Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
andere
Officer auf den ungelösten Fällen sitzenlassen, von denen ein paar äußerst
unschöne nie aufgeklärt wurden.«
Hayes erinnerte sich an einen berühmten Fall,
den Doppelmord, bei dem die Ermittlungen vollständig auf Eis gelegen hatten,
nachdem Rick Bentz durch den Unfall seiner ExFrau aus der Bahn geschleudert
worden war. Die Caldwell-Zwillinge ... Der Killer hatte sich ohne jede Spur aus
dem Staub machen können - abgesehen von den verstümmelten Leichen gab es
keinerlei Anhaltspunkte. Damals, als der Doppelmord passierte, war Bentz ein
Wrack gewesen, ein starker Trinker.
»Bentz würde einen nie um etwas Illegales
bitten«, betonte Hayes, als Trinidad die Tür seines Chevy Blazer öffnete. »Ja,
richtig.« Trinidad steckte den Schlüssel ins Zündschloss, blickte zu Hayes auf
und sagte grinsend: »Du kennst doch das alte Sprichwort: >Wer glaubt, wird
selig.<« Dann fügte er, ernster jetzt, hinzu: »Du hast immer an ihn
geglaubt. Aber sei vorsichtig.«
»Dann wirst du ihm also nicht helfen?«
»Ihm helfen, seine tote Ex-Frau zu finden, die
ihren Selbstmord nur vorgetäuscht und eine andere Frau in ihrem Wagen
umgebracht hat?«
»Ja.«
Trinidad schüttelte den Kopf. »Auf gar keinen
Fall.« Der Motor heulte auf, und er war verschwunden. Hayes kletterte in seinen
4Runner und drehte den Zündschlüssel. Er reihte sich gerade in den dichten
Verkehr ein, ak sein Handy piepste. Hayes blickte auf das Display. Riva
Martinez' Name blinkte auf. Seine Partnerin.
»Hayes«, meldete er sich. »Was gibt's?«
»Doppelmord. Zwei weibliche Leichen in einem
Lager unter der I-110.« Sie nannte ihm die Querstraße und die Adresse unter der
Auffahrtsrampe zum Harbor Freeway - der Interstate 110-, dann fügte sie hinzu:
»Sieht aus, als wären die Opfer Zwillinge.«
»Wie bitte? Wart mal 'ne Sekunde.« Seine
Gedanken überschlugen sich, und er befahl sich, ruhig zu bleiben. Er stellte
Verbindungen her, die gar nicht existierten. Bentz wiederzusehen hatte ihn an
den Caldwell-Fall erinnert, den ungeklärten Doppelmord von vor zwölf Jahren.
»Gibt's ein Problem?«, fragte Martinez. »Zwillinge?«, fragte Hayes gedehnt.
Adrenalin schoss ihm ins Blut. »Eineiig?«
»Ich denke schon. Bald wissen wir's mit
Sicherheit. Du fährst besser selbst hin.«
Sie legte auf und ließ Hayes mit einem mulmigen
Gefühl zurück. Er trat aufs Gas.
Bentz hatte den Doppelmord an den
Caldwell-Zwillingen nie aufgeklärt. Der Mörder war nie geschnappt worden. Er
schien einfach von der Erdoberfläche verschwunden zu sein, zumindest aber aus
Südkalifornien. Natürlich waren Vermutungen angestellt worden: Manche dachten,
der Kerl wäre wegen eines anderen Verbrechens ins Gefängnis gesteckt worden,
andere meinten, er sei gestorben oder weitergezogen. Es wurde spekuliert, dass
sich der Mörder nur die Zwillinge vorgeknöpft und sich dann anderen Dingen zugewendet
hatte, doch die Polizei war nicht überzeugt. Niemand im Department glaubte
daran, dass ein sadistischer Killer zum Fliegenfischen oder Golfen
übergewechselt war. »Verdammt.« Hayes ignorierte die Geschwindigkeitsbegrenzung,
stellte sein Blinklicht aufs Armaturenbrett und rief Trinidad an. Ihm schwirrte
der Kopf. Voller finsterer Gedanken raste er über eine Kreuzung. Die Ampel
sprang soeben von Gelb auf Rot.
Rick Bentz war gerade mal achtundvierzig Stunden
in L.A., und schon kopierte ein Killer den Doppelmord, der damals zum Ende von Bentz'
Karriere geführt hatte? Zufall? Oder teuflische Absicht?
Die letzten vierundzwanzig Stunden hatten sich
für Bentz als fruchtlos erwiesen. Eine Sackgasse nach der anderen. Er war
wieder nach Santa Monica gefahren, hatte den Wagen abgestellt und war die
Strandpromenade entlanggegangen. Am Ende des Piers blickte er aufs Meer hinaus
und stellte sich Jennifer dort vor. Mit ihm. Mit James. Allein. Er hatte sogar
ein paar Orte abgefahren, an denen Jennifer und er damals oft gewesen waren.
Eine Burger-Bude, nicht weit vom West Los Angeles College entfernt, an der sie
sich gern eine Schale Pommes geteilt hatten. Eine Bar am Sepulveda Boulevard,
wo sie ihn in die Welt der Martinis eingeführt hatte. Ein romantischer
Italiener, wo sie dicht nebeneinander in einer dunklen Nische gesessen hatten,
Jennifers Hand auf seinem Oberschenkel. Das Ernesto's gab es nicht mehr. Das
Gebäude war mehrfach umgebaut worden und beherbergte jetzt einen Thailänder,
der sich auf Gerichte zum Mitnehmen spezialisiert hatte. Aus einem verqueren
Sinn für Ironie heraus
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