Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
die sie innehatten, besonders, wenn der Alpha nicht da war. Warrens sexuelle Präferenz machte das noch schlimmer.
Schon unter Menschen ist es schwer, anders zu sein. Unter Werwölfen ist es für gewöhnlich tödlich. Es gibt nicht viele homosexuelle Werwölfe, die lange überleben. Warren war zäh und selbstständig und Adams bester Freund. Diese Mischung half ihm, am Leben zu bleiben, aber er fühlte sich im Rudel nicht immer wohl.
»Ich weiß«, sagte Adam.
»Es würde helfen, wenn Darryl nicht so gut aussähe«, sagte Samuel lässig und ging durchs Wohnzimmer, um sich neben Adam zu stellen.
Technisch gesehen hätte er hinter ihm bleiben sollen, denn Adam war der Alpha und Samuel ein Einsamer Wolf, der außerhalb der Hierarchie des Rudels stand. Aber Samuel war nicht irgendein Einsamer Wolf, sondern der Sohn des Marrok und dominanter als selbst Adam, wenn man es wirklich genau nehmen wollte.
»Das solltest du Darryl lieber nicht ins Gesicht sagen«, meinte ich.
»Nein, lieber nicht.« Adam lächelte, aber er klang ernst. Er sprach zwar zu Samuel, wandte aber den Blick nicht von
mir ab. Dann fügte er hinzu: »Samuel sagt, du brauchst demnächst eine Eskorte zur Siedhe der Vampire. Ruf mich an, und ich finde jemanden, der mit dir geht.«
»Danke, das werde ich tun.«
Er berührte meine schmerzende Wange leicht mit dem Finger. »Ich würde es selbst tun, aber das wäre nicht besonders klug.«
Ich konnte ihm nur aus vollem Herzen zustimmen. Eine Werwolfeskorte würde sowohl als Leibwache dienen als auch bekunden, dass ich Freunde hatte. Die Begleitung des Alpha jedoch konnte sich leicht zu einem Machtspiel zwischen ihm und den Anführern der Vampire entwickeln, mit Stefan in der Mitte.
»Ich weiß«, sagte ich. »Danke.«
Ich konnte keine Minute mehr mit den beiden Männern im gleichen Raum bleiben. Selbst eine Menschenfrau wäre in dem Testosteron in der Luft ertrunken, so stark war es. Wenn ich jetzt nicht ging, würden sie kämpfen – mir war nicht entgangen, dass Samuels Augen weiß geworden waren, als Adam meine Wange berührte.
Und dann war da mein Bedürfnis, meine Nase an Adams Hals zu vergraben und den exotischen Duft seiner Haut einzuatmen. Ich wandte den Blick von ihm ab und starrte in Samuels weiße Augen. Er war so nahe daran, sich zu verändern, dass der charakteristische schwarze Ring um seine Pupillen bereits deutlich zu sehen war. Es hätte mir Angst machen sollen.
Samuels Nasenlöcher zuckten – ich roch es ebenfalls. Erregung.
»Ich muss gehen«, sagte ich angemessen verängstigt.
Ich verabschiedete mich schnell, huschte aus dem Haus und zog rasch die Tür hinter mir zu. Die Erleichterung, eine
Tür zwischen mich und die beiden Männer gebracht zu haben, war gewaltig. Ich atmete schwer, als wäre ich ein Rennen gelaufen, und Adrenalin verdrängte die Schmerzen aus meinem Körper. Ich atmete tief die Morgenluft ein, versuchte, meine Lunge von Werwolfgerüchen zu reinigen, bevor ich zu meinem Auto ging.
Als ich die Tür des Golfs öffnete, ließ mich der plötzliche Geruch nach Blut abrupt zurückweichen. Das Auto war an der Stelle geparkt gewesen, wo ich es immer stehen ließ. Ich hatte vergessen, dass Stefan es benutzt hatte, um mich zurückzubringen. Es gab Flecken auf beiden Vordersitzbezügen – wir mussten beide ziemlich blutüberströmt gewesen sein. Aber am meisten beeindruckte mich die Delle von einem Faustschlag am Armaturenbrett, direkt oberhalb des Radios.
Stefan war offenbar sehr verärgert gewesen.
Ich bog in den Hof meiner Werkstatt ein und parkte am anderen Ende des Grundstücks neben Zees altem Pickup. Man sollte nie einem Mechaniker trauen, der neue Autos fährt. Sie verlangen entweder zu viel Geld für ihre Arbeit, oder sie können ein älteres Auto nicht zum Laufen bringen – vielleicht auch beides.
VWs sind gute Autos. Sie waren einmal billige gute Autos, aber jetzt sind sie teure gute Autos. Aber jede Marke hat ihre Zitronen. VW hatte das Thing, was mit seinem Kübelwagen-Design wenigstens cool aussah, den Fox und den Golf. Ich nahm an, in ein paar Jahren würde mein Golf der einzige in den Tri-Cities und Umgebung sein, der immer noch fuhr.
Ich ließ den Golf einen Moment im Leerlauf und dachte darüber nach, ob ich in die Werkstatt gehen sollte. Ich hatte unterwegs an einem Ersatzteilladen angehalten und Sitzbezüge
gekauft, um die alten zu ersetzen, die ich hatte wegwerfen müssen. Nach den Blicken des dortigen Angestellten zu schließen, würde mein
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