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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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hinzuweisen, dass sich mein Zustand gebessert hatte. Ich war gewachsen, war kräftiger, litt nicht mehr unter chronischen Schmerzen oder unerwartet auftretenden Blutergüssen. Und mir war auch nicht mehr ständig übel, so dass ich endlich essen konnte.
    Er umfasste meine Schultern und blickte mir mit einem aufrichtigen und weisen Ausdruck in die Augen. »Das ist richtig, aber es klappt nicht über Nacht, Merry.«
    Es wurmte mich, dass er recht hatte. Ich rebellierte gegen Mächte, die größer als Tens und eindeutig allwissender waren als ich. »Das ist mir klar. Ich habe heute nur Urlaub in der Normalität gemacht, und es hat mir gefallen.«
    Er wich zurück, hielt mich aber weiter fest. »Was heißt, es ist dir klar?«
    Ich legte die Stirn auf seine Herzgegend. »Wir dürfen unsere Zeit nicht damit verschwenden, Arbeitnehmer zu spielen, Freunde zu finden und zu vergessen.«
    »Ich rede hier nicht vom Vergessen«, brummte er.
    »Nein, aber ich. Es ist verführerisch. So schrecklich verführerisch.« Tränen quollen mir aus den Augenwinkeln. »Ich dachte, dass ich geheilt, fit und zu allem bereit sein würde, wenn ich meine Gabe erst richtig einzusetzen weiß und gelernt habe, damit umzugehen. Dass wir eine Beziehung führen, Spaß haben und die Welt retten könnten und trotzdem normale Jugendliche wären.« Ich beneidete die jungen Leute in Filmen, die Freunde hatten, zur Schule gingen und sich Sorgen um die Zulassung zum College und den Abschlussball machten. So würde ich niemals sein. Das würde mir für immer verwehrt bleiben.
    »Du bist noch damit überfordert, alles unter einen Hut zu kriegen.« Tens umarmte mich, streichelte meinen Hals und malte Kreise auf meine Wirbelsäule. »Joi vermietet uns die Hütte, solange wir wollen.«
    »Ohne Arbeit?« Ich blickte ihn an.
    »Wir können arbeiten, wann wir wollen. Sie legt eine Liste an. Oder wir sollen sie einfach ansprechen. Dann sagt sie uns, was erledigt werden muss. Außerdem hat sie sich nach deiner Gesundheit erkundigt.«
    »Was hast du ihr erzählt?«
    »Ich habe gelogen und ihr weisgemacht, wir suchten aus medizinischen Gründen nach deiner Familie. Du seist adoptiert worden und bräuchtest nun Verwandte mit genetischer Übereinstimmung.«
    »Das ist aber eine wilde Geschichte.« Ich seufzte bedrückt.
    »Ich konnte ihr ja schlecht reinen Wein einschenken, oder?« Traurig presste er die Lippen zusammen.
    »Ich hasse diese Lügerei.« Und zwar absolut abgrundtief.
    »Ich auch. Vielleicht wird es eines Tages ja nicht mehr nötig sein.« Sein Tonfall war zweifelnd.
    »Machen wir uns morgen wieder auf die Suche nach der Katze und dem Mädchen?« Würde ich etwas spüren? Würde in meinem Kopf eine Alarmglocke schrillen? Würde ich beim Anblick einer Artgenossin blinkende Lichter sehen? Würden wir unsere Gemeinsamkeiten erkennen? Ich befürchtete, ich könnte einfach an ihr vorbeigehen, ohne sie zu bemerken, bis es zu spät war. Als ich versuchte, mich zu erinnern, ob ich es bei meiner Tante sofort gespürt hatte, war in meinem Gedächtnis alles verworren. »Ja, der Urlaub ist vorbei. Ich schlage im Buch nach, ob dort etwas steht, woran man sieht, ob jemand einer von uns ist.«
    »Nur du würdest Arbeiten als Urlaub bezeichnen.« Tens küsste mich, bis mein Bedauern verflog.

[home]
    Kapitel 9
    Juliet
    H eute war einer der beiden monatlichen Besuche unserer Sozialarbeiterin Ms. Asura fällig. Seit kurzem kam sie sogar öfter, aber niemals unangekündigt.
    Nicole packte mich fest an der Hand und zerrte mich in die Speisekammer. »Ich traue ihr nicht über den Weg. Und du solltest es auch nicht tun.« Vor Anspannung wirkten ihre Wangen eingefallen. Ihr sonst so rosiges Gesicht war blass geworden.
    Ich schüttelte verdattert den Kopf. »Warum? Sie ist doch nett. Nur weil sie nichts tun kann, um uns zu helfen …«
    »Sie versucht es gar nicht erst, Juliet. Das hat sie noch nie. Sie verschließt die Augen vor der Wirklichkeit.«
    »Das kannst du gar nicht wissen. Du bist noch nicht lange genug hier.« Nie hatte ich Nicole so aufgebracht erlebt.
    »Doch. Aber es steckt noch mehr dahinter. Da ist etwas eindeutig faul an der Sache.«
    Ich hielt inne. »Was meinst du damit?«
    »Eigentlich dürften wir nicht alle dieselbe Sozialarbeiterin haben.«
    »Davon weiß ich nichts. Wo hast du das gehört?«
Wer sagt das? Wen interessiert das? Wer macht diese Regeln?
    »Das verstößt gegen die Vorschriften. Und außerdem sind wir minderjährig und deshalb schulpflichtig.

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