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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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dir wenigstens mal die Augenbrauen zu zupfen. In der Gesellschaft, die du mir vorziehst, mag es keine Rolle spielen, wie du aussiehst. Denen ist nur wichtig, dass du ein paar Scheine auf den Tisch legst. Aber ich mag es, wenn eine Frau ein bisschen Wert auf ihr Äußeres legt. Früher hast du das getan.»
«Da hatte ich auch noch keine Scheine, die ich auf den Tisch legen konnte», sagte Irene. «Und keine unverkäufliche Villa, aber ich werde sie los, verlass dich drauf. Dafür brauche ich deinen Vater nicht. Es gibt noch andere Makler, und die interessiert es garantiert nicht, ob meine Augenbrauen gezupft sind.»
Ob Gernot Brandes darauf noch etwas erwiderte, hörte Ulla Fendrich nicht mehr. An ihre Ohren drang nur noch Türenknallen und ein bisschen Babygeschrei. Irene brüllte:
«Du verfluchter Gernegroß, was bildest du dir ein? Warum bleibst du nicht endlich, wo du gerade herkommst, wenn du nur noch hier auftauchst, um Ärger zu machen? – Ist ja gut, Patrick, ist ja gut, ich komm ja schon.» Und dann war endlich Ruhe.

14. Kapitel
    Am Mittwochmorgen legte Ulla Fendrich sich schon kurz nach neun in die Sonne. Sie hatte sich in der ersten Hälfte der Nacht über die lauten Stimmen nebenan und über das offene Fenster geärgert. Aber wer schloss denn im Juli das Schlafzimmerfenster, wenn es nachts immer noch um die zwanzig Grad waren und man drinnen im eigenen Schweiß ertrank?
    Den Rest der Nacht hatte sie sich mit Kopfschmerzen geplagt, war erst gegen sechs am Morgen eingeschlafen. Und kurz nach acht aufgeweckt worden von lautem Geschrei auf der Straße, als die hysterische Ziege aus dem dritten Haus versuchte, ihren Nachwuchs auf den Rücksitz ihres Kleinwagens zu verfrachten.
    Gefrühstückt hatte Ulla Fendrich noch nicht, kein Appetit, immer noch Kopfschmerzen und Angst, dass der penetrante Druck im Schädel nicht nur auf die unruhige Nacht zurückzuführen war. Vor drei Monaten war sie zuletzt geröntgt worden, da hatte der Arzt gesagt, es sähe momentan sehr gut aus. Aber in drei Monaten konnte sich eine Menge tun.
    Sie döste vor sich hin. Ringsum war es still, auf drei Baustellen in unmittelbarer Nähe wurde seit Anfang der Woche nicht mehr gearbeitet. Bei Irene stand die Terrassentür offen. Unvermittelt hörte Ulla Fendrich den Staubsauger so deutlich, als würde er ihr quer durch den Schädel geschoben. Die Schmerzen wurden schlimmer. Das durchdringende Geräusch brach wieder ab. Sie hörte Irene mit dem Kind reden, ein wenig Gebrabbel und Gekrähe, wenn der kleine Patrick versuchte, seiner Mutter zu antworten.
    Dann klingelte nebenan das Telefon, der Apparat stand im Wohnzimmer. Ulla Fendrich hörte, dass Irene sagte: «Das habe ich mir gedacht. Dieser elende Mistkerl. – Nein, das will ich ganz genau wissen. Natürlich habe ich Zeit.»
    Sie hatte noch knapp zwei Stunden.
     
    Ein paar Minuten später kam sie die Außentreppe zum Keller hoch, das war kurz nach halb zehn. Mit dem rechten Arm presste sie einen gefüllten Wäschekorb gegen ihre Seite. Ihren Sohn hatte sie wie üblich auf der linken Hüfte sitzen, wo sie ihn mit dem Arm hielt. In der Hand trug sie zusätzlich einen zusammengeklappten Trockenständer.
    Sie setzte Patrick auf die von der Sonne gewärmten Fliesen, klappte mit routiniertem Griff den Ständer auseinander, warf einen Blick zum wolkenlosen Himmel hinauf und grüßte zu Ulla Fendrich hinüber. «Das ist ja ein traumhaftes Wetter heute. Da kriege ich bestimmt alles trocken.» Dann ein Lachen, während sie mit flinken Fingern ein paar Männerhemden aufhängte. «Die zweite Maschine läuft jedenfalls schon.»
    Ulla Fendrich wusste, dass Irene einen Wäschetrockner besaß. Aber den benutzte sie nur für die Kindersachen oder wenn es schnell gehen musste.
    «Wenn ich Sie so liegen sehe», sagte Irene, «könnte ich neidisch werden. Das ist mein Traum, mal eine Stunde ungestört in der Sonne liegen.» Sie lachte noch einmal und winkte ab. «Aber heute wird er wohl unerfüllt bleiben. Ich habe wieder volles Programm. Ein paar Sachen einkaufen muss ich auch noch.» Dann hob sie ihren Sohn vom Boden auf und ging durch die Terrassentür zurück ins Haus.
    Ulla Fendrich schloss die Augen. Es war angenehm in der Sonne, noch nicht zu heiß. Wenn die Schmerzen nicht gewesen wären und die Angst nicht, hätte sie es genießen können. Fast pünktlich um zehn drangen ganz schwach die Töne der Spieluhr zu ihr. Irene hatte ihren Sohn zu Bett gebracht, sein Zimmer lag zum Garten, und das

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