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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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ihrem Westrand suchen.«
    Sie schwieg, ihre Unterlippe zitterte. »Deshalb   … bringe ich dich hin.«
    Mein Herz machte einen Sprung.
    »Es wird allerdings dauern, bis wir dort sind. Umso mehr, als wir nicht unsere Hirschgestalt annehmen können. Zu gefährlich
     wegen der Jäger vom Dorf.«
    Ich schaute ihr voll ins Gesicht. »Danke, Hallia.«
    »Es ist nur, was   … mein Bruder getan hätte.«
    »Dann lass uns gehen, solange noch Tag ist. Ich will nur noch das Feuer ausmachen.«
    Mit dem Stiefel zertrat ich die restliche Glut. Doch sobald ich den Fuß hob, schossen wieder Flammen hoch. Verwirrt betrachtete
     ich meinen Stiefel. Wieder versuchte ich das Feuer auszustampfen, wieder loderte es auf. Ich trat das größte der brennenden
     Holzstücke in eine nahe Flutlache. Es spritzte und zischte, brannte aber weiter. Dampf stieg auf und mischte sich mit der
     Luft.
    »Wir müssen gehen«, drängte Hallia. »Ich hoffe nur, wir gehen allein.«

XXII
EIN KALTER WIND
    H allia führte mich über die rutschigen muschelbeladenen Steine zu einer steilen Spalte am Fuß der nächsten Klippe. Dort fanden
     wir einen schmalen gewundenen Pfad, mit Staub bedeckt, der so schwarz wie die Klippen war. Wortlos folgten wir ihm eine Strecke
     landeinwärts, bevor wir uns auf einem weiteren Pfad nach links, auf einem dritten nach rechts wandten. Bald hatten wir so
     viele Abbiegungen hinter uns, dass ich völlig die Orientierung verloren hätte, wenn sich nicht ständig die Klippen vor uns
     getürmt hätten.
    Während wir uns zwischen den steilen Vorsprüngen und schwarzen Felsenhaufen durchschlängelten, achteten wir auf Anzeichen
     von Berggeistern. Allmählich blieben die Geräusche und Gerüche der See zurück. Der Pfad, dem wir folgten, weitete sich etwas.
     Links tauchte eine Kette von Stoppelfeldern auf, während rechts die dunklen Klippen aufragten, durch eine Reihe steiler, felsiger
     kleiner Hügel von uns getrennt. Die Sonne, teilweise von Wolken verhüllt, stand tief im Westen und warf goldene Strahlen auf
     das Gras mit den Braun- und Rottönen des Herbstes.
    An einem Feld, auf dem vier oder fünf Schafe grasten und sich von uns nicht stören ließen, blieb Hallia stehen. Aufmerksam
     musterte sie die länger werdenden Schatten. »Ich weiß nicht, was mich mehr beunruhigt«, sagte sieund schaute nervös von einer Seite zur anderen. »Die Abwesenheit von Geistern – oder die Anwesenheit von Menschen.«
    »Ich mache mir über etwas anderes Sorgen«, sagte ich niedergeschlagen. »Die Zeit! In nur drei Tagen muss ich Valdearg gegenüberstehen
     – mit oder ohne Galator. Selbst wenn mir dieses Orakel hilft den Anhänger zu finden, muss ich ihn immer noch irgendwie zurückbekommen.
     Und lernen, wie er zu gebrauchen ist.«
    Hallia schüttelte ihr loses Haar und fing an es mit den Fingern zu kämmen. »Und noch etwas, Merlin.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch.
    »Du musst zurück zum Land der Zwerge – und das ist kein Katzensprung. Auch wenn du, falls du willst, wie ein Hirsch laufen
     kannst, musst du immer noch mindestens zwei Tage für den Weg rechnen. Und dann bleibt dir nur noch ein Tag, den Galator zu
     finden.«
    Während ich über ihre Worte nachdachte, scharrte ich mit dem Stiefel auf dem Boden – demselben Stiefel, den ich benutzt hatte,
     als ich das Drachenbaby retten wollte. Der Versuch war mir misslungen. Würde es bei diesem ebenso sein?
    Plötzlich polterte ein Stein von den Klippen über uns herunter. Hallia sah auf. Sie zog ängstlich an ihrem Haar. »Die Geister   …«
    Ich hielt ihrem Blick stand. »Du weißt, dass du nicht weiter mitkommen musst. Du hast schon mehr getan, als ich von dir erbeten
     hätte.«
    »Ich weiß.« Sie richtete sich auf. »Trotzdem werde ich noch ein wenig länger bei dir bleiben. Bis zum Dorf. Aber dort muss
     ich dich verlassen.« Sie schaute hinauf zu denschattigen Klippen. »Und dir alles Glück wünschen, das es in diesem Land noch gibt.«
    Ich wollte ihr so gern sagen, wie dankbar ich ihr war. Und noch mehr, etwas jenseits der Worte. Doch meine Kehle versagte.
    Während sie sich weiter die zerzausten Haare kämmte, drehte sie sich um und ging langsam den Weg hinunter. Ich sah an ihr
     vorbei zu den kleinen Felshügeln und den rauchenden Spalten dahinter. Die Sonnenstrahlen, die durch die zunehmenden Wolken
     drangen, hatten sich von Gold zu Orange gefärbt, doch die Klippen wirkten dunkler als zuvor. Dunkler, als mein zweites Gesicht
     ergründen konnte.
    Schweigend

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