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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Wie eine Katze hatte es sich zu einem kleinen Ball zusammengerollt und schnurrte leise. Anders
     als eine Katze hatte es eine spitze Schnauze mit weichen Barthaaren und zwei papierdünne Flügel, die auf dem Rücken gefaltet
     waren. Die zarten Flügel flatterten bei jedem Schnurren.
    »Ist er nicht hübsch?« Rhia hielt sich an der Felswand fest. »Sharrs werden nur an hohen, felsigen Stellen wie hier gefunden.
     Ich habe bisher erst einen gesehen, weit von hier. Sie sind sehr scheu.«
    Beim Klang ihrer Stimme öffnete der Sharr die blauen Augen. Er spannte die Muskeln und beobachtete sie aufmerksam. Dann schien
     er sich zu beruhigen und schnurrte wieder. Langsam wechselte Rhia den Tritt. Dann hielt sie sich mit einer Hand an dem bröckelnden
     Fels fest und streckte die andere nach dem Tier aus.
    »Vorsicht«, warnte ich. »Fall nicht.«
    »Psst. Du erschreckst ihn.«
    Der Sharr bewegte sich etwas, er stellte die pelzigen Pfoten auf den Stein, als wollte er gleich aufstehen. Jede Pfote hatte
     vier kleine Zehen. Als Rhias Hand sich seinem Gesicht näherte, wurde sein Schnurren lauter.
    Da bemerkte ich etwas Sonderbares an den Pfoten. Zuerst konnte ich nicht genau sagen, was es war. Aus irgendeinem Grund waren
     sie ein bisschen . . . ungewöhnlich.
    Plötzlich wusste ich es. An den Zehen waren Schwimmhäute wie an den Füßen einer Ente. Warum hatte ein Tier der hohen Felsschluchten
     Schwimmhäute an den Füßen? Da begriff ich.
    »Nicht, Rhia! Es ist ein Wechselgeist!«
    Doch noch während ich schrie, fing der Sharr an sich zu verändern. Blitzschnell verschwanden die Flügel, die blauen Augen
     wurden rot, das Fell bekam Schuppen und der Katzenkörper verwandelte sich in eine Schlange mit Dolchzähnen. Es knisterte,
     als er wie eine Schlange, die sich häutet, eine brüchige, durchsichtige Haut abwarf. Rhia hörte meinen Schrei und hatte gerade
     noch Zeit, sichzu ducken, bevor die Schlange mit aufgerissenen Kiefern und ausgestreckten Krallen auf ihr Gesicht lossprang. Mit wildem Kreischen
     flog der Angreifer über Rhias Kopf und stürzte tief in den Abgrund.
    Obwohl die Kiefer Rhia verfehlten, hatte der Wechselgeist ihr mit dem Schwanz über die Wange geschlagen. Rhia verlor das Gleichgewicht
     und ihren festen Tritt. Einen Augenblick hing sie mit einer Hand an dem Vorsprung und schaukelte gefährlich hin und her. Dann
     bröckelte der Stein unter ihrer Hand ab. Sie fiel direkt auf Bumbelwy.
    Der schlaksige Spaßmacher heulte auf, er klammerte sich an die Felswand, seine Finger wurden weiß. Doch er schaffte es irgendwie,
     nicht loszulassen und Rhias Sturz aufzuhalten. Aber sie hing kopfüber auf seinem Rücken und mühte sich auf die Beine zu kommen.
    Ich sah es von oben und rief: »Halt durch, Bumbelwy!«
    »Ich tu mein Bestes«, stöhnte er. »Aber das ist nie gut genug.«
    Plötzlich brach der Stein unter seiner Hand und zersplitterte in Stücke, die in die Tiefe polterten. Die beiden schrien auf.
     Wild um sich schlagend rutschten sie die Felswand hinunter und schlugen auf ein schmales Sims, das sie aufhielt. Da hingen
     sie hoch über dem Abgrund.
    Wie eine unbeholfene Spinne kletterte ich die Klippe hinunter, der Stock schwang von meinem Gürtel. Rhia und Bumbelwy lagen
     unter mir auf dem Sims und stöhnten vor Schmerzen. Der glockenbesetzte Hut des Spaßmachers lag neben ihm und war mit rotem
     Staub bedeckt.Rhia versuchte sich aufzusetzen, dann fiel sie zurück, ihr rechter Arm baumelte an ihrer Seite.
    Ich arbeitete mich über den schmalen Sims und war endlich bei ihr. Ich half ihr beim Aufsitzen und sie schrie auf, als ich
     ihren verdrehten Arm streifte. Mit schmerzgeweiteten Augen sah sie mich an. »Du hast mich gewarnt . . . gerade noch rechtzeitig.«
    »Ich wünschte, es wäre ein paar Sekunden früher gewesen.« Ein plötzlicher Windstoß überrieselte uns mit Staub von der Felswand.
     Als er sich gelegt hatte, nahm ich ein paar Kräuter aus meinem Bündel und betupfte damit den Kratzer auf ihrer Wange.
    »Woher wusstest du, dass es ein Wechselgeist war?«
    »Die Schwimmhäute an den Füßen. Erinnerst du dich, wie wir den Alleahvogel im Wald fanden? Damals hast du mir gezeigt, dass
     Wechselgeister immer etwas Merkwürdiges an sich haben.« Ich deutete auf mich. »Ähnlich wie die Menschen, glaube ich.«
    Rhia versuchte den Arm zu heben und schrie auf vor Schmerz. »Die meisten Menschen sind nicht so gefährlich.«
    Vorsichtig kroch ich auf dem Sims um sie herum, damit ich den Arm besser

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