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Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail

Titel: Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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zerschlagenes Gesicht mir so schnell keine neuen Kunden bringen.
    Auf dem Parkplatz standen vier Autos, was bedeutete, dass die Geschäfte liefen. Aber wenn ich in der Werkstatt bliebe, würde niemand mein Gesicht sehen.
    Langsam stieg ich aus. Die trockene Hitze des Vormittags umschlang mich, und ich schloss einen Moment die Augen, um sie zu genießen.
    »Guten Morgen, Mercedes«, sagte eine liebenswerte alte Stimme. »Wunderschöner Tag heute.«
    Ich öffnete die Augen und lächelte. »Ja, Mrs. Hanna.«
    In den Tri-Cities gibt es, anders als in Portland und Seattle, nicht viele Obdachlose. Die Temperaturen können hier im Sommer vierzig Grad übersteigen, und sie gehen bis minus zwanzig im Winter, also sind die meisten Clochards nur auf der Durchreise.
    Mrs. Hanna sah aus wie eine Obdachlose mit ihrem zerschlagenen Einkaufswagen voller Plastiktüten mit Dosen und anderen nützlichen Dingen, aber jemand hatte mir einmal erzählt, dass sie in einem kleinen Trailerpark am Fluss lebte und Klavierunterricht gegeben hatte, bis ihre Arthritis das unmöglich machte. Danach zog sie durch die Straßen der Innenstadt von Kennewick, sammelte Aluminiumdosen und verkaufte Zeichnungen aus Malbüchern, die sie koloriert hatte, damit sie Futter für ihre Katzen kaufen konnte.
    Ihr weißgraues Haar war geflochten und unter eine mitgenommene alte Baseballkappe gesteckt, die ihrem Gesicht ein wenig Schatten spendete. Sie trug einen weiten Wollrock, Söckchen und Tennisschuhe, die eine Nummer zu groß waren. Ihr T-Shirt feierte ein längst vergangenes Fliederfest in
Spokane, und sein Lavendelton bildete einen interessanten Kontrast zu dem schwarz-rot karierten Flanellhemd, das sie sich über die Schultern gelegt hatte.
    Das Alter hatte sie gebeugt, bis sie kaum größer war als der Einkaufswagen, den sie schob. Ihre gebräunten, grobknochigen Hände zeigten abgesplitterten roten Nagellack, der zu ihrem Lippenstift passte. Sie roch nach Rosen und nach ihren Katzen.
    Sie runzelte die Stirn und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Jungen mögen keine Mädchen, die mehr Muskeln haben als sie selbst, Mercedes. Jungen mögen Mädchen, die tanzen und Klavier spielen können. Mr. Hanna, Gott hab ihn selig, sagte immer, dass ich geradezu über den Tanzboden schwebte.«
    Das war ein alter Streitpunkt von uns. Sie war in einer Zeit aufgewachsen, wo der einzig angemessene Platz für eine Frau der neben ihrem Mann gewesen war.
    »Diesmal war es nicht Karate«, sagte ich und berührte vorsichtig mein Gesicht.
    »Versuchen Sie es mit gefrorenen Erbsen, junge Frau«, sagte sie. »Das hilft gegen die Schwellung.«
    »Danke«, erwiderte ich.
    Sie nickte, dann ging sie weiter die Straße entlang, und ihr Einkaufswagen quietschte. Es war zu heiß für Flanell und Wolle, aber es war ein kühler Frühlingsabend gewesen, als sie vor ein paar Monaten gestorben war.
    Die meisten Geister verblassen nach einer Weile, also würden Mrs. Hanna und ich in ein paar Monaten vielleicht nicht mehr miteinander sprechen können. Ich weiß nicht, wieso sie vorbeikam, um mit mir zu reden, vielleicht machte sie sich Sorgen, weil ich bislang nicht verheiratet war.
    Ich lächelte immer noch, als ich aufs Büro zuging.

    Gabriel, mein Teilzeit-Handlanger und Bürohelfer, arbeitete im Sommer ganztags. Er blickte auf, als ich hereinkam, und starrte mich dann verblüfft an.
    »Karate«, log ich, inspiriert von Mrs. Hannas Annahme und sah, wie er sich entspannte.
    Er war ein guter Junge und ein hundertprozentiger Mensch. Er wusste selbstverständlich, dass Zee zum Feenvolk gehörte, weil Zee vor ein paar Jahren von den Grauen Lords, den Herrschern des Feenvolks, gezwungen worden war, öffentlich zuzugeben, was er war (wie auch die Werwölfe hatte das Feenvolk sich nach und nach geoutet, um die Menschheit nicht zu erschrecken).
    Gabriel wusste also auch von Adam, zumindest das, was allgemein bekannt war. Ich hatte allerdings nicht vor, ihm die Augen noch weiter zu öffnen – das war einfach zu gefährlich. Also keine Geschichten über Vampire und Zauberer für ihn – vor allem, da auch ein paar Kunden in der Werkstatt saßen.
    »Himmel«, sagte er. »Ich hoffe, der andere sieht schlimmer aus.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Dummer Weißgürtel.«
    Auf den mitgenommenen, aber bequemen Sesseln in der Ecke des Büros saßen ein paar Männer. Auf meine Worte hin beugte sich einer vor und sagte: »Ich kämpfe lieber gegen ein Dutzend Schwarzgürtel zur gleichen Zeit als gegen

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