Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
ich sah ihn nicht. Recht beeindruckend, wenn man seine Farbe bedachte – Weiß ist gut für einen Winter in Montana, aber die Farben des Winters in Ostwashington sind für gewöhnlich Grau und Braun.
Eine Ecke der Aluminiumverkleidung des Lagerhauses war hochgebogen, nur ein wenig, und genau da, wo Christiansen es beschrieben hatte. Ich musste mich ein bisschen anstrengen, gelangte aber schließlich auf Kosten von etwas Fell hinein. Meine Nase sagte mir, dass ein anderer Kojote und mehrere kleinere Geschöpfe in den letzten Monaten die gleiche Route benutzt hatten. Wenn Gerry oder einer seiner Wölfe
meinen Geruch aufnahmen, würden sie mich hoffentlich nur für einen weiteren Zaungast halten.
Im Inneren der gewaltigen Lagerhalle war es nicht wärmer als draußen. Irgendwie hatte ich sie mir leer vorgestellt, obwohl Christiansen gesagt hatte, ich würde kein Problem haben, ein Versteck zu finden. Tatsächlich war sie mit Hunderten, vielleicht sogar Tausenden von riesigen Kisten gefüllt, die auf etwa drei Fuß hohen Sperrholzpaletten standen. Sie reichten bis zur Decke hoch, vielleicht dreißig Fuß über meinen Kopf.
Es roch muffig. Als ich mich umsah, entdeckte ich, dass es eine Berieselungsanlage und Ablaufgräben am Boden gab. Das war wohl nur vernünftig. Mit einer Lagerhalle voller Bäume würden sie die Pflanzen irgendwie feucht halten müssen, bevor sie sie versandten.
Ich fand einen Stapel, auf dessen unterster Kiste ein Fetzen Papier mit dem Text »Hamamelis Virginiana – Vigrinische Zaubernuss 3’ -4’« klebte. Die Kiste war leer, aber der durchdringende Geruch des Buschs hing immer noch an dem grauen Holz. Ich hätte mich in der obersten Kiste verstecken können, wäre aber leicht zu sehen gewesen, wenn ich heraus- oder hineinsprang. Stattdessen rollte ich mich also auf den Zement zwischen der untersten Kiste und der metallenen Außenwand zusammen und fühlte mich so sicher, wie ich unter den Umständen sein konnte.
Der Plan bestand darin, zu warten, bis einer von Davids Söhnen kam und mich abholte. Sie würden die Extraktion (Davids Begriff) in der Nacht vornehmen, deren Anbruch immer noch ein paar Stunden entfernt war.
Gerry hatte Probleme mit Adam gehabt. Betäubungsdrogen hin oder her, es regte ihn zu sehr auf, wenn sich Wachen im gleichen Raum mit ihm befanden. Seine Kidnapper erinnerten
sich daran, wie er die Fesseln in seinem Haus zerrissen hatte, also taten sie ihr Bestes, ihn ruhig zu stellen, was bedeutete, dass die meiste Zeit nur eine einzige Wache auf dem gleichen Stockwerk mit ihm und Jesse blieb, und zwar außerhalb des Raums. Gerrys Geruch selbst brachte Adam so sehr in Rage, dass er sich dem Lagerhaus vollkommen fernhalten musste.
Obwohl wir Adam und Jesse erst in ein paar Stunden holen würden, wollte ich mich zu ihnen schleichen und mein Bestes tun, um Adam auf die Rettung vorzubereiten.
Wir hatten darüber gestritten. David hatte warten wollen, bis sein Mann in der Dämmerung Wache hielt, aber ich wollte Adam und Jesse nicht länger allein lassen als unbedingt nötig. David hielt die Gefahr einer Entdeckung für zu groß.
Samuel hatte den Streit schließlich entschieden. »Lassen Sie sie gehen. Sie wird es sowieso tun, und auf diese Weise verringern wir die Gefahr.«
David war nicht glücklich darüber gewesen, aber er hatte sich der höheren Autorität und einem besseren Urteilsvermögen gebeugt. Samuel hatte recht. Ich würde Adam und Jesse nicht ohne Schutz warten lassen, wenn ich bei ihnen sein konnte.
Gerry war der einzige Wolf, der meinen Geruch kannte, und er blieb der Lagerhalle fern. Alle anderen Wölfe würden einfach nur annehmen, dass ich ein Kojote war, von denen es in dieser Gegend genug gab.
Ich musste immer noch auf eine Eskorte warten, die so schnell nicht kommen würde, aber es war sicherer, als mich herumwandern und nachsehen zu lassen, wo sie Adam und Jesse verbargen.
Es ist unmöglich, allzeit bereit zu bleiben, wenn man reglos wartet. Schließlich begann ich einzudösen und schlummerte
vielleicht eine Stunde, bevor mich der Geruch von John-Julian weckte.
Ich zwängte mich vorsichtig nach draußen, wo er bereits wartete, meinen Rucksack über einer Schulter. Er sagte kein Wort, drehte sich nur um und ging wieder zwischen den Kisten hindurch zu einem Bereich des Lagerhauses, der aussah, als hätten sich dort einmal Büros befunden. Wie die Kistenstapel reichten riesige Container drei Stockwerke hoch.
Er stieg die Treppe zur mittleren Ebene
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