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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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will dir nur helfen.«
    Meine Wangen brannten. »Mir helfen? Hast du mir deshalb letztes Mal davon abgeraten, zum verhüllten Schloss zu gehen? Oder
     warum hast du mir nicht gesagt, dass Stangmar mein Vater ist?«
    Der Dichter verzog das Gesicht. »Ich habe dir nichts über deinen Vater erzählt, weil ich fürchtete, dass eine so schreckliche
     Wahrheit dich für immer verwunden würde.Dass du Selbstzweifel bekommen oder dich sogar hassen würdest. Vielleicht habe ich mich darin geirrt, wie ich mich geirrt
     habe, als ich glaubte, du könntest das Schloss nicht zerstören. Aber diesmal irre ich mich nicht! Geh zurück zu den dunklen
     Hügeln.«
    Ich schaute zu den Stadttoren hinüber. Im Schatten waren sie jetzt so dunkel wie Grabsteine. »Zuerst gehe ich zum Strand der
     sprechenden Muscheln.«
    Bevor Cairpré antworten konnte, räusperte sich Bumblewy und brachte dadurch seine vielen Kinne zum Zittern. Dann zog er mit
     dramatischer Geste seinen Umhang um sich. »Ich komme mit.«
    »Was?«, rief ich. »Das will ich nicht.«
    »Zu wahr, zu wahr, zu wahr. Aber ich komme trotzdem mit.«
    Cairprés dunkle Augen funkelten. »Du wirst deine Entscheidung noch früher bereuen, als ich dachte.«

VI
DURCH DIE NEBEL
    B umbelwy mit seinen scheppernden Glocken blieb bei mir wie der saure Geschmack, den man noch lange nach dem Biss in eine faule
     Frucht im Mund behält. Nur kann man sich nach einem solchen Bissen den Mund spülen. Bumblewy wurde ich nicht los, egal was
     ich sagte oder tat. Obwohl ich so schnell wie möglich ging und noch nicht einmal anhielt, um die Harfe zu zupfen, konnte ich
     seiner Anwesenheit nicht entfliehen.
    Er folgte mir durch die Tore von Caer Neithan hinaus, Cairpré sah uns schweigend nach. Er folgte mir bis lange nach Einbruch
     der Dunkelheit über die Höhen und Senken der Ebenen, lagerte mit mir neben einer alten Weide und wanderte mit mir am nächsten
     Tag weiter durch die brütende Sonnenhitze. Er folgte mir bis zu dem großen tosenden Wasserlauf, den ich als den unaufhörlichen
     Fluss kannte.
    Die ganze Zeit murrte er über die Hitze, die Steine in seinen Stiefeln und das schwere Leben eines Spaßmachers. Als wir uns
     dem Fluss näherten, fragte er mich mehrmals, ob ich sein berühmtes Rätsel über seine Glocken hören wollte, er versprach, dass
     es meine Laune heben würde. Immer, wenn ich ihm sagte, ich hätte keine Lust, sein Rätsel zu hören – oder, was das anging,
     seine Glocken   –, schmollte er nur ein bisschen und fragte mich dann erneut.
    »Oh, aber das ist eine königliche, fantastische
Sensation
von einem Rätsel«, behauptete er. »Eines Raters regelrechtes Rätsel. Nein, umgekehrt. Verflixt, ich habe es wieder vermasselt!
     Es ist ein regelrechtes Raterrätsel. So, jetzt stimmt es. Komisch ist es. Und weise.« Er schwieg und sah noch trübsinniger
     aus als sonst, dann fuhr er fort: »Es ist das einzige Rätsel, das ich kenne.«
    Ich schüttelte den Kopf und ging weiter. Als wir an die steilen, steinigen Ufer des unaufhörlichen Flusses kamen, schäumten
     unter uns donnernde Stromschnellen. Der Gischt stieg hoch in die Luft und ließ Regenbogenbrücken im Sonnenlicht schimmern.
     Das Rauschen und Donnern wurde so laut, dass ich zum ersten Mal seit der Stadt der Barden Bumbelwys Glocken nicht mehr hörte.
     Auch nicht sein Flehen, das Rätsel stellen zu dürfen.
    Über das Brausen des Flusses rief ich ihm zu: »Ich habe noch einen weiten Weg vor mir, bis zur südlichsten Küste. Den Fluss
     zu überqueren wird gefährlich. Du solltest jetzt umkehren.«
    Niedergeschlagen rief er zurück: »Du willst mich also nicht dabeihaben?«
    »Nein!«
    Seine sechs Kinne legten sich in traurige Falten. »Natürlich willst du mich nicht dabeihaben. Niemand will mich.« Er starrte
     mich einen Moment an. »Aber ich will bei dir sein, du glücklicher Junge.«
    Ich war verblüfft. »Glücklich? Das bin ich ganz bestimmt nicht! Mein Leben besteht nur aus Enttäuschungen, aus einem Verlust
     nach dem andern.«
    »Das weiß ich«, behauptete er. »Deshalb brauchst du einen Spaßmacher.« Er runzelte besorgt die Stirn. »Derdich zum Lachen bringt.« Er räusperte sich. »Übrigens, habe ich dir je mein Rätsel über die Glocken erzählt?«
    Wütend schwang ich meinen Stock nach seinem Kopf. Er duckte sich noch tiefer als sonst. Der Stock streifte seinen Umhang.
    »Du bist kein Spaßmacher!«, schrie ich. »Du bist ein Fluch! Ein elender Fluch.«
    »Nur zu wahr, zu wahr, zu wahr.«

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