Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
mehr in der Stimmung, um weiter an dem Käfer zu arbeiten, also schloss ich die Werkstatt und ging nach Hause. Bran hatte meine Idee nicht gleich verworfen, was ja schön und gut war. Nur half das auch nicht gegen das mulmige Gefühl in meinem Bauch, das mir sagte, jemand hätte inzwischen anrufen sollen. Meine Nase hatte mir mitgeteilt, dass Adam Jesse in dem leeren Haus in West-Richland nicht gefunden hatte, aber sie sagte mir nicht, wohin sie von dort aus gegangen waren.
Auf meiner Veranda blieb ich stehen, mitten in dem Geruch nach Tod, der dort immer noch hing. Elizaveta Arkadyevna bestrafte mich offenbar dafür, dass ich ihr nicht erzählt hatte, was los war. Vermutlich musste ich die Veranda selbst putzen, oder ich würde immer wieder an Macs Tod erinnert werden, wenn ich die nächsten Monate ins Haus kam.
Ich öffnete die Tür, immer noch in Gedanken an Mac, aber dann erkannte ich, was mir meine Sinne offenbar außerdem noch hatten mitteilen wollen – einen Augenblick zu spät. Ich hatte gerade noch Zeit, das Kinn zu senken, sodass der Mann, der hinter der Tür stand, mich nicht in den Würgegriff nehmen konnte, was er offenbar vorgehabt hatte, aber er konnte
den Arm immer noch fest um meinen Kopf und Hals schlingen.
Ich fuhr ruckartig herum, bis ich ihm gegenüberstand, dann legte ich alle Kraft, über die ich verfügte, in einen kurzen, festen Schlag ins Nervenzentrum, das sich außen an dem großen Muskel an seinem Oberschenkel befand. Er fluchte, lockerte seinen Griff, und ich riss mich los und stellte mich zum Kampf.
Mein Karatestil, Shi Sei Kai Kan, war für Soldaten entwickelt worden, die mehreren Gegnern gegenüberstanden – und das war gut so, denn es gab drei Männer in meinem Wohnzimmer. Einer war ein Werwolf in Menschengestalt. Ich hatte keine Zeit, weiter über diesen Umstand nachzudenken, sondern nur, um auf den nächsten Angriff zu reagieren. Ich versetzte ihnen der Reihe nach ein paar gute Treffer, aber es wurde bald klar, dass diese Männer Gewalt und ihre Anwendung erheblich länger studiert hatten als ich.
Als mir deutlich wurde, dass der einzige Grund, wieso ich immer noch kämpfte, darin bestand, dass meine Gegner mir nicht zu sehr wehtun wollten, schlug der Werwolf mich fest auf den Solarplexus, und während ich noch nach Luft schnappte, warf er mich auf den Boden und hielt mich dort fest.
»Sie hat meine schei-«
»Es sind Damen anwesend«, tadelte der Mann, der mich nun umklammert hielt, so sanft wie eine Mutter ihr Kind. Seine Stimme hatte einen ebenso schleppenden Akzent, wie ich ihn von Adam kannte. »Lass das.«
»Also gut, sie hat meine verflixte Nase gebrochen«, machte die erste Stimme trocken weiter, wenn auch ein wenig gedämpft – wahrscheinlich wegen besagter Nase.
»Es wird heilen.« Er ignorierte meine Versuche, mich aus seinem Griff zu winden. »Sonst noch jemand verletzt?«
»Sie hat John-Julian gebissen.« Das war wieder der erste Mann.
»Ein Liebesbiss, Sir. Ich bin in Ordnung.« Ein zweiter Mann räusperte sich. »Tut mir leid, Sir. Ich hätte nie gedacht, dass sie zum Kämpfen ausgebildet ist. Ich war nicht darauf gefasst.«
»Lern daraus, Junge«, antwortete der Werwolf. Dann beugte er sich nach unten und sagte mit einer machtvollen Stimme, die mein Rückgrat zum Vibrieren brachte: »Wir sollten uns ein wenig unterhalten. Wir wollen Ihnen nichts tun. Wenn Sie sich nicht gewehrt hätten, hätten Sie nicht einmal blaue Flecke. Wir hätten Sie viel schlimmer zurichten können, wenn wir das gewollt hätten.« Ich wusste, dass er recht hatte – aber das machte ihn nicht gerade zu meinem besten Freund.
»Was wollen Sie?«, fragte ich so vernünftig, wie ich es zustande brachte, flach am Boden unter einem fremden Werwolf liegend.
»Braves Mädchen«, stellte er fest, während ich den Boden zwischen meiner Couch und dem Tisch anstarrte, etwa zwei Fuß von meiner linken Hand entfernt, wohin Zees Dolch gefallen sein musste, als ich letzte Nacht einschlief.
»Wir sind nicht hier, um Ihnen wehzutun«, erklärte er noch einmal. »Das ist das Erste, was Sie wissen sollten. Das Zweite ist, dass die Werwölfe, die Ihr Haus und das des Sarge beobachtet haben, abgerufen wurden – es gibt also niemanden, der ihnen helfen wird. Das Dritte ist –« Er hörte auf zu sprechen und senke den Kopf zu einem tieferen Atemzug. »Sind Sie ein Werwesen? Sie sind kein Wolf. Aber Sie riechen auch nicht menschlich. Ich dachte, es könne einfach Ihre Katze sein – ich hatte nie
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