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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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während Shim die Kinder einsammelte.
     Ich bat sie einige Flaschen Apfelsaft zu holen, den Rest aber für später aufzuheben.
    Dann kümmerte ich mich um die Beerdigung. Wieder bat ich Shim um Hilfe und mit einer einzigen Handbewegung grub er ein tiefes
     Loch in den Sand am Fuß der Düne, wo Stangmar uns zu Hilfe gekommen war. Während meine Mutter und ich den schweren blutbefleckten
     Körper in die Grube senkten, kämpfte ich mit einem anderen, viel schwereren Gewicht – meinen quälenden Gefühlen. Wie hatte
     er erwarten können, dass ich ihm verzieh? Und doch hatte meine Mutter es trotz allem Leid, das sie erlebt hatte, getan. Warum
     konnte ich es dann nicht?
    Als ich mich über Stangmars Grab beugte und den letztenSand darüber glättete, klopfte Shim mir mit seinem riesigen Finger auf den Rücken, dass es mich umwarf. Ich wälzte mich herum,
     spuckte Sand und schaute zu ihm auf.
    »Ich gehen jetzt, Merlin.« Er wies mit dem Arm, so kräftig wie einer der Bäume, die er für das Floß entwurzelt hatte, nach
     Osten. »Aber ich sehen dich bald. In nur drei Tagen beim Steinkreis.«
    »Bleib noch diese Nacht, Shim«, bat ich und wischte mir mit dem Ärmel Sand von der Zunge. »Du kannst doch am Morgen gehen,
     wenn wir wegfahren.«
    »Nein«, antwortete er mit einem mächtigen Gähnen. »Da sein etwas, das ich schon seit langer Zeit tun wollen.« Er verzog den
     breiten Mund zu einem seltsamen Lächeln. »Seit sehr langer Zeit.«
    Ich nahm an, dass er seinen lang ersehnten Schlaf meinte, bei dem er nicht von Kindern gestört werden würde, die auf ihm herumkrabbelten,
     und nickte. »Viel Glück, mein Freund.«
    »Auch für dich.« Zweifelnd betrachtete er das beinahe vollendete Floß. »Du sein immer noch voller Verrücktheit, Merlin.«
    »Das werde ich immer sein.« Ich grinste. »Jetzt vergiss nicht deinen Hut dort drüben am Strand.«
    Shim bewegte den massigen Kopf von einer Seite zur anderen. »Die Kinder spielen so gern mit ihm.« Er schaute zu der Gruppe
     von fünfzehn oder zwanzig, die abwechselnd vom Hutrand ins seichte Wasser sprangen, sich voll spritzten und ausgelassen schrien.
     »Ich sein glücklich ihn dazulassen.«
    Ich grinste noch breiter. »Du wirst ihnen fehlen, wenn du weg bist.«
    »Ach, ich haben den meisten schon Wiedersehen sagen.«Er blinzelte mir zu und senkte die Stimme zu einem Flüstern in Sturmstärke. »Ich verschwinden sowieso sehr heimlich. So leise,
     dass niemand es merken.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch, aber er hatte sich schon abgewandt. Er trat über die Düne und seine Schritte donnerten durchs
     Überschwemmungsgebiet. Ein paar Dutzend Kinder sahen ihn gehen, rannte die Dünen hinauf, winkten und riefen ihm nach. Dort
     blieben sie und lärmten fröhlich, bis das Echo seiner schwerfälligen Schritte längst verklungen war.
    Als ich aufstand und mir Sand von den Knien wischte, verschlug mir ein jäher Gedanke den Atem. Und wenn Shim gar nicht die
     Absicht hatte, einen stillen Fleck zum Schlafen zu finden, sondern auf der Suche nach Urnalda ins Zwergenreich ging? Vor Stunden
     hatte er davon gesprochen, sie um ihre Unterstützung zu bitten – und meine Warnung war unterbrochen worden. Er würde direkt
     in ihre Todesfalle gehen!
    In heller Aufregung lief ich die nächste Düne hinauf, ich stolperte vor Eile. Atemlos stand ich oben und hoffte ihn noch zu
     sehen, ihn irgendwie zu warnen. Aber ich sah nur eine ausgedehnte Fläche mit dürrem Gras und Sumpflöchern, von der sinkenden
     Sonne düster violett gefärbt.
    Ich knirschte mit den Zähnen und kickte den Sand auf. Wenn es je eine Zeit zum Fliegen gab, dann jetzt! Nein – das war eigentlich
     eine Zeit zum Springen. So könnte ich in einem kurzen Augenblick bei Shim sein, ihn warnen und zurückkommen, bevor jemand
     auch nur wüsste, dass ich weg gewesen war. Doch das war völlig ausgeschlossen.
    Ich schüttelte trübsinnig den Kopf. Die morgige Reise mit den Kindern schien jetzt, wo sie unmittelbar bevorstand, fast ebenso
     schwierig. Ich drehte mich um und betrachteteden Strand, auf den jetzt rotes und violettes Licht fiel.
    Jungen und Mädchen waren überall, warfen Steine ins flache Wasser, buddelten sich im Sand ein, tobten auf Shims Hut herum.
     Zwei Jungen rauften sich beim Floß und meine Mutter zog sie auseinander. Mehrere Kinder hatten sich um Lleus Feuer versammelt,
     das munter brannte und turmhohe orange Flammen gegen die dunkelblaue Nebelwand hinter dem seichten Wasser aufsteigen ließ.
     Ich

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