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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Ulla Fendrich war absolut sicher, dass Irene die Drückerin zu einem Kaffee eingeladen hatte, es hätten also mindestens zwei Tassen in der Maschine stehen müssen.
«Vielleicht mochte die Frau keinen», gab Merkel zu bedenken. «Es trinkt nicht jeder an einem warmen Tag auch noch heißen Kaffee. Da stand ja auch ein Glas.»
Kurt erzählte ihm, dass in einem der Küchenschränke ein Dutzend Geschirrtücher lag. Dass an zwei von den sauber gespülten Tassen und an den beiden Untertellern, die oben auf dem Stapel standen, winzige Fussel vor solch einem Tuch gefunden worden waren. Das LKA-Labor in Düsseldorf war diesmal sehr fix gewesen mit der Analyse. «Die beiden Tassen und Teller wurden von Hand gespült und zurück in den Schrank gestellt», sagte Kurt. «Irene hätte das nicht getan, Ziriak auch nicht.»
Merkel begriff zwar, worauf Kurt hinauswollte, aber das erschien ihm absurd. «Das hört sich an, als ob du jetzt die Drückerin verdächtigst», meinte er. «Ich denke, ihre Kleidung war sauber, als die Fendrich sie zurückkommen sah.»
Kurt nickte. «Wir nehmen an, dass sie sich umgezogen hat. Sie hatte eine große Tasche dabei. Die Nachbarin dachte, es wären Zeitungen drin. Aber Papier ist schwer. Eine große Tasche voller Zeitungen baumelt nicht mehr locker von einer Schulter. Es wird viel eher Ersatzkleidung drin gewesen sein, ähnlich der, die sie vorher getragen hat. Wenn ich vorhabe, mit einem Hammer und einem Messer auf einen Menschen loszugehen, rechne ich damit, dass ich mir die Kleidung verderbe. Und wenn ich anschließend wieder auf die Straße muss, treffe ich entsprechend Vorsorge.»
«Das ist doch Wahnsinn.» Merkel tippte sich an die Stirn.
«Wenn ich vorhabe! Ersatzkleidung! Eine Wildfremde. Das war doch kein Raubmord.»
Heinen räusperte sich einmal vernehmlich und übernahm das Wort.

35. Kapitel
    Es hatte an dem Mittwoch niemand in der Gartenstadt – außer Ulla Fendrich – eine Drückerin zu Gesicht bekommen. Die Frau war mit ihren Zeitschriften nur im Rosenweg aufgetaucht. Allerdings war sie zwei Straßen entfernt gesehen worden, als sie in einen kleinen, weißen Wagen gestiegen war.
    «Das ist ungewöhnlich», sagte Heinen. «Drückerkolonnen werden meist in Kleinbussen angekarrt. Leider haben wir von dem Wagen nur eine Beschreibung, keine Typenbezeichnung und kein Kennzeichen.»
    Merkel konnte nicht einmal mehr nicken. Sein Schädel summte vor Müdigkeit. Von einer Frau getötet. Eine Fremde, ein geplanter Mord! Und sein Arm klopfte wie verrückt, er drückte die rechte Hand gegen den Verband, spürte Feuchtigkeit, schaute Kurt an. «Aber es wurde doch nichts gestohlen. Meinst du, die Täterin ist gestört worden?» Beinahe hätte er sogar gesagt, von Ohloff gestört. Besser, er hielt das Maul, bis er wieder klar denken konnte.
    Kurt schüttelte den Kopf. «Es ging nicht um Geld, Hein. Oder besser gesagt, es ging um sehr viel Geld, um alles, nehmen wir an. Aber das ist nur eine Vermutung, beweisen können wir sie nicht.»
    Merkel begriff erst allmählich. Eine zierliche junge Frau. Ohloff hatte von einer gesprochen, die fast noch ein Mädchen war. Die Freundin von Brandes. Und jetzt saß Ohloff in der alten Gießerei, ans Lenkrad seines Kadetts gefesselt mit einer sehr dünnen und sehr reißfesten Schnur, von der er sich unmöglich befreien konnte. Etliche solcher Wunden am Bein. Danach überschlug es sich förmlich in Merkels Kopf. Nur einmal angenommen, Ohloff hatte ihm die Wahrheit gesagt.
    Er hatte ein Geräusch aus der Küche gehört, als er in die Diele kam. Die Nähmaschine? Nein! Die auf keinen Fall. Er hatte doch selbst festgestellt, dass die Maschine gar nicht zum Einsatz gekommen war. Ohloff musste etwas anderes gehört haben, vielleicht, wie Irene vornüberkippte oder vom Stuhl fiel. Er hätte ihn fragen müssen, um welche Zeit genau er ins Haus gekommen war. Wann, zum Teufel, hatte die Sonnenanbeterin gepennt? Kurt hatte es schon erwähnt, aber es fiel ihm nicht mehr ein. Und er wagte es nicht, noch einmal danach zu fragen.
    Dreimal verdammt! «Ich war’s nicht, Hein!» Vielleicht war Ohloff es wirklich nicht gewesen. Vielleicht war er tatsächlich nur in Panik geraten, als er Irene mit blutenden Wunden im Rücken auf dem Boden liegen sah. Verständlich, wenn man schon mal wegen solch einer Sache gesessen hatte. Sie lag neben dem Tisch, hatte Ohloff gesagt. Aber später hatte sie hinter der Tür gelegen. Ohloff hatte auch gesagt, dass er sie auch rufen gehört hatte.

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