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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Wind schob uns die Straße entlang, die das Dorf umrandete, bevor sie weiter in das enge Tal führte. Noch mehr Wolken
     zogen auf und verdunkelten alles bis auf die nächsten Hütten. Schneller als erwartet wurde aus dem Regen ein Schauer und dann
     ein Platzregen. Donner hallte von den Felsen und dröhnte wie himmlische Hufe. Als wir das größere Gebäude erreichten, knallten
     Regenwände auf das Steindach. Die beiden Gestalten, die wir aus der Ferne gesehen hatten, waren schon hineingegangen und hatten
     die Brettertür einen Spalt offen gelassen.
    Nachdem ich mir das Wasser aus den Haaren geschüttelt und die Ärmel meiner Tunika ausgewrungen hatte, spähte ich hinein. Nicht
     viel zu sehen. Nur ein Torffeuer in der Feuerstelle, ein paar armselige Tische und Stühle und ein gebeugter, weißhaariger
     Mann, der aus einem anderen Raum kam. Hier war offenbar eine Art Schänke. Der Alte, der eine Kellnerschürze umgebunden hatte,
     hielt eine irdene Schüssel in den Händen. Aus dem Raum, den er verlassen hatte, brüllte ihm jemand nach – so laut, dass er
     fast die Schüssel fallen ließ. Unterwürfig nickte er undtauchte dabei die Spitzen seines hängenden Schnurrbarts in den dampfenden Inhalt.
    »Meine Suppe!«, rief ein Mann von einem Tisch am Feuer. »Bring endlich meine verdammte Suppe!«
    Eilig brachte der alte Kellner die Schüssel. Der Gast riss sie ihm aus den Händen, stemmte die Füße gegen die Wand neben dem
     Feuer und trank die Suppe in drei Schlucken. Dann warf er die Schüssel auf den Boden, wo sie in Stücke zersprang. Noch während
     der Alte sich nach den Scherben bückte, schrie der Mann ihn wieder an.
    »Hol mehr Torf für das Feuer, wird’s bald? Ich bin nass und friere, siehst du das nicht? Was ist das für ein Rattenloch von
     einer Schänke, in der die Gäste wie Leichen eingefroren werden?«
    Der Alte, dessen weißes Haar jetzt zerzaust war, ging mit den Schüsselscherben in der Schürze zum Nebenraum. Er stolperte
     an dem anderen Gast vorbei, der aus dem Regen hereingekommen war, jetzt in einer düsteren Ecke saß und an trockenem Fleisch
     nagte. Zwar verhüllte die Kapuze seines schwarzen Umhangs das Gesicht fast ganz, doch seine Haltung war so bärbeißig wie die
     des Mannes am Feuer.
    Ich sah Hallia stirnrunzelnd an und zog die Tür auf. Ihr Quietschen wurde von den Dissonanzen des Regens auf dem Dach übertönt,
     aber beide Männer wandten uns sofort die Köpfe zu. Auch wenn das Gesicht unter der Kapuze im Schatten blieb, konnte ich den
     scharfen Blick fast spüren. Hallia dicht hinter mir zögerte unter der Tür.
    »Beim Tod des Leichnams«, brummte der Mann am Feuer. »Macht die verdammte Tür zu!« Seine Augen undsein struppiger Bart schimmerten rot im Feuerschein. »Wollt ihr, dass ich mir eine Lungenentzündung hole?«
    Einen Augenblick sah Hallia aus, als wollte sie davonlaufen, doch sie trat herein und schloss die Tür. Ich wies auf einen
     roh gezimmerten Tisch am anderen Ende des Raums. Der andere Mann, von dessen schwarzer Kapuze noch der Regen tropfte, saß
     zwar nicht weit entfernt, aber er schien ein besserer Nachbar zu sein als der Grobian am Feuer. Während wir auf den Tisch
     zugingen, kam der Weißhaarige zurück, unter dem Gewicht einiger Torfklumpen noch tiefer gebeugt als zuvor. Er schaute uns
     kaum an.
    Plötzlich sprang der mit der Kapuze auf. Ein rostiger Degen funkelte in seiner Hand. Bevor ich noch mein Schwert ziehen konnte,
     trat er den Tisch um und stieß mich gegen Hallia. Wir fielen beide zu Boden.
    Der Mann in seinem schweren Umhang rannte an uns vorbei. Wir kamen gerade auf die Füße, da knallte die quietschende Tür zu.
     Ich lief ihm nach, zog die Tür auf und schaute die regennasse Straße entlang, über die Steinhütten und das trübselige Feld.
     Nirgendwo war eine Spur von ihm.
    Ich strich mir die nassen Haare aus der Stirn und sagte zu Hallia: »Er ist verschwunden.«
    »Warum hat er das nur gemacht?«, fragte sie erschrocken. »Wir haben ihn nicht bedroht.«
    »Ihr seid ihm zu nah gekommen, mein Liebes.« Das war der Weißhaarige, der seinen Torf abgeladen hatte. Immer noch duckte er
     sich so tief, dass seine runzlige Stirn Hallia nur bis zur Brust reichte. »Er wollte für sich sein, verstehst du.«
    Sie verzog das Gesicht. »Was für ein freundliches Dorf!«
    Der Alte lachte schnaufend auf. »So freundlich, mein Liebes, dass es noch nicht einmal einen richtigen Namen hat. So wenig
     wie sesshafte Bewohner, bis auf meinen Herrn,

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