Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
Vom Netzwerk:
»Ich beherrsche keinen Zauber mehr! Und selbst als ich es konnte,
     war die Kunst des Veränderns mir noch neu. Ich könnte mich ebenso wenig in einen Hirsch verwandeln wie in einen Windhauch.«
    »Es gibt eine Möglichkeit. Auch wenn es um meine Magie geht und nicht um deine, kannst du daran teilhaben.« Er senkte sein
     großartiges Geweih. »Hier, nimm dein Schwert.«
    »Nein!«, rief Hallia und trat mit den Vorderbeinen. »Das kannst du nicht machen.«
    »Würdest du ihn lieber den ganzen Weg auf dem Rücken tragen? Ich habe es kaum geschafft, ihn vom Land der Zwerge bis hierher
     zu bringen. Bis zu Domnus Lager ist es viel weiter.«
    Er befahl mir: »Schneide einen meiner Sprosse ab. Ein glatter Schlag genügt.«
    Ich packte das Heft und zog das Schwert aus der Scheide. Es klirrte leicht wie eine gedämpfte Glocke. Ich zielte auf den Spross,
     der am weitesten von Eremons Kopf entfernt war, und schlug mit aller Kraft zu.
    Es blitzte und der Spross fiel zu Boden. Ein frischer würziger Duft wie in einer Waldlichtung erfüllte die Luft. Ich atmete
     tief und dachte an das Tannengehölz, das mir vor langer Zeit meinen Stock geschenkt hatte. Eremon hob einen Hinterhuf und
     stampfte schwer auf den Spross. Immerwieder. Als er schließlich aufhörte, blieb ein Häuflein silbriges Pulver zurück.
    Ich schob mein Schwert in die Scheide und kniete mich hin, um das Pulver genauer zu betrachten. Die winzigen Kristalle glitzerten
     im Licht.
    Eremons Vorderlauf stieß mich an der Schulter. »Wenn du das Pulver in deine Hände und Füße reibst, junger Falke, wirst du
     für einige Zeit die Kraft meines Volkes erlangen. Du kannst dich von einem Menschen in einen Hirsch verwandeln und wieder
     zurück, einfach indem du es dir wünschst.« Dann hörte ich eine Warnung aus seiner Stimme: »Aber denk daran, wenn du als Hirsch
     überleben willst, musst du nicht nur wie ein Hirsch aussehen, sondern auch wie einer denken.«
    Ich schluckte und fragte mich, was das bedeutete.
    »Und es gibt ein Risiko, das du verstehen musst. Die Kraft zur Verwandlung könnte drei Monate anhalten – oder drei Tage. Das
     lässt sich nicht voraussagen.«
    »Und wenn sie aufhört, während ich in Hirschgestalt bin?«
    »Dann bleibst du für immer ein Hirsch. Diese Gabe kann dir nie wieder gewährt werden, deshalb kann ich dir nicht helfen dich
     zurückzuverwandeln.«
    Einen Moment schaute ich ihm in die großen Augen. »Ich nehme die Gabe an. Und auch das Risiko.« Ich zog die Stiefel aus, verteilte
     das Pulver auf meinen Handflächen und rieb es gründlich in Füße und Hände.
    Eremon stieß mich mit dem Geweih in den Schenkel. »Vergiss kein einziges Zehengelenk.«
    Als ich schließlich fertig war, stand ich auf. »Wenn –falls – ich mich in einen Hirsch verwandle, was geschieht dann mit meinem Beutel? Und meinem Schwert?«
    »Der Zauber wird sie verbergen, solange du ein Hirsch bist, und sie wieder zum Vorschein bringen, wenn du ein Mensch bist.«
    »Dann bin ich bereit.«
    Hallia schnaubte laut durch die Nase. »Noch nicht ganz! Du solltest lieber   … deine Stiefel wieder anziehen. Sonst bist du barfuß, wenn du Menschengestalt annimmst. Und hast bald zahllose Blasen.«
    Ihr Ton ärgerte mich, doch ich gab keine Antwort.
    Eremon lachte leise und kehlig. »Jetzt lauf, junger Falke! Genieße deine Bewegung. Sei so geschwind wie der Bach dort drüben
     und so leicht wie der Wind.«
    Ich stapfte durchs Gras, meine nassen Stiefel schlugen schwer auf den Boden. Wasser platschte unter meinen Zehen. Ich brauchte
     Hallia nicht anzuschauen, um zu wissen, dass sie mich kritisch beobachtete.
    Ich rannte schneller, immer schneller.
So geschwind wie der Bach.
Ich beugte mich vor und ließ die Arme baumeln.
So leicht wie der Wind.
Meine Knie bogen sich zurück. Meine Schritte wurden sicherer, kräftiger. Mein Kinn streckte sich vor. Beide Hände – nein,
     etwas anderes – berührten das Gras. Mein Rücken streckte sich, auch mein Hals. Plötzlich sprang ich übers Feld.
    Ich war ein Hirsch.
    Mein geschmeidiger Schatten flog übers Gras. Auf meinem Kopf saß ein kleines Geweih mit zwei Sprossen auf einer Seite und
     drei auf der anderen.
Das ist nicht so schwierig
, sagte ich mir. Ich schaute über die Schulter und sah den schönen Hirsch und das Damtier neben dem eiligenBach. Ich beschloss zu ihnen zurückzulaufen und wendete scharf. Mein linker Hinterhuf schlug an die Innenseite meines rechten
     Vorderlaufs. Ich verlor das Gleichgewicht und

Weitere Kostenlose Bücher