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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Staub flog und verdeckte oft ihr Gesicht. Aber auf ihren Zügen las ich die rückhaltlose Entschlossenheit,
     die ich schon immer an ihr kannte.
    »Rhia!«, rief ich und winkte ihr vom Stein aus zu.
    Sie winkte zurück, während sie mit dem anderen Arm den nach ihr Kommenden, noch vom Nachbarhügel Verdeckten ein Zeichen gab.
     Zugleich streckte sich Scullyrumpus mit flatternden Ohren auf ihrer Schulter. Mit seiner schrillen Stimme schrie er:
    »Juuu-heee! Scullyrumpus Eiber y Findalair ist eeeendlich hiiier!«
    »Schau nur, Merlin«, dröhnte Shims gewaltige Stimme über mir. »Vielmächtige mehr kommen!«
    Hinter dem Hügel drängten Scharen von Geschöpfen hervor, Tiere jeder Farbe und Größe und Besonderheit. Sie gingen und stapften,
     krochen und flogen, glitten und trotteten über die Erde und stiegen den Hang zum Steinkreis hoch. Es gab Bären, Wölfe, Wildkatzen,
     Zentauren mit gestrecktem Rücken, Wassernymphen, schuppige Eidechsen, Hirsche und Rehe, großäugige Eichhörnchen, Füchse, Igel,
     viele Schmetterlinge, Mäuse, Schlangen, Spitzmäuse, einen dichten Bienenschwarm, Glyn-Matres, die nur alle sechshundert Jahre
     eine Mahlzeit zu sich nahmen, Pferde, Faune, Waldelfen und mindestens ein weißes Einhorn.
    Ich sah ein Paar Wydyrrschlangen, durchsichtig bis auf ihre zuckenden Zungen und die Schwanzspitzen; einen Gallerttroll, der
     schlaff über den Boden rollte und eine schimmernde Spur aus grünem Schleim zurückließ, sowie die legendären froschfüßigen
     Leute von der Nordküste der verlorenen Länder. Ich erkannte eine Gruppe von Hirschmenschen, die ihre schmalen Gesichter hochhielten
     – aber Hallia war nicht bei ihnen. Dann entdeckte ich zu meinerFreude die enorme, schwerfällige Spinne, bei allen als die große Elusa bekannt. Hungrig wie immer zerkaute sie etwas zwischen
     ihren massigen Kiefern, vielleicht die Reste eines Kriegergoblins, der dem Angriff entkommen war.
    In der Menge marschierten auch Männer und Frauen, Hunderte von ihnen. Ziemlich vorn schritt ein großer graumähniger Mann.
     Überrascht musterte ich ihn genauer. Es war tatsächlich Cairpré! Er konnte also doch nicht fernbleiben. Seine weiße Tunika
     leuchtete im Licht des Sonnenuntergangs, während er eine Gruppe anführte, die eine rhythmische Ballade sang.
    Viele weitere Menschen erkannte ich ebenso. Da war Honn, der Arbeiter mit nacktem Oberkörper, der mich einst auf meinem Weg
     zur Zerstörung des verhüllten Schlosses beherbergt hatte. Und dort – Pluton, der Bäckermeister, der mir geholfen hatte den
     wahren Namen meines magischen Schwerts zu finden. Selbst Bumbelwy war gekommen, der sauertöpfische Spaßvogel, der schließlich
     doch noch gelernt hatte einen Drachen zum Lachen zu bringen.
    Dann, hinter den Marschierern, folgte der aufregendste Anblick. Bäume, Dutzende und Aberdutzende, näherten sich stetig. Sie
     schlugen mit ihren ausgreifenden Wurzeln auf den Boden und wirbelten dicke Staubwolken auf. Mit ihren Ästen ruderten sie durch
     die Luft und knarrten und knackten im Chor. Eichen und Eschen, Weißdorn und Pinien, Zedern und Ebereschen zogen in gleich
     bleibendem Tempo über die Hügel.
    Wie ein Berg in Bewegung, wie eine Welle auf dem Land.
Ich schmunzelte vor mich hin. Rhia hatte also endlich eine Möglichkeit gefunden, die Bäume aufzuwecken.
    Mehrere Riesen stapften hinter dem wandernden Wald, ihre gigantischen Gestalten wurden von der sinkendenSonne beleuchtet. Sie schienen die Bäume vor sich herzutreiben und zusammenzuhalten, wie es ein Schäfer mit einer Schafherde
     macht. Eine Riesin trug einen Nasenring aus einem Wasserrad; eine andere hatte eine Steinkrone auf ihrem offenen gelben Haar;
     wieder eine andere winkte mit ihrer ungeheuren Hand Shim zu, der den Gruß erwiderte. Mir fiel auf, dass sie einen leichteren
     Schritt hatten als Shim und ihre haarigen Füße behutsam setzten; vielleicht um zu vermeiden, dass sich durch Erschütterungen
     die Wurzeln und Zweige der Bäume verwirrten.
    Ich schaute auf den Boden zwischen den Säulen. Fast ganz weiß! Seltsame Gestalten bewegten und vereinigten sich unter der
     Oberfläche. Inzwischen wurde die Luft wärmer – und drückender, stickiger. Selbst über dem Lärm der näher kommenden Fincayraner
     konnte ich das vibrierende Summen der zwei Welten hören, die gleich zusammenstoßen würden.
    Ich hob wieder den Blick und sah den Rand des aufgehenden Mondes, der über die fernen Hügel stieg. Plötzlich zog eine Masse
     finsterer,

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