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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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geritzt und dabei das Band gestreift. Ganz flüchtig dachte er, dass so eine große und verzweifelte Wut einem Menschen Bärenkräfte verleihen könnte. Das war natürlich Unsinn, der Dolch war einfach viel schärfer als angenommen. Er bückte sich, hob die Uhr auf. Mit einem Schnitt durchtrennt! Nun gut, es war ein dünnes Band und ziemlich abgewetzt vom ständigen Tragen. Das Glas der Uhr war zerbrochen, aber sie ging noch.
    Während er die Uhr in die Hosentasche steckte, spürte er den ersten Schmerz im Arm, ein heftiges Pochen. Er schaute sich die Wunde genauer an. Es war ein sehr tiefer Schnitt. Die Ränder klafften weit auseinander, dazwischen quoll das Blut nur so hervor, lief über seine Hand. Vor lauter Blut ließ sich nicht abschätzen, wie tief die Wunde nun tatsächlich war. Und er hatte nichts dabei, um sich zu verbinden. Aber Ohloff hatte vermutlich einen Verbandskasten im Auto.
    Nach einigem Suchen entdeckte Merkel unter dem Fahrersitz einen flachen grauen Metallkasten mit einem roten Kreuz auf dem Deckel. Er zog ihn heraus, klappte ihn auf. Glück gehabt, ein gutes Dutzend Mullpäckchen, etliche Kompressen, eine Schere, ein Röllchen Leukoplast, es war alles da, was da sein sollte, sogar die Einmalhandschuhe, die neuerdings Pflicht waren.
    Er nahm zwei Mullpäckchen, wickelte sie sich so gut es ging um den linken Arm, stopfte die losen Enden einfach unter die Umwicklung und setzte sich dabei bereits in Bewegung. Doch beim Hallentor drehte er noch einmal um. Er hätte nicht sagen können, was ihn dazu bewog. Vielleicht wollte er nicht, dass Ohloff auf die gleiche Art starb wie sie, in den nächsten Stunden oder über Nacht verblutete. Das wäre viel zu gnädig gewesen. Noch sollte er leben. Heute noch und morgen ein paar Stunden. Das würden die hässlichsten Stunden werden, die er jemals erlebt hatte, die hässlichsten und die letzten.
    Der offene Verbandskasten stand noch neben der Fahrertür. Merkel nahm ihn, ging damit zur anderen Wagenseite, stieg noch einmal ein und machte sich daran, Ohloffs Bein zu verbinden. Fünf Kompressen legte er auf die zerschnittene Hose, umwickelte sie mit drei Rollen Mull. Es war nicht so leicht, er musste das Bein jedes Mal anheben, um darunter durchzukommen. Und die linke Hand wollte nicht so recht. Seinen eigenen Verband verschmierte er dabei mit Ohloffs Blut. Es machte ihn wütend, weil er sich selbst anschließend auch noch einmal neu verbinden musste.
    Den grauen Kasten schob er unter das Auto. Bevor er ihn schloss, legte er den Dolch hinein, löste die Riemen vom Oberarm und legte die Scheide dazu. Dann prüfte er noch kurz die Handfesseln, sie saßen stramm. Es war nicht damit zu rechnen, dass Ohloff die winzigen, festen Knoten mit den Zähnen lösen konnte.
    Er bemerkte den Zündschlüssel, der immer noch im Schloss steckte, zog ihn ab und ließ ihn neben dem Wagen auf den Boden fallen. Dann nahm er seine Jacke, hängte sie sich lose über die Schultern und machte sich auf den Weg in die Stadt. Unterwegs begann es in seinem Arm heftiger zu klopfen. Der Mull war schon ganz durchtränkt. Er kümmerte sich nicht darum, zog alle paar Minuten die Uhr aus der Hosentasche und warf einen raschen Blick auf das Zifferblatt.
    Nach einer Viertelstunde hielt ein Auto neben ihm, ein Mann, etwa in seinem Alter, musterte ihn von oben bis unten und fragte, ob er einen Unfall gehabt habe. Merkel schüttelte den Kopf und erzählte etwas von einem Zusammenstoß mit zwei Halbstarken. Angesichts des verbundenen Arms klang es nicht sehr überzeugend, aber der Mann schluckte es und bot an, ihn mitzunehmen.
    Dankbar stieg Merkel ein, kam trotzdem erst nach halb sieben daheim an, zu spät, um noch rechtzeitig zum Dienst zu kommen. Er grübelte bereits, welche Entschuldigung er vorbringen konnte. Aber es war überflüssig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er wurde erwartet.
    Heinen empfing ihn auf seinem eigenen Bett sitzend. Es verschlug Merkel beinahe die Sprache. Noch bevor er sie wieder finden und sich über die Unverschämtheit beschweren konnte, so einfach in seine Privatsphäre einzudringen, erklärte Heinen: «Schönen Gruß von Herrn Seifert. Er muss Sie dringend sprechen. Ich warte schon seit einer Stunde auf Sie.»
    «Und wie sind Sie reingekommen?», erkundigte Merkel sich. «Ich hatte abgeschlossen.»
    «Die Hausmeisterin war so freundlich, mit dem Ersatzschlüssel auszuhelfen», erklärte Heinen.
Merkel presste die Lippen aufeinander und setzte an, seinen Protest

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