Merlin und die Fluegel der Freiheit
hat?«
»Es ist unsere einzige Hoffnung«, beschwor ich sie.
»
Eure
einzige Hoffnung! Das Volk von Urnalda wird sehr gut überleben.«
Ihr Gesicht entspannte sich, dann zeigte es tiefe Sehnsucht. »Eines Tages sein mein Volk wahrhaft frei von Verfolgung und
muss keine Tunnel und Verteidungsanlagen mehr bauen. Dann legen wir ein großes Amphitheater aus Stein an, das offen sein für
Luft und Himmel. Das Amphitheater von Urnaldas Volk! Ich will das seit mehr Jahren, als du lebst, Merlin! Ein Ort, wo ich
alle meine Leute auf einmal sehen kann, ein Ort für meine wöchentlichen Ansprachen und für dramatische Stücke zu meinen Ehren.«
Plötzlich fuhr sie aus ihrer Träumerei. Wütend stampfte sie auf den Boden, so dass es durch die Steine des Raums dröhnte und
den Fels zu erschüttern schien, der sekundenlang vibrierte. »Geh und rede mit den Riesen, diesen Dummköpfen mit den haarigen
Füßen, über das Kämpfen mit dir! Sie sein gefährlich und fast so schrecklich zu den Zwergen wie Menschen. Aber sie sein dumm,
sehr dumm, deshalb sein du vielleicht erfolgreicher.«
Finster schlug ich mit der flachen Hand an die Steinwand. »Du bist es, Urnalda, die dumm ist! Und stur – so unbeweglich wie
diese Steine. Glaubst du wirklich, du kannst Rhita Gawr entkommen, nachdem er das Land oben in Besitz genommen hat? Dein unterirdisches
Reich wird so leicht zerstört sein wie ein Schmetterlingsflügel in seiner Hand.«
Die Augen der Zauberin strahlten so hell wie die Fackeln. »Nie werde ich mich mit Menschen verbünden. Nie.«
Ich unterdrückte meinen Zorn und beschloss es ein letztes Mal zu versuchen. »Bitte. Ich weiß, wie sehr du dich um das Wohlergehen
deines Volkes kümmerst. Ich habe viele Geschichten darüber gehört, wie viel du für sie in deiner Regierungszeit getan hast.
Um ihretwillen musst du es dir noch einmal überlegen.«
»Du schmeichelst mir, Zauberer«, gab sie giftig zurück. »Du sein ahnungslos über meine Regierungszeit. Meinen Zwergen sein
verboten von solchen Dingen zu deinesgleichen zu reden.«
»Nein, ich bin aufrichtig. Mein Freund Shim, ein Riese, der eine Zeit lang unter deinem Volk lebte, hat mir viele Geschichten
erzählt. Und er . . .«
»Sein ein Verräter und Spion!« Sie drückte ihren Stab so fest, dass dünner Rauch aus den Runen daran stieg. »Vonallen Riesen sein er der Schlimmste. Hat sich als einer aus Urnaldas Volk maskiert! Wenn er je wieder mein Reich betritt,
sein er sofort getötet.« Sie schnitt wieder eine Grimasse. »Wir sein bereit für ihn, oh ja, wenn er so töricht sein zurückzukommen.«
»Du hast Unrecht, was ihn angeht«, sagte ich aufgebracht. »Und Unrecht, was das Beste für dein Volk ist! Verstehst du denn
nicht? Ich versuche dich vor der schlimmsten Gefahr zu warnen, die uns je bedroht hat.«
Urnalda sah mich nur wütend an. »Dir geht es besser, Merlin, wenn du über andere Gefahren besorgt sein. Wie über deinen schwertarmigen
Freund.« Ihre Augen funkelten merkwürdig. »Er sein näher, viel näher, als du weißt.«
Bevor ich fragen konnte, was sie meinte, schlug sie die dicken Handflächen zusammen. Die Steine unter meinen Füßen fingen
an zu zittern, dann heftig zu beben. Staub stieg aus den Ritzen. Ich sprang in dem Moment zur Seite, in dem sich der Boden
zu einem schmalen Spalt öffnete. Zu meiner Überraschung stiegen mein Stock und mein Schwert aus den Tiefen durch die Öffnung
zu mir herauf. Ich griff sofort danach, die Zauberin sollte ihre Meinung nicht ändern können.
Während ich mein Schwert in die Scheide steckte, knurrte ich: »Du magst stur sein, aber wenigstens stehst du zu deinem Wort.«
»Mehr als die meisten deiner Art«, gab sie zurück. »Ehre! Das sein eines Tages das Thema meiner ersten Rede an mein ganzes
Volk, wenn mein großes Amphitheater gebaut sein.« Sie runzelte die Stirn. »Wann immer das sein.«
Ihre Wurstfinger trommelten auf das Holz ihres Stabs. »Du sein ein Narr, Merlin, aber auch du sein ehrenwert. Du hast meine
Frage beantwortet, wie ich gehofft habe. Selbstwenn du mich beleidigst! Das sein mein Grund, deine Wunden zu heilen, obwohl du fast verblutet sein. Und so schwach, dass
Urnalda viele Tage brauchte, bis deine Kraft zurück sein.«
Bestimmt wurde ich blass. »Viele Tage?« Ich beugte mich zu ihr und fragte: »Wie viel Zeit haben wir noch bis zur längsten
Nacht?«
»Sieben Tage, junger Zauberer, vom nächsten Sonnenuntergang an. Dann finden wir die Wahrheit
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