Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail

Titel: Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
Vom Netzwerk:
warteten.
    »Musik«, sagte er schließlich. »Mein Gast wird uns im Austausch für unsere Gastfreundschaft ein musikalisches Geschenk machen.«
    Die große, kräftige Frau seufzte, als Onkel Mike zurücktrat und die Leute in seiner Nähe verscheuchte, bis ich die kleine Bühne, auf der immer noch drei Musiker standen, deutlich sehen konnte. Es waren zwei Gitarristen und Kontrabassist. Ich weiß nicht, woher die Schlagzeuggeräusche gekommen waren, denn es war keines zu sehen.
    Einer der Gitarristen grinste, sprang von der Bühne und bedeutete den anderen, es ihm nachzumachen, und mir die Bühne zu überlassen.
    Ich sah Onkel Mike an, zog die Braue hoch und ging auf die Bühne zu. Andre hatte sich in die Menge zurückgezogen. Sie würden ihn, einen Vampir, nicht behelligen. Sie hätten auch keinen Werwolf behelligt. Ich hingegen, weder Vampir noch Werwolf, war Freiwild.

    Ich fragte mich, ob Onkel Mike vielleicht zugelassen hätte, dass sie mich zerrissen, wenn ihm nicht klar gewesen wäre, dass die Wölfe mich rächen würden, ganz gleich, ob ich zum Rudel gehörte oder nicht – als ob Rache mir dann noch etwas nützen würde. Onkel Mikes Hilfe war augenblicklich schon besser.
    Bevor ich auf die Bühne stieg, wollte einer der Gitarristen mir mit großer Geste seine Gitarre überreichen.
    »Das weiß ich zu schätzen«, sagte ich vorsichtig. »Aber ich spiele nicht.« Ich spielte überhaupt kein Instrument außer Klavier – und das sehr schlecht. Ich hatte einfach Glück gehabt, dass der Klavierunterricht auch Gesangsunterricht beinhaltet hatte.
    Ich sah mich nach einer Inspiration um. Das Offensichtlichste wäre gewesen, ein keltisches Lied zu wählen, aber das verwarf ich so schnell wieder, wie mir der Gedanke gekommen war. Volkslieder hatten häufig Dutzende von Variationen, und Dutzende von Leuten behaupten, ihre sei die einzig wahre Version. Angesichts einer Gruppe überwiegend keltischer Personen, die nur nach einem Grund suchten, mich umzubringen, wäre es dumm, ein keltisches Lied zu singen.
    Es gab auch ein paar deutsche Wesen hier, und die Deutschen waren nicht annähernd so zimperlich, was ihre Musik anging, aber das einzige deutsche Lied, das ich kannte, war »O Tannenbaum«, ein Weihnachtslied, das hier niemanden beeindrucken würde – nicht, dass meine Stimme überhaupt jemanden beeindrucken konnte. Ich war in der Lage, Töne zu treffen und sie recht laut herauszuschmettern, aber ich hatte kein wirkliches Talent.
    Was die Wahl des Liedes sehr wichtig machte. Das Ganze war ein Spiel, und wenn ich mich zu sehr duckte, würde
nicht einmal Onkel Mike meine Haut retten können. Eine subtile Beleidigung wäre das Beste. Kein Schlag ins Gesicht, sondern bloß ein kleiner Schubs.
    Und ich brauchte ein Lied, das ich laut singen konnte, denn meine Stimme ist nicht hübsch und nicht leise. Etwas, das sich a capella gut anhören würde. Trotz der Klimaanlage war es drückend heiß im Raum, und meine Gedanken fühlten sich träge an – das hätte natürlich auch die Angst sein können.
    Ich wünschte, es wäre Winter, und vielleicht hing es mit meiner Erinnerung an »O Tannenbaum« zusammen, aber plötzlich wusste ich, was ich singen würde. Ich spürte, wie ich die Lippen verzog.
    Ich holte tief Luft, wie es sich gehörte, und fing an zu singen. »O holy night, the stars are brightly shinig …«
    In der drückenden Hitze einer Julinacht sang ich ein Weihnachtslied für einen Raum voller Angehöriger des Feenvolks, die von Christen und ihren Schwertern aus kaltem Eisen aus ihrer Heimat vertrieben worden waren.
    Ich habe dieses Lied oft leise gesungen gehört, bis Magie in der Luft zu hängen schien. Ich wünschte, ich hätte es ebenfalls so singen können. Stattdessen schmetterte ich es heraus, denn das kann meine Stimme am besten.
    Ich schloss die Augen und ließ den schlichten Glauben der Worte mich durchdringen wie ein Gebet, bis ich zu »Fall on your knees« kam. Dann öffnete ich die Augen und starrte die Frau an, die mit all dem angefangen hatte, und sang den Rest direkt in ihre Richtung.
    Als der letzte Ton verklang, warf die Frau den Kopf zurück und lachte. Sie wandte sich Onkel Mike zu und tätschelte ihm die Schulter, was ihn einen halben Schritt vorwärtstaumeln ließ.

    »Gute Strafe«, sagte sie. »Ha.« Dann stampfte sie durch die Menge in eine Ecke des Raums.
    Wenn ich Beifall erwartet hätte, wäre ich enttäuscht worden. Der Raum beruhigte sich einfach, und die Gäste taten wieder, was sie

Weitere Kostenlose Bücher