Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
ein Privatgespräch? Das schließt auch dich ein, Warren. Du brauchst den anderen Leuten in meinem Bus nicht zuzuhören.«
»Also gut.« Aber er hatte Adam gehört, und seine Stimme entspannte sich zu seinem üblichen schleppenden Texanisch. »Und wie geht es dir heute, Mercy?«, fragte er freundlich, aber als er fortfuhr, bemerkte ich seine Aufregung dennoch. »Hast du schon die erstaunliche Nachricht gehört, dass man in das Haus unseres Leitwolfs eingebrochen hat und er und seine Tochter verschwunden sind? Dass der einzige Hinweis eine Telefonnachricht ist, die jemand auf dem Telefon dieser verdammten russischen Hexe hinterlassen hat? Eine Nachricht, die sie niemanden anhören lässt? Es gibt Gerüchte, dass diese Nachricht von dir stammt und dich ebenfalls niemand finden kann.«
Samuel lehnte sich zurück, schloss die Augen und sagte: »Sag ihm, du wirst es erklären, wenn wir da sind.«
Ich lächelte liebenswert. »Es geht mir jede Minute besser,
Warren. Danke der Nachfrage. Montana ist angenehm, aber ich rate nicht dazu, im November dort Urlaub zu machen, es sei denn, du läufst Ski.«
»Ich hab seit zwanzig Jahren keine Skier mehr«, murmelte Warren und klang ein wenig erleichtert. »Hat Adam während dieses Ausflugs nach Montana mit dem Wintersport angefangen?«
»Er besitzt Skier«, antwortete ich, »aber seine Gesundheit war ein wenig angeschlagen. Ich habe einen Arzt mit zurückgebracht, aber er und ich haben heute Abend noch einen Termin, und wir haben uns gefragt, ob du dich währenddessen vielleicht um Adam kümmern könntest.«
»Gerne«, sagte Warren. »Ich arbeite heute Abend ohnehin nicht. Hast du gesagt, Jesse sei entführt worden?«
»Ja. Und im Augenblick müssen wir das geheim halten.«
»Heute Früh bin ich auf dem Rückweg von der Arbeit an euren Häusern vorbeigefahren«, berichtete Warren. »Es gibt dort ziemlich viel Aktivität. Ich glaube, es ist nur das Rudel, das nach dem Rechten sieht, aber wenn ihr ihnen aus dem Weg gehen wollt, solltet ihr vielleicht tatsächlich zu mir kommen.«
»Du glaubst, es ist das Rudel?«, fragte Adam.
Warren schnaubte. »Wer von denen würde mich denn schon anrufen und mit mir darüber reden? Darryl? Aurelie hat mir erzählt, dass du verschwunden bist, aber ohne dich bleiben die Frauen überwiegend außen vor. Die anderen im Rudel halten angeblich nach dir Ausschau, aber das ist alles, was ich weiß. Wie lange sollen wir sie im Dunkeln lassen?«
»Einen oder zwei Tage.« Adams Stimme klang bemüht neutral.
»Also gut, kommt zu mir nach Hause. Ich glaube nicht, dass irgendwer außer dir und Mercy auch nur weiß, wo ich wohne. Ich habe genug Platz für euch alle – es sei denn, es gibt noch
ein paar Leute in diesem Bus, die sich noch nicht in das Gespräch eingemischt haben.«
Jede der Tri-Cities hat ihren eigenen Stil, aber es ist Richland, wo sich die Hektik des Atomzeitalters am deutlichsten auswirkt. Als die Regierung entschieden hatte, hier Plutonium von Waffenstärke herstellen zu lassen, hatte sie auch eine Stadt erbaut und über diese Stadt sechsundzwanzig Arten von Gebäuden verteilt, in denen die Arbeiter der Kernindustrie leben sollten. All diese Häuser trugen eine Buchstabenbezeichnung von A bis Z.
Ich kann sie nicht alle identifizieren, aber die großen Doppelhäuser, die A- und B-Häuser, sind ziemlich auffällig. Die A-Häuser sehen irgendwie wie Bauernhöfe aus dem Mittleren Westen aus – zweistöckig, rechteckig und schlicht. Die B-Häuser sind einstöckige Klötze. Die meisten sind inzwischen ein wenig verändert worden, man hatte Veranden angebaut oder sie von Doppelhäusern zu Einfamilienhäusern und wieder zurück umgebaut. Aber ganz gleich, was geschah, sie strahlten alle immer noch diese solide Schlichtheit aus, die nichts mit Backsteinfassaden, Balkonen und Zedernverkleidung zu tun hat.
Warren wohnte in einer A-Doppelhaushälfte mit einem großen Ahornbaum, der den größten Teil des vorderen Rasens einnahm. Als wir das Haus erreichten, wartete er schon auf der Veranda. Als ich ihn kennengelernt hatte, war er in einem leicht studentisch anmutenden Gammellook herumgelaufen. Sein derzeitiger Liebhaber hatte ihn überredet, sich das Haar schneiden zu lassen und sich ein bisschen besser anzuziehen. Also trug er Jeans ohne Löcher, und das Hemd hatte irgendwann in nicht allzu weit zurückliegender Ferne einmal Kontakt mit einem Bügeleisen gehabt.
Ich parkte direkt vor dem Haus. Sobald der Bus stand, sprang Warren die
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