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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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sie mich so enttäuscht hatte, war ich erleichtert. Natürlich nicht, weil ich ihre Gesellschaft brauchte. Ich wollte
     einfach, dass sie Zeugin der Dankbarkeit und Bewunderung war, die mir wahre Freunde bald zollen würden.
    Ich drehte mich nach ihr um. »Du hast also beschlossen mitzukommen.«
    Finster schüttelte sie den Kopf. »Du brauchst immer noch einen Führer.«
    »Ich werde mich nicht verirren, falls du das meinst.«
    Sie verzog nur das Gesicht.
    Ohne ein weiteres Wort ging ich den Hang hinunter,meine Absätze gruben sich in den Boden. Rhia blieb still wie ein Schatten hinter mir. Als wir die Ebene erreichten, legte
     sich der Wind. Nebel lag in der schwülen Luft, zugleich stach die Sonne auf uns herunter. Wenn ich mir jetzt die Augen wischte,
     dann weil der Schweiß darin brannte.
    Den ganzen langen Nachmittag zogen wir schweigend weiter. Immer wieder, wenn die Felder trocken und ausgedörrt waren, klimperte
     ich ein bisschen und ließ grünes Gras, plätschernde Bäche und allerlei wieder geborenes Leben zurück. Doch während die Sonne
     weiter unsere Rücken wärmte, konnte sie nichts für unsere Laune tun.
    Endlich sah ich einen vertrauten Hang, der von einem tiefen Einschnitt gespalten war. Darin lag eine graue Steinhütte, als
     wäre sie aus den Felsen und der Erde des Hügels gewachsen. Sie war von einer verfallenen Mauer umgeben, dahinter wuchsen ein
     paar schlaffe Ranken und schmächtige Obstbäume. Es war wirklich ein bescheidener Garten. Doch in den Tagen vor dem Fall des
     verhüllten Schlosses hatte er wie eine Oase mitten in den verdorrten Ebenen gewirkt.
    Wie überrascht meine alten Freunde T’eilean und Garlatha sein würden, wenn ich ihrem dürftigen Garten unendliche Fülle bescherte!
     Ihr Dank würde keine Worte finden. Vielleicht wäre sogar Rhia endlich beeindruckt. Jenseits der Mauer im Schatten einiger
     belaubter Äste konnte ich zwei weiße Köpfe erkennen. T’eilean und Garlatha. Nebeneinander beugten sie sich über ein Beet mit
     strahlend gelben Blumen, ihre Köpfe bewegten sich auf und nieder im Takt einer Musik, die nur sie hören konnten.
    Ich lächelte bei dem Gedanken an das wunderbare Geschenk, das ich für sie hatte. Als ich sie das letzte Mal auf meinem Weg
     zum verhüllten Schloss gesehen hatte, war ich nichts als ein zerlumpter Junge gewesen, der kaum hoffte den Tag zu überleben.
     Sie hatten nicht erwartet mich je wieder zu sehen. Auch ich hatte nicht mit meiner Rückkehr gerechnet. Ich ging schneller,
     Rhia ebenfalls.
    Bevor wir zwanzig Schritte von der zerfallenden Mauer entfernt waren, hoben beide gleichzeitig die Köpfe wie Hasen auf einer
     morgendlichen Wiese. T’eilean war zuerst auf den Beinen. Er streckte Garlatha die große, zerfurchte Hand entgegen, doch sie
     winkte ab und stand ohne seine Hilfe auf. Sie sahen uns entgegen. T’eilean strich seinen widerspenstigen Bart, Garlatha beschattete
     die Augen. Ich stieg über die Mauer, Rhia folgte mir. Trotz des Gewichts der Harfe auf meiner Schulter hielt ich mich so aufrecht
     wie möglich.
    Die Falten in Garlathas Gesicht verzogen sich zu einem freundlichen Lächeln. »Du bist zurückgekommen.«
    »Ja.« Ich drehte mich, damit sie die Harfe sehen konnten. »Und ich habe euch etwas mitgebracht.«
    T’eilean runzelte die Stirn. »Du meinst, jemanden.«
    Rhia trat vor. Ihre graublauen Augen leuchteten beim Anblick der beiden alten Gärtner vor ihrer einfachen Hütte. Ohne zu warten,
     bis sie vorgestellt wurde, nickte sie grüßend.
    »Ich bin Rhia.«
    »Und ich bin T’eilean. Das ist meine Frau seit siebenundsechzig Jahren, Garlatha.«
    Die weißhaarige Frau verzog das Gesicht und trat nachseinem Schienbein, das sie knapp verfehlte. »Achtundsechzig, du alter Narr.«
    »Tut mir Leid, mein Herz. Achtundsechzig.« Er trat einen Schritt zurück, bevor er hinzusetzte: »Sie hat immer Recht, weißt
     du.«
    Garlatha schnaubte. »Sei froh, dass du Gäste hast, sonst würde ich mit meinem Pflanzenheber auf dich losgehen.«
    Ihr Mann warf einen Blick auf den Pflanzenheber, der halb vergraben im Blumenbeet lag, und schwenkte den Arm wie ein verspielter
     junger Bär. »Wieder hat sie Recht. Wenn mich nicht gelegentliche Gäste beschützen würden, hätte ich kaum so lange überlebt.«
    Rhia unterdrückte ein Lachen.
    Garlatha griff liebevoll nach T’eileans Hand. Einen stillen Augenblick standen sie nebeneinander, so grau wie die Steine ihrer
     Hütte. Überall um sie herum zitterten sanft die Blätter,

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