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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich. Zunächst hielt er den Blick von den Opfern abgewandt und
konzentrierte sich stattdessen auf den staubigen Zementboden, die Behälter mit
Nägeln und einen kaputten Gartenstuhl in der Ecke. Nach all den Jahren fühlte
er sich in der Nähe von Leichen immer noch unbehaglich. Der Geruch, der
Anblick des Todes machte ihm zu schaffen, ging ihm unter die Haut, brannte sich
in sein Gehirn und blieb tagelang dort. Für gewöhnlich gelang es ihm, sein
Unbehagen zu verbergen. An diesem Abend jedoch nicht.
    Als er die geschändeten Körper der Zwillinge
betrachtete, die kaum dem Teenager-Alter entwachsen zu sein schienen, konnte er
den Schmerz, der ihm bis ins Mark drang, nicht verstecken.
    Sie waren gezielt so hingelegt worden, gefesselt
und geknebelt, nackt, in eine fetale Position gebracht. Im Halsbereich waren
Blutergüsse und Strangulationsmale zu erkennen. Die Gesichter einander
zugewandt, die Augen im Schein der einzelnen Glühbirne weit aufgerissen,
blickten sich die Zwillingsschwestern aus leblosen Augen an. Ihre Haut war so
blass, dass sie bläulich wirkte. Ihr blondes Haar war mit einem langen roten
Band aus dem Gesicht gebunden. Dasselbe Band, mit dem sie gefesselt waren.
Eineiige Zwillinge, die aussahen wie makabere Gespenster, die in einen Spiegel
blickten.
    So ausgerichtet, als wären
sie noch im Mutterleih. Genau wie die Caldwell-Zwillinge.
    Hayes' Kiefer verspannte sich. »Habt ihr sie
schon identifiziert?«
    »Ja... ihre Klamotten und Handtaschen, sogar ihr
Schmuck und ihre Handys, alles lag da drüben, zusammen mit ihren
Geburtsurkunden.« Martinez wies mit dem Kinn in eine Ecke. Auf dem Fußboden
waren die Kleidung und persönliche Habe der beiden Mädchen ordentlich aufgestapelt.
    Ein penibel aufgeräumter Tatort, dachte Hayes,
während er sich über die zusammengefalteten Kleidungsstücke beugte. Das alles
kam ihm nur zu bekannt vor. Oben auf dem jeweiligen Stapel lag eine Kopie der
Geburtsurkunde, Datum und Geburtszeit mit pinkfarbenem Textmarker hervorgehoben.
Vermutlich dieselbe Farbe, die man auf den Leichen der Mädchen finden würde,
vorausgesetzt, es handelte sich tatsächlich um denselben Killer, der L.A. Vor Jahren heimgesucht hatte.
    »Lucille und Elaine Springer«, sagte Martinez.
»Ich habe bereits die Abteilung für vermisste Personen angerufen. Die
überprüfen das gerade.«
    Jonas dachte an seine eigene Tochter. Zwölf
Jahre alt und dreißig über
Nacht, wie man so schön sagte, aber immer noch
unschuldig. Es würde ihn umbringen, Maren zu verlieren, doch wenn jemand sie absichtlich
töten würde ... Ihm stieg die Galle hoch, und er versuchte, seine Gedanken von
seiner privaten Situation auf die am Tatort umzulenken. Die Spurensicherung war
mit den Fotos fertig. Die Körpertemperatur war bereits gemessen worden, so
dass die Opfer umgedreht werden konnten. Mit eiskalter Gewissheit wusste
Jonas, was sie vorfinden würden, wenn sie die Mädchen auf den Rücken rollten.
    »Erinnert dich das an etwas?«, fragte eine rauhe
Stimme. Hayes warf einen Blick über die Schulter und sah Detective Andrew
Bledsoe an der Tür stehen.
    Jonas streckte den Rücken durch und nickte. »Der
Caldwell-Fall.«
    »Ist es nicht ein Zufall, dass unser alter
Freund Bentz gerade jetzt wieder in der Stadt ist?« Bledsoe brachte ein blasiertes
Lächeln zustande, als wären die Zwillinge nie mehr gewesen als Leichen,
irgendein Fall, den es zu lösen galt. Martinez presste die Lippen zusammen und
blickte Bledsoe aus ihren dunklen Augen zornig an. »Gibt es einen besonderen
Grund dafür, dass du hier bist?« Obwohl Bledsoe bereits die fünfzig
überschritten hatte, wirkte er gut zehn Jahre jünger. Bei seinen eins siebenundsiebzig
hielt er ein Gewicht unter neunzig Kilo, legte Wert auf eine beständige Bräune
und trug sein schwarzes Haar nach hinten gegelt. Seine Anzüge waren für gewöhnlich
maßgeschneidert, und seinen stahlblauen Augen entging kaum etwas. Er war ein
guter Polizist. Und eine Nervensäge. »Ich war gerade auf dem Rückweg von einem
Tatort in Watts, hab's im Polizeifunk gehört.«
    »Nun, wir haben hier zu tun.« Martinez machte
kein Hehl aus ihrer Abneigung. Bledsoe hatte sie schon immer auf die Palme
gebracht, das wusste Hayes genau wie jeder andere im Department. Martinez
zählte nicht zu denen, die mit ihren Gefühlen hinterm Berg hielten.
    Sie wandte Bledsoe den Rücken zu und kniete sich
neben eine der Leichen, während sich Hayes die andere vornahm. »Würgemale rund
um den Halsbereich«,

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