Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
Mit einem kleinen Streifen hier.«
Sie fuhr mit dem Finger über ihre Nase. »Er hätte mir nichts getan. Ich habe gerade seinen Bauch gekrault, als Dad hereinkam und beinahe durchgedreht ist – oh, Plätzchenteig! Kann ich was abbekommen?«
Jesse war Adams Tochter und eine fünfzehn Jahre alte Vierzigjährige. Sie verbrachte den größten Teil des Jahres bei ihrer Mutter in Eugene und befand sich jetzt wahrscheinlich in der Stadt, weil Donnerstag Thanksgiving war. Mir kam das ein bisschen früh vor, aber sie ging auf eine Privatschule für brillante und exzentrische junge Leute und hatte daher vielleicht längere Ferien als die Kids an öffentlichen Schulen.
»Hast du dein Haar speziell für deinen Vater gefärbt?«, fragte ich, holte einen Löffel aus der Schublade und gab ihr einen anständigen Batzen Teig.
»Selbstverständlich«, sagte sie und aß ein wenig. Dann redete sie weiter, als wäre ihr Mund nicht halb voll. »Er fühlt sich immer so richtig väterlich, wenn er etwas zu beanstanden hat. Außerdem«, erklärte sie ohne große Überzeugung, »machen das gerade alle in Eugene. In einer oder zwei Wochen wäscht es sich wieder raus. Als ich genug von seinen Predigten hatte, habe ich ihm einfach gesagt, er könne froh sein, dass ich zumindest keinen Superkleber verwende, um Stacheln auf meine Kopfhaut zu leimen, wie mein Freund Jared. Vielleicht mache ich das ja in den nächsten Ferien. Dieses Zeug ist prima.« Sie wollte den Löffel eben für die nächste Runde in den Teig stecken, und ich versetzte ihr einen Klaps auf die Hand.
»Nicht, wenn er schon in deinem Mund gewesen ist«, sagte ich. Ich reichte ihr einen frischen Löffel, mischte noch mehr Schokosplitter in den Teig und begann, ihn auf das Tablett tropfen zu lassen.
»Ach, das hätte ich beinahe vergessen«, sagte sie nach einem weiteren Biss. »Mein Vater schickt dir deine Kamera mit
einer Nachricht zurück. Sie ist natürlich unverständlich, aber ich weiß, dass du mir verraten wirst, was sie bedeutet. Bist du bereit?«
Ich schob das erste Blech in den Ofen und begann, das nächste vorzubereiten. »Also los.«
»Er sagte: ›Wir haben einen Treffer. Mach dir bloß keine Gedanken. Er war ein Mann, der Mordaufträge entgegennahm. ‹« Sie fuchtelte mit dem leeren Löffel herum. »Und jetzt erklär mir das.«
Ich nehme an, ich hätte Adams Bedürfnis, seine Tochter zu schützen, respektieren sollen, aber schließlich hatte er sie zu mir geschickt. »Ich habe heute Abend einen Mann umgebracht. Dein Vater hat herausgefunden, wer er war.«
»Tatsächlich? Und er war ein Auftragskiller? Cool!« Sie ließ den Löffel in die Spüle neben den ersten fallen und setzte sich auf meine Theke, um nun in aller Ruhe mit einem Verhör zu beginnen. »Warst du das, die ihn am früheren Abend schon mal angerufen hat? Nein, warte mal. Der Mann, den du umgebracht hast, muss ebenfalls ein Werwolf gewesen sein, wenn Dad so schnell losgezogen ist. Aber wer ist dann der Wolf, der mit ihm zurückgekommen ist?« Sie hielt inne. »Du hast einen Werwolf getötet? Mit einer Knarre?«
Ich besaß mehrere Waffen. Aber ich hatte keine mit mir in die Werkstatt gebracht.
Sie hatte innegehalten, also beantwortete ich ihre letzten beiden Fragen. »Ja und nein.«
»O Mann.« Jesse grinste. »Wie hast du es also gemacht?«
»Ich habe ihn nicht mit Absicht getötet«, erwiderte ich zurückhaltend. Ich hätte allerdings genauso gut versuchen können, eine Flutwelle mit bloßen Händen aufzuhalten.
»Selbstverständlich nicht«, sagte sie. »Es sei denn, du warst wirklich scheißwüt-« Ich zog eine Braue hoch, und sie veränderte
das Wort, ohne den Blick zu senken. »Stinksauer. Hattest du ein Messer? Oder war es ein Stemmeisen?«
»Meine Zähne«, sagte ich.
»Iiih!« Kurz verzog sie das Gesicht. »Eklig. Oh, ich verstehe. Du meinst, du hast als Kojotin gegen ihn gekämpft?«
Die meisten Menschen wissen nur vom Feenvolk, und es gibt auch eine Menge Leute, die immer noch glauben, das Ganze sei nur ein Scherz der Regierung gewesen oder ein Streich von übergeschnappten Terroristen, je nachdem. Jesse jedoch, Tochter eines Werwolfs, so menschlich sie auch sein mochte, kannte sich gut mit den »Wilden Kerlen« aus, wie sie sie nannte. Ein Teil davon war auch mein Fehler. Als ich ihr begegnet war, kurz nachdem der Alpha neben mir eingezogen war, hatte sie mich gefragt, ob ich ein Werwolf sei wie ihr Vater. Ich hatte ihr erklärt, was ich bin, woraufhin sie mich so lange
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