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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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eine weitere Veränderung wahr. Das neblige Weiß des Bodens, das ich bei der Ankunft bemerkt hatte, vertiefte – und
     beschleunigte sich. Während ich hinschaute, wurde die Erde ständig heller, sie ging von braun zu grau mit milchig weißen Flecken
     über. Dann stockte mir der Atem. In den hellsten Flecken sah ich Anzeichen von Bewegung! Streifende Schatten, entstehende
     Gebilde . . . die Truppen von Rhita Gawr! Sie waren nah, sehr nah daran, durch den Eingang zu kommen.
    Ich sah zur Sonne. Schon senkte sie sich zum Horizont! Nur Minuten blieben noch. Schnell kletterte ich wieder auf den lebenden
     Stein, damit ich die umgebenden Hügel besser beobachten konnte. Ich dehnte mein zweites Gesicht aus bis zur Grenze und suchte
     nach irgendeinem Zeichen von Rhia oder anderen Verbündeten. Aber ich sah nur ein paar skelettartige Bäume, deren Umrisse rasch
     dunkler wurden.
    Keine weiteren Verteidiger von Fincayra. Noch nicht einmal Rhia. Ich schauderte, ich wusste, dass nur der Tod oder eine schwere
     Verletzung meine Schwester von diesem Ortfern halten konnten. Und ich schauderte wieder bei dem Gedanken, was uns alle erwartete, nachdem Rhita Gawrs Truppen in unsere
     Welt eingedrungen waren.
    In diesem Moment hörte ich einen fernen Schrei, der über dem Summen des vibrierenden Bodens kaum zu vernehmen war. Ich schaute
     gerade in dem Augenblick auf, in dem ein winziger schwarzer Punkt aus dem rosa getönten Himmel herabstieß. In Spiralen flog
     er herunter und wurde ständig größer. Ein weiterer Schrei ertönte, sein Echo kam so viele Male von den Hügeln, als würden
     sie ihm antworten. Bald schimmerten wuchtige Flügel im röter werdenden Licht, ebenso der breite Schwanz, der hakenförmige
     Schnabel und die mächtigen Krallen des Geschöpfs. Ein Cañonadler!
    Nicht weit hinter ihm segelten andere herunter, sie flogen einzeln oder in Paaren. Bald war der Himmel von ihren gebogenen
     Flügeln übersät. Auf parallelen Bahnen schwirrten die Adler zum Steinkreis. Als der Anführer auf einer der Säulen landete
     und sie fest mit seinen ausgestreckten Krallen umklammerte, schaute er mich an und schlug majestätisch mit den Flügeln.
    Ich verbeugte mich zum Gruß, mir klangen die Ohren von den Adlerschreien.
    Der lebende Stein unter mir bebte.
Sie erinnern sich an dich, junger Mann. Sie erinnern sich, wie du für sie gekämpft hast, als niemand sonst es wagte.
    Ich nickte, aber meine Stimmung blieb düster. Diese geflügelten Krieger waren tatsächlich starke Verbündete, aber sie waren
     nicht genug. Nein, nicht annähernd genug.
    Dann, als die übrigen Adler sich auf den Säulen niederließen, bemerkte ich etwas anderes in der Luft. Vögel – noch mehr von
     ihnen. Viel mehr! Vögel in allen Formen undGrößen verdunkelten den Himmel. Sie erinnerten mich an jene, die ich an der Küste der sprechenden Muscheln gesehen hatte,
     und ich fragte mich, ob sie sich damals wegen des jetzigen Ereignisses versammelt hatten. Als der riesige Schwarm näher kam,
     erkannte ich Kraniche, Eulen, Pelikane, Seeschwalben, Schwalben, Kormorane und Falken – allerdings wusste ich, dass der Falke,
     nach dem ich mich am meisten sehnte, der, dessen Feder auch jetzt in meinem Beutel lag, nicht unter ihnen war.
    Ein anderes Wesen, größer als ein Vogel, näherte sich aus dem Norden. Seine gezackten Flügel, der lange Hals und der massige
     Kopf bildeten einen Umriss, den ich unmöglich verwechseln konnte. Der Umriss eines Drachen. Gwynnia! Fincayras letzter Drache
     schloss sich uns an. Eine dünne Rauchfahne kam aus Gwynnias Nüstern, aber ich konnte nicht feststellen, ob sie tatsächlich
     gelernt hatte Feuer zu atmen. Ach, ebenso wenig wusste ich, wo Hallia sein mochte, denn sie ritt nicht auf dem Rücken des
     Drachen.
    Über die Hügel, die jetzt in Lavendelblau und Rosa gebadet waren, rasten die Schatten von Gwynnia und den verschiedenen Vögeln.
     Ich beobachtete, wie die Schatten mit den Konturen des Landes stiegen und sanken und dabei die Hänge verdunkelten wie zuvor
     den Himmel. Dann stockte mir der Atem. Nicht alle diese dunklen Formen auf dem Land waren Schatten!
    Hinter dem benachbarten Hügel galoppierte ein stolzer schwarzer Hengst hervor. Ionn! Und auf seinem Rücken Rhia! In den letzten
     Strahlen der Sonne, die einem großen roten Schild gleich am Horizont stand, leuchtete ihr blättriger Anzug wie ein Gewand
     aus Rubinen.
    Sie ritt den Hang herauf, die Hufe ihres Rosses schlugendie Erde wie eine Trommel.

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