Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
Treppe hinunter und öffnete die Schiebetür.
Er inspizierte Adams Zustand mit einem einzigen raschen Blick.
»Sagtest du, das ist gestern Nacht passiert?«, fragte er mich dann.
»Jep.« Sein Akzent ist ausgeprägt genug, dass ich ihn manchmal unwillkürlich übernehme – obwohl ich nie in Texas gewesen bin.
Warren steckte die Daumen in die Hosentaschen und wiegte sich auf den Absätzen gut eingetragener Cowboystiefel zurück. »Na gut, Boss«, machte er weiter. »Wahrscheinlich hast du Glück, noch am Leben zu sein.«
»Ich wäre besonders dankbar, wenn du dich entschließen könntest, mir hochzuhelfen«, knurrte Adam. »Heute Früh ging es mir nicht so schlecht, aber die Sprungfedern dieses Dings lassen zu wünschen übrig.«
»Wir können nicht alle einen Mercedes fahren«, sagte ich unbeschwert, nachdem ich selbst ausgestiegen war. »Warren, das da ist Brans Sohn, Dr. Samuel Cornick, der mitgekommen ist, um uns zu helfen.«
Warren und Samuel sahen einander wie zwei Cowboys in einem Film aus den Fünfzigern an. Dann streckte Samuel als Reaktion auf ein für mich unsichtbares Signal die Hand aus und lächelte.
»Schön, Sie kennenzulernen.«
Warren schwieg, aber er schüttelte Samuel die Hand und sah aus, als freute er sich über den Gruß des anderen Mannes.
Zu Adam sagte er: »Es wäre wahrscheinlich das Einfachste, dich zu tragen, Boss. Da ist die Vordertreppe, und dann die Treppe hoch zu den Schlafzimmern.«
Adam verzog unglücklich das Gesicht, aber dann nickte er. »In Ordnung.«
Es sah ein wenig seltsam aus, als Warren Adam trug, denn Adam ist nicht groß, aber breit gebaut, und Warren hat eher den Körperbau eines Marathonläufers. Und solche Dinge sollten vorsichtige Werwölfe lieber nicht zu oft in der Öffentlichkeit tun.
Ich öffnete ihnen die Tür, ging aber ins Wohnzimmer, als Warren sich der Treppe zuwandte. Samuel blieb bei mir.
Warrens Hälfte des Doppelhauses hat mehr Grundfläche als mein Trailer, aber viele kleine Zimmer und Treppen, sodass sich mein Haus für mich immer größer anfühlte.
Er hatte es gemütlich mit Möbeln vom Flohmarkt und Bücherregalen eingerichtet, in denen alles von wissenschaftlichen Fachbüchern bis zu zerfledderten Second-Hand-Romanen stand.
Samuel ließ sich auf der guten Seite des Plüschsofas nieder und streckte die Beine aus. Ich wandte mich von ihm ab und stöberte durch das nächste Regal. Ich konnte seinen Blick an meinem Rücken spüren, wusste aber nicht, was er sich denken mochte.
»O Mercy«, seufzte eine leise Stimme. »Der da aber ist hübsch! Wieso flirtest du nicht mit ihm?«
Ich schaute in Richtung Küche und sah, dass Kyle, Warrens derzeitiger Freund, am Türrahmen lehnte, in einer typischen Kyle-Pose, die dazu angetan war, seinen gut trainierten Körper und die maßgeschneiderte Kleidung zu betonen.
Die Pose täuschte, ebenso wie Kyles gesenkte Lider und sein Schmollen – eine Marilyn-Monroe-Haltung, dazu gedacht, die Intelligenz zu verbergen, die ihn zum bestbezahlten Scheidungsanwalt der Stadt machte. Er hatte mir einmal erzählt, offen schwul zu sein, sei gut für sein Geschäft und
seinen Ruf. Frauen mitten in einer Scheidung hätten eine gewisse Vorliebe dafür, sich lieber von ihm als von einem weiblichen Anwalt vertreten zu lassen.
Samuel erstarrte und sah mich scharf an. Ich wusste, um was es ihm ging: Er wollte nicht, dass ein Mensch in Werwolfangelegenheiten verwickelt wurde. Ich ignorierte ihn, aber leider tat Kyle das nicht – er nahm nur die Ablehnung wahr und verstand ihre Ursache falsch.
»Schön, dich zu sehen«, sagte ich. »Das hier ist ein alter Freund aus Montana, der zu Besuch ist.« Ich wollte keine Einzelheiten erzählen; es war Warrens Sache, zu entscheiden, was und wie viel er Kyle sagen würde. »Samuel, das hier ist Kyle Brooks. Kyle, darf ich dir Dr. Samuel Cornick vorstellen?«
Kyle schob sich aus dem Türrahmen und schlenderte ins Wohnzimmer. Er blieb stehen, um mich auf die Wange zu küssen, dann setzte er sich aufs Sofa, so nahe an Samuel, wie es möglich war.
Nicht, dass Samuel ihn wirklich interessiert hätte. Kyle hatte einfach seine Ablehnung bemerkt und beschlossen, sich ein wenig zu rächen. Warren zog sich für gewöhnlich vor der Missbilligung anderer zurück oder ignorierte sie. Kyle war ein vollkommen anderer Mensch. Er würde es dem Mistkerl schon zeigen!
Ich würde ja gerne behaupten, dass er zu empfindlich war, aber er wusste schließlich nicht, dass es nicht seine sexuelle
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