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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah Kostenlos Bücher Online Lesen
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Seine Augen waren
fest auf die Frau gerichtet und suchten nach etwas, das sie als Schwindlerin
entlarven würde, doch sie war zu weit weg und der Nebel zu dicht. Er ging
schneller. Als hätte sie ihn bemerkt, trat sie vom Geländer zurück und ging
schnellen Schrittes zum Ende des Piers, wo der Nebel noch heftiger waberte und
sie gänzlich umhüllte.
    Bentz schluckte mühsam und überlegte, was er zu
ihr sagen sollte. Sein Puls hämmerte. Dieses Mal würde sie ihm nicht entkommen.
Diesmal konnte sie nicht davonlaufen.
    Trotzdem schien sie genau das vorzuhaben. Er
spürte es.
    Er lief schneller und schneller, sein Gehstock
klopfte stackatoartig auf die Holzplanken, sein Bein pochte.
    Er hatte keine Zeit, sich um den Schmerz zu
kümmern.
    Beeil dich, beeil dich, beeil
dich, schnapp sie dir!
    Und was würde er tun, wenn er ihr auf die
Schulter tippte und sie gar nicht seine Ex-Frau war?
    Nun mach dir doch darüber keine Gedanken! Du
solltest dir vielmehr Sorgen machen, dass sie es ist. Was dann, Bentz? Was,
wenn sie die verdammte Doppelgängerin oder, noch schlimmer, Jennifer
höchstpersönlich ist? Kein Geist. Deine Ex-Frau!
    Auch sie hatte es jetzt eilig, rannte mit ihren
nackten Füßen zum Ende des Piers, ihre Beine blitzten unter dem Rocksaum des
roten Kleides hervor.
    Sein Bein tat höllisch weh, die verspannten
Muskeln standen in Flammen, und seine Hüfte schmerzte. Trotzdem setzte er zu
einem Spurt an, als er sah, wie sie in die tief wabernden Nebelstreifen
eintauchte.
    Wohin wollte sie? Sie rannte direkt in die
schwarze Nacht am Pierende hinein.
    Bentz' Lungen brannten, als sie schließlich
innehielt und sich auf das Geländer stützte. Endlich! Jetzt hatte er endlich
die Gelegenheit, sie zur Rede zu stellen. Doch einen Moment später zog sie
sich am Geländer hoch. Was zum Teufel ...? Ohne zu zögern, kletterte sie auf
die oberste Strebe und schwang sich hinüber. Um Himmels willen, sie würde doch
nicht springen! Oder doch? Das sah ihr ähnlich. Verrückte, waghalsige Jennifer.
    »Nein!«, schrie er.
    Schwankend balancierte sie auf der schmalen
Kante und warf einen Blick über die Schulter. Bentz nahm ihr schönes Gesicht in
sich auf, ihren Blick. Sie schaute kurz in das schwarze Wasser, das um die
Stützpfähle wirbelte, schätzte die Entfernung ab, die Tiefe. O Gott, sie wollte wirklich springen!
    »Stopp! Jennifer!«, schrie er.
    Da stand sie, vom Nebel umhüllt - und dann
entschwand sie seinem Blick. Offenbar war sie tatsächlich gesprungen. »Nein!
Jen!« Von Furcht getrieben, stürzte er vorwärts. »O Gott!«
    Was zur Hölle war passiert? Seine Augen suchten
die Dunkelheit ab. Hatte er ein Platschen, abgesehen von dem der Wellen,
vernommen? Ja?
    Nein?
    Gott, wo war sie?
    Verwirrt blickte er nach unten und rechnete
schon damit, sie an der Brüstung hängen zu sehen. Doch dann biss er die Zähne
zusammen und lief zu der Stelle, wo sie über das Geländer geklettert war. Das
wogende Wasser unter ihm war schwarz wie Tinte, kein Schwimmer, nichts zu
sehen. Keine Jennifer. Er schrie. Rief ihren Namen.
    Er hatte nur seine kleine Stifttaschenlampe
dabei, doch er musste nachsehen. Vorsichtig kletterte Bentz über das Geländer
und setzte seine Füße auf den schmalen Vorsprung. Mit der linken Hand
umklammerte er das Geländer, mit der rechten leuchtete er in die Tiefe, doch
der schwache Strahl durchschnitt kaum den Nebel, geschweige denn, dass er viel
von dem schwarzen Wasser erhellte.
    »Jennifer! Mein Gott! Jennifer!«
    »He, Sie da!«, rief jemand aufgeregt.
    Doch Bentz blickte nicht auf und hielt die Augen
auf den aufgewühlten, dunklen Pazifik unter ihm gerichtet. Wo war sie? Hielt
sie sich irgendwo versteckt? Hatte sie sich unter Wasser verfangen? Oder war
das alles nur Einbildung? War überhaupt wirklich eine Frau auf dem Pier
gewesen? Er wusste es nicht, aber er konnte sie nicht ertrinken lassen, wer
immer sie war. »Verdammter Mist!«
    Er ließ los und stürzte mit rasender
Geschwindigkeit in die Tiefe.
    Ein Ruck fuhr durch seinen schmerzenden Körper,
als er hart auf die Wasseroberfläche prallte und in die Tiefe sank. Die Kälte
ging ihm durch und durch. Tiefer, tiefer, tiefer. In die nächtliche See. Er
streifte Schuhe und Jackett ab, hielt die Augen trotz des beißenden Salzwassers
geöffnet und versuchte, in der undurchdringlichen Dunkelheit des endlosen
Pazifiks etwas zu erkennen. Nichts!
    Mit angehaltenem Atem suchte er das
tintenschwarze Wasser ab. Sie musste hier irgendwo sein. Ganz in der

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