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Meridian

Titel: Meridian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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verwirrte.
    Als ich die Augen aufschlug, befand sich Tens’ Gesicht nur wenige Zentimeter entfernt von meinem.
    Er lächelte. »Du bist wieder wach.«
    Ich nickte und zog mir die Sauerstoffmaske vom Gesicht.
    »Du hast Sauerstoff gebraucht, weil du zu viel Rauch eingeatmet hattest.«
    »Mir geht es gut. Lass uns nach Hause fahren.« Ich brauchte Ruhe, um über das Erlebte nachzudenken.
    »Du bist voller Glassplitter. Soll ich dich tragen?«
    »Nein.« Ich stand auf. Das Absacken des Adrenalinspiegels hatte mich in ein schwarzes Loch gestürzt, und ich erschauderte. »Wir müssen zurück zum Zug.«
    »Sie lassen niemanden mehr in die Nähe. Es sind Chemikalien ausgelaufen. Es nützt nichts, wenn wir uns weiter hier herumdrücken.« Tens half mir in den Rover. »Bleib bei mir, Meridian. Wir wissen nicht, welchen Einfluss die vielen Seelen auf dich hatten. Also bloß nicht einschlafen. Sprich mit mir.« Ich hörte, wie Tens einstieg und den Wagen startete. »Sprich mit mir!«, befahl er.
    »Etta. Sie sagt, ich soll die Lektion lernen«, murmelte ich.
    »Aha. Was hat sie sonst noch gesagt?« Er bog so schnell um die Kurve, dass ich gegen die Tür gedrückt wurde und ein Aufstöhnen nicht unterdrücken konnte. »Entschuldige. Was hat sie sonst noch gesagt?«
    Ich bemühte mich, die Augen offen zu halten, aber mein Verstand fühlte sich benebelt und benommen an.
    »Ein Geschenk. Das die Angst nimmt.«
    »Wirklich? Was weiter?«, rief er. Seine Stimme war sehr laut.
    »Ohne … mich … dazwischen … gefangen.«
    »Hä?«
    »Umarmen.« Meine Sprache konnte mit den Gedanken nicht Schritt halten.
    »Umarmen?«
    »Nein, umfangen.«
    »Umfangen?« Seine Ohrfeige holte mich in die Wirklichkeit zurück.
    »Ja. Perimo ist böse. Er hat Celia gestohlen.«
    »Halte durch, wir sind fast zu Hause.« Offenbar raste Tens wie ein Rennfahrer.
    Er bremste ruckartig und entschuldigte sich, als ich aufschrie. »Es tut mir leid.« Er trug mich ins Haus. »Wir wollen dich erst mal säubern.«
    »Gut. Es geht mir gut«, stieß ich mit schwerer Zunge hervor.
    Ich spürte Schmerzen und sanfte Hände. Doch die restliche Nacht ging in warmem Wasser und tröstenden Worten unter.

     
     
 
     
    Memento te mortalem esse sed vim in perpetuum durare. Vergiss nicht, dass du sterblich bist, aber die Energie ewig lebt.
     
    Luca Lenci

Kapitel 29
     
     
    Ich räkelte mich wie eine Katze in der Sonne, ohne die Augen zu öffnen. Mein Kopf war klar, mein Herz leicht. Ich schnupperte, roch den Rauch und rümpfte wegen des Gestanks die Nase.
    »Tut mir leid, noch keine Dusche.« Tens strich mir die Haare aus dem Gesicht. »Du bist wach.«
    Ich sah ihn blinzelnd an. »Richtig. Warst du die ganze Zeit bei mir?«
    »Du hast mehr als einen ganzen Tag geschlafen.«
    »Wie geht es Tante Merry? Welchen Tag haben wir?«
    »Sie schläft. Es ist Silvester.« Ich spürte, dass mehr hinter seinen Worten lag.
    »Was verschweigst du mir? Sie lebt doch noch, oder?«
    »Sie atmet.«
    »Ich will sie sehen und ihr alles erzählen.«
    »Klar, in einer Minute. Komm erst mal wieder richtig zu dir.«
    Ich rieb mir die Augen, wischte mir etwas Klebriges von der Wange und schnupperte daran. »Ist das Honig?«
    »Ja, die Tante sagt immer, das wirkt besser als jedes Antibiotikum. Außerdem fressen die Bären dann zuerst dich.« Er machte Platz, damit ich mich aufsetzen konnte. Ich versankfast in der Jacke eines Herrenpyjamas, die ich nicht kannte. »Das ist ein alter Pyjama von Charles. Ich dachte, etwas Enganliegendes wäre dir unangenehm. Abgesehen von ein paar kleinen Schnittwunden am Rücken, dem Riss an deiner Wange und aufgeschürften Knien ist dir nichts passiert.«
    »Okay.« Er war mir merkwürdig vertraut. So als wären wir weit hinter unsere Anfänge zurückgetreten und nun miteinander vereint.
    »Ich gehe jetzt duschen. Ich wollte dich nicht so lange allein lassen.« Seine dunklen Augenringe machten mir Sorgen.
    Ich nickte. Ich fühlte mich gestärkt, weil ich es ohne Tante Merry geschafft hatte, und war gleichzeitig traurig deswegen. »Custos?«
    »Sie ist schon fast wieder auf dem Damm. Heute Morgen wollte sie unbedingt nach draußen.«
    »Okay.«
    Tens öffnete die Zimmertür und schlüpfte hinaus.
    »Tens?«
    Er steckte den Kopf wieder ins Zimmer.
    »Danke.« Das Wort konnte nicht ausdrücken, was ich für ihn empfand. Er war so stark und zuverlässig und schien immer für mich da zu sein.
    Tens schenkte mir ein schiefes, freches Grinsen. »Schon gut.« Er

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