Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
dieses Gespräch noch warten konnte. Als die Teller sauber und die Küchentücher nass und voller Seife waren, ließ ich Amber in der Küche zurück, wo sie mit ihrem Ehemann knutschte.
Ich öffnete meine Zimmertür, um dort Chad mitten auf meinem Bett zu finden, die Arme über der Brust verschränkt. Ich konnte seine Angst sofort riechen.
Ich schloss die Tür hinter mir und schaute mich einmal genau im Raum um. »Geist?«, formte ich mit den Lippen.
Er schaute auch durch den Raum und schüttelte dann den Kopf.
»Nicht hier? In deinem Zimmer?«
Er nickte vorsichtig.
»Wie wäre es dann, wenn wir in dein Zimmer gehen?«
Angst stieg aus jeder seiner Poren auf, als er vom Bett glitt und mir zu seinem Zimmer folgte: tapferer Junge. Er öffnete seine Zimmertür vorsichtig – dann drückte er sie ganz auf, achtete aber darauf, dass seine Füße weiterhin im Flur standen.
»Ich gehe mal davon aus, dass dieses Bücherregal normalerweise nicht auf dem Boden liegt«, meinte ich zu ihm.
Er warf mir einen bösen Blick zu, verlor aber einen Großteil seiner Angst.
Ich zuckte mit den Schultern. »Hey, mein Freund hat eine Tochter« – Freund war so ein unzureichendes Wort – »und ich hatte zwei kleinere Schwestern. Keine von ihnen räumt je ihr Zimmer auf. Ich musste fragen.«
Abgesehen von dem Bücherregal war es schwer, herauszufinden, wie viel der Unordnung einfach von einem kleinen
Jungen verursacht worden war und wie viel der Geist angerichtet hatte. Aber das Bücherregal, eins von diesen halbhohen Dingern, die Leute in Kinderzimmer stellen, war leicht zu bewegen. Ich schob mich an Chad vorbei in den Raum. Das Regal war sogar noch leichter, als ich gedacht hatte.
Als ich anfing, die Bücher wieder einzuräumen, kniete er sich neben mich und half. Er las ein wenig von allem – und nicht nur Sachen, von denen ich dachte, dass ein Kind sie lesen würde: Jurassic Park, Interview mit einem Vampir und H. P. Lovecraft standen neben Harry Potter und den Naruto -Manga-Comics Nummer eins bis fünfzehn. Wir brauchten ungefähr zwanzig Minuten, um alles wieder in Ordnung zu bringen, und als wir fertig waren, hatte er keine Angst mehr.
Ich konnte den Geist allerdings riechen. Er beobachtete uns.
Ich schlug die Hände gegeneinander, um sie von Staub zu befreien, und schaute mich um. »Ist dein Zimmer immer so ordentlich, Junge?«
Er nickte feierlich.
Ich schüttelte den Kopf. »Du brauchst Hilfe. Genau wie deine Mom. Meine kleine Schwester hat versteinerte Sandwiches unter ihrem Bett gelagert, für die Wollmäuse, die sie dort gezüchtet hat.«
Ich zog ein Spiel aus einem ordentlichen Stapel. »Lust auf eine Partie Schiffe versenken?« Ich würde ihn nicht mit diesem Ding hier drin allein lassen.
Chad bewaffnete sich mit seinem Block und wir erklärten uns den Krieg. Historisch gesehen wurde Krieg oft eingesetzt, um von Problemen zu Hause abzulenken.
Wir lagen uns auf dem Boden auf dem Bauch gegenüber und verschossen unsere Munition. Adam rief an, und ich erklärte ihm, dass er würde warten müssen – Kampf kam vor der Romantik. Er lachte, wünschte mir eine gute Nacht und viel Glück, genau wie dieser alte Kriegsberichterstatter.
Chads Zweier-Schiff war teuflisch gut versteckt, und er zerstörte meine Marine, während ich vergeblich danach suchte.
»Argh!«, rief ich mit Inbrunst. »Du hast meinen Panzerkreuzer versenkt!«
Chads Gesicht leuchtete vor Lachen, und jemand klopfte an die Tür. Ich nahm an, ich hätte nicht so laut sein müssen, nachdem Chad mich sowieso nicht hören konnte.
»Herein«, sagte ich. Chad, der meine Lippen las, sah plötzlich entsetzt aus. Ich streckte den Arm aus und berührte beruhigend seine Schulter.
Die Tür öffnete sich. Ich rollte mich halb herum und schielte über meine Füße nach hinten, um zu sehen, wer es war. Die meisten Leute hätten schauen müssen, also tat ich es, aber ich hatte ihn kommen hören – und Amber hatte sich noch niemals in ihrem Leben wütend angepirscht. Stampfen, ja. Anpirschen, nein. Vertraut mir – jedes Raubtier kennt den Unterschied.
»Ist es nicht schon Schlafenszeit?«, meinte Corban. Er trug eine Trainingshose und ein altes Seattle-Seahawks-T-Shirt. Seine Haare waren verwuschelt, als wäre er im Bett gewesen. Ich ging davon aus, dass ich ihn aufgeweckt hatte.
»Nö«, erklärte ich ihm. »Wir spielen und warten darauf, dass der Geist sich zeigt. Wollen Sie sich dazugesellen?«
»Es gibt keinen Geist«, sagte er zu seinem Sohn,
Weitere Kostenlose Bücher