Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
Vom Netzwerk:
von den Hinterlassenschaften des Winters befreite und sich dann an die Ranken von Kudzu und Efeu machte, die die noch kahlen Ahornbäume und Tulpenbäume hinaufkrochen. Anschließend schrubbte er die Steinstatuen und kratzte das Moos von den Gartenmöbeln. Beim Zuschauen wurden meine Hände im Spülwasser schrumpelig, rot und aufgesprungen.
    »Alles fertig.« Joi rauschte durch die Küche. »Letzte Rechnung. Vielleicht kommen in der Stunde vor Ladenschluss noch ein paar Leute, um einzukaufen, aber wahrscheinlich gibt es kein schmutziges Geschirr mehr.«
    Wenn ich nicht zu müde gewesen wäre, hätte ich einen Jubelruf ausgestoßen.
    »Wie viel hast du zerbrochen?«
    Ich zuckte zusammen. »Drei«, erwiderte ich in entschuldigendem Ton. »Ich bezahle sie natürlich.«
    »Ach was, das ist gar nicht schlecht für eine Anfängerin. Ist alles in Ordnung? Du siehst so blass aus.« Joi schob mich gegen das Spülbecken und fühlte mir die Stirn wie eine Fernsehmutter. Meine eigene Mutter hätte Abstand gehalten.
    »Bestens«, versuchte ich sie zu beruhigen, klang aber nicht sehr überzeugend.
    »Bist du sicher, dass du arbeiten solltest? Hast du gerade eine Krankheit überstanden? Geht es dir nicht gut?« Sie ließ nicht locker, und ihre Besorgnis schien echt.
    Da ich es nicht richtig fand, sie zu belügen, wich ich ihr aus. »Letzten Herbst war ich krank. Ich rapple mich gerade wieder auf. Es ist nichts Schlimmes. Das wird schon wieder. Ich mache nur leicht schlapp. Noch.«
    »Hmmm.« Sie fand sich zwar mit meiner mageren Antwort ab, ohne weiter nachzuhaken, doch es war offensichtlich, dass sie sich über Einzelheiten gefreut hätte. »Nun, Tens hat heute die Arbeit von zehn Männern geleistet. Also nehmt morgen frei. Wenn du eine Unterkunft brauchst, ohne zu arbeiten, gib mir Bescheid, einverstanden?«
    »Ich muss morgen nicht freinehmen«, protestierte ich halbherzig.
    »Doch, weil ich es sage. Und ich habe immer recht.« Sie lächelte mich an. »Wickle dir die Reste zum Mitnehmen ein, und dann verschwinde. Und richte Tens aus, er kann ruhig ein bisschen fauler werden. Schließlich wird er stundenweise bezahlt.« Lächelnd tätschelte sie mein Haar, so wie Sammy es getan hatte.
    »Kennst du einen Vater Anthony?«, fragte ich, bevor sie ging.
    »Katholisch oder episkopalisch?«
    »Keine Ahnung.«
    »Im Moment fällt mir dazu nichts ein, aber der Name kommt mir bekannt vor. Lass mich überlegen.« Als das Telefon läutete, hastete sie zur Kasse.
    »Kein Problem.« Enttäuscht und mit Unmengen von Resten beladen, kehrte ich zur Hütte zurück.
    Ich erinnerte mich nicht daran, mich hingelegt oder die Augen geschlossen zu haben. Doch als ich mich das nächste Mal streckte und sie öffnete, herrschte draußen vor den Fenstern dunkle Nacht. Im Kamin brannte ein Propangasfeuer. Tens machte sich in der Küche zu schaffen, und der Duft von Chili und Maisbrot lag in der Luft.
    Als ich beim Aufwachen einen Seufzer von mir gab, fuhr Tens’ Kopf herum. »Hallo, Supergirl.« Er kam zum Bett, legte sich neben mich und kuschelte sich an mich. »Du hast eine Ewigkeit geschlafen. Fühlst du dich nicht wohl?«
    »Tut mir leid.« Ich schmiegte mich an seine Schulter und Seite. »Müde.«
    Er nickte. »Hunger?«
    »Hmmm … lass uns ein bisschen so liegen bleiben, okay?« Ich genoss es, sein Gewicht und seinen an mich gepressten Körper zu spüren, der sich in den Proportionen und Formen so von meinem unterschied. Sicherheit. Geborgenheit. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch, jedoch nicht vor Angst, sondern vor Aufregung. Er roch wie Sonnenlicht und Harz mit einem Hauch feuchter Hund und lehmige Erde.
    Er fuhr mir mit den Fingern durchs Haar und entwirrte die vom Schlaf zerzausten Strähnen. Mein Haar hatte sich noch nicht vom letzten Übergang erholt. »Hmmm.« Als ich zufrieden seufzte, befeuchtete mein Atem den Baumwollstoff an seiner Brust. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich geschnurrt.
Nicht aufhören, bitte nicht aufhören.
Ich genoss das beruhigende Zupfen an meiner Kopfhaut. Seine Wärme und seine Kraft vertrieben meine Sorgen.
    Er küsste meine Fingerspitzen. »Geschirrspülhände.«
    »Ich bin Feministin. Ich hasse Spülen.«
    »Das ist also die Bedeutung von Feminismus? Ich dachte immer, es steckt etwas anderes dahinter.« Ein Kichern stieg tief aus seiner Brust auf, aber ihm fehlte die unbändige Ausgelassenheit, nach der ich mich so sehnte. Bei Tens war Lachen ein zartes Erbeben. Ich wusste noch immer nicht, wer oder was seine

Weitere Kostenlose Bücher