nicht sehr erfolgversprechend, aber er musste
sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen.
Zwanzig Minuten später - Hayes und Martinez
kamen gerade aus dem Haus der Salazars - klingelte Bentz' Handy. Bentz hoffte,
Olivias Nummer auf dem Display aufleuchten zu sehen, doch stattdessen sah er
die von Montoya. »Bentz.«
»Du hattest recht«, sagte Montoya. »Ich habe ein
paar Akten über Yolanda Valdez in Los Angeles County eingesehen, und es scheint
so, als sei sie für eine kurze Zeit mit einem gewissen Erik Judd verheiratet
gewesen. Erik war Dachdecker und hatte einen Unfall, er ist vier Stockwerke
tief gestürzt und gestorben, noch bevor die Scheidung durch war.«
»Sie wollten sich scheiden lassen?«
»Der Antrag war gestellt. Und der Clou ist: Er
hatte eine Lebensversicherung über fünfhunderttausend Dollar abgeschlossen.
Eine halbe Million. Und die Begünstigte war niemand anderes als seine
zukünftige Ex-Frau.«
»Irgendetwas faul an dem Unfall?«
»Die Versicherungsgesellschaft hat gezahlt. Laut
Bankunterlagen ist Yolandas Haus in Encino schuldenfrei, und sie hat noch
achtzigtausend auf der Bank.« Montoya klang zufrieden mit sich. »Für die
gibt's keinen Studentenkredit.«
»Danke«, sagte Bentz. »Und jetzt tu mir einen
Gefallen: Finde so viel wie möglich über den Bruder raus, Fernando Valdez. Er
hat den Wagen benutzt, den >Jennifer< gefahren ist. Ich denke, er wohnt
bei seiner Schwester und seinem Schwager, aber im Augenblick ist er nicht
aufzutreiben.«
»Mal sehen, was ich tun kann.«
»Danke.«
»Du schuldest mir ein Bier ... Nein, warte, ich
finde, das reicht nicht. Schließlich steckst du schon halb in einem Fall drin.«
»Gib mir bitte Kredit«, sagte Bentz. »Du hast
nichts von Olivia gehört, oder?«
»Nein. Wieso? Ist sie nicht aufgekreuzt?«
»Nein. Sie ist in L.A. gelandet, das hat sie mir
am Telefon gesagt. Officer Petrocelli wollte sie abholen, und seitdem habe ich
nichts mehr von ihr gehört.«
»Bist du sicher, dass sie an Bord war? Per Handy
hätte sie von überall anrufen können.«
»Ja. Ich habe mit der Fluggesellschaft
gesprochen.«
»Was kann denn nur passiert sein?«
»Keine Ahnung«, gab Bentz zu, doch er wollte
nicht mutlos klingen. »Ich werde sie finden.«
»Sicher, Mann«, bekräftigte Montoya, doch in
seiner Stimme schwang eine Besorgnis mit, die Bentz' eigene Befürchtungen
widerspiegelte.
Ich muss schnell vorgehen, und ich werde leicht
nervös. Das spüre ich, und es gefällt mir nicht. Nicht, dass ich nicht flexibel
wäre - ich ziehe es lediglich vor, dass mein Plan bis ins kleinste Detail
aufgeht. Aus diesem Grund habe ich zwölf Jahre daran gefeilt. Zwölf lange,
quälende Jahre.
Das kann ich jetzt nicht in den Wind schießen,
denke ich, während ich mir in der Kajüte die Kleidung abstreife und mein Bild
in dem schmalen Spiegel betrachte. Ich bin gut in Form, besser, als man
vermuten würde, und das rechne ich mir hoch an. Es hat Jahre gedauert, meine
Muskulatur zu vervollkommnen, so auszusehen, wie ich will. Wie so viele Dinge
in meinem Leben, erfordern meine Kraft und meine äußere Erscheinung Geduld,
Zeitgefühl und Entschlossenheit. Schließlich habe ich das Rauchen nicht umsonst
aufgegeben.
Leider ist es manchmal notwendig, Risiken
einzugehen, aus dem Moment heraus zu reagieren. Es ist nervenaufreibend, das
gebe ich zu. Ich stopfe meine Haare
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