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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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»Erinnerst du dich an den alten Zweizeiler?
Das Blatt, noch grün, muss eines Tages fallen. Viel Fr . . .
« Ein neuer Hustenanfall unterbrach ihn.
    Als er sich beruhigt hatte, sagte ich den Rest: »
Viel Freud, viel Leid bedeutet Leben allen.«
    Wieder zwang er sich zu einem Lächeln. »Du hast also doch noch . . . ein paar Verse gelernt, hm?«
    »Längst nicht genug«, antwortete ich. »Cairpré, bist du sicher? Es könnte wirken.«
    »Ich bin sicher, Merlin.« Er zog die buschigen Augenbrauen zusammen, als ihn ein Schmerz anderer Art überkam. »Ich wollte,
     ich könnte mich von Elen . . . verabschieden.«
    Schwermütig nickte ich.
    »Sie würde dir klar machen, dass du dich in Wirklichkeit nie verabschieden kannst.«
    »Ja.« Er grinste wehmütig. »Und dabei schrecklich . . . störrisch sein.« Er drehte den Kopf und schaute hinauf zum Vollmond,
     der am Nachthimmel strahlte. Einen langen Augenblick sagte keiner von uns etwas, während der Lärm der brutalen Schlacht um
     uns tobte.
    »Woran denkst du?«, fragte ich schließlich. »Machst du einen Vers?«
    »Du kennst mich gut.« Er schaute mich an. »Ich habe das richtige Wort gesucht, das sich reimt . . .« Seine schwache Hand hatte
     zu meiner gefunden. »Auf
Freund

    Ein Schluchzen stieg aus meiner Brust, ich konnte es nicht zurückhalten.
    »Du bist ein wahrer Magier, mein Junge . . . voller Größe.« Er blinzelte und versuchte sich auf mein Gesicht zu konzentrieren.
     »Und deine Größe kommt nicht von deinerMacht, die ungeheuer ist . . ., sondern von deinem mitfühlenden Herzen.«
    Ich schlug mit der Faust gegen die Steinsäule hinter uns. »Was für ein Magier bin ich, wenn ich nichts tun kann, um meinen
     Freund zu retten – oder mein Heimatland?«
    »Fincayra ist nicht verloren . . . noch nicht.«
    Ich betrachtete das Schlachtfeld ringsum und wusste es besser. Überall lagen Fincayras Verteidiger tot oder im Sterben; Angstschreie
     gellten mir in den Ohren. Die Geisterkrieger, besonders die Goblins, hauten unbarmherzig um sich ohne zu ermüden. Und trotz
     ihres Heldenmuts ließen die Fincayraner nach. Bis auf die Moorghule, die selbst unsterblich waren, würden die meisten, die
     bei Sonnenuntergang auf diesem Hang gestanden hatten, am Morgen tot sein. Und wer irgendwie den Angriff überlebte, den würden
     Rhita Gawrs Truppen in Kürze töten oder versklaven.
    Plötzlich versteiften sich Cairprés Kopf und Hals in meinem Schoß und ich schaute wieder auf ihn hinab. Seine Augen wirkten
     stumpf, sein Atem angestrengt.
    »Merlin . . .«, krächzte er schwach, hielt dann inne und bewegte seine Zunge. »Ich hoffe . . . ach, lass. Ich war nie sehr
     gut . . . beim Schluss.«
    Er schloss die Augen. Die Schlacht wütete um uns herum, aber ich hörte nichts als das Echo auf den letzten Zweizeiler des
     Dichters.
Das Blatt, noch grün, muss eines Tages fallen.
    Dann vernahm ich von der Seite einer hochragenden Säule neben uns eine andere Stimme. Eine, bei der meine vernarbten Wangen
     brannten. Ich wusste, es war die Stimme von Rhita Gawr.

XXXIII
EIN FERNES HORN
    S o ein Jammer, aber, aber, einen Freund zu verlieren«, sagte Rhita Gawr mit einer Stimme, die vor spöttischer Teilnahme triefte.
     »Na ja, das gehört einfach zum Leben, nehme ich an.«
    Wütend sprang ich auf und stellte mich vor den großen breitschultrigen Mann, der geredet hatte. Selbst inmitten des Schlachtgetümmels
     wirkte er außerordentlich ruhig und gelassen. Er trug eine hellblaue Tunika ohne den geringsten Schmutzfleck, die im Mondlicht
     in elegante Falten fiel. Sein Haar, schwarz wie meines, war perfekt gescheitelt und gekämmt. Selbst seine Augenbrauen sahen
     makellos gepflegt aus. Nur seine unbestimmt leeren Augen und die zornige Linie seines Mundes verrieten seine wahre Natur.
    »Du weißt nichts vom Leben«, fuhr ich ihn an.
    Lässig befeuchtete er zwei Fingerspitzen. »Sterbliches Leben, ja«, antwortete er hämisch. Er fuhr sich mit den Fingerspitzen
     über eine Braue. »Aber was ist das schon im Vergleich zum Leben eines unsterblichen Geistes?«
    Ich richtete mich auf. »Alles.«
    Er strich sich immer noch über die Braue und sagte wieder mitleidig: »Wie traurig, mein lieber Zauberer, dass du den Unterschied
     noch nicht erfahren hast. Traurig für dich. Und auch traurig für deine Freunde.« Er deutete auf die Leiche Cairprés zu meinem
     Füßen und dann auf das zunehmende Gemetzel um uns herum. Überall lagen zerfetzteGestalten über den Steinen des Kreises

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