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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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sah ich Dinatius. Er beugte sich über einen Reisighaufen unter den breiten Ästen der
     Eiche. Als er eine Schaufel voll brennender Kohlen aus der Schmiede unter das dürre Holz schob, packte mich die Furcht.
Ein Feuer. Er macht ein Feuer.
    Flammen knisterten im Reisig. Schnell stieg eine Rauchsäule in die Äste des Baums. Jetzt stand Dinatius aufrecht da, die Hände
     auf den Hüften, und betrachtete sein Werk. Seine dunkle Gestalt vor dem Feuer erschien mir wie ein Dämon.
    »Sie sagt, sie fürchtet sich nicht vor dem Feuer!«, erklärte Dinatius, während die anderen Jungen nickten. »Sie sagt, sie
     kann nicht verbrennen!«
    »Das wollen wir doch mal sehen!«, rief der Junge mit dem Seil.
    »Feuer!«, rief einer der Händler, der plötzlich die Flammen sah.
    Eine Frau rannte aus ihrer Hütte und schrie: »Löscht es!«
    Aber bevor sich noch jemand rühren konnte, hatten die beiden Jungen schon Branwen an den Beinen gepackt. Sie schleppten sie
     zu dem lodernden Baum, wo Dinatius wartete.
    Ich lief aus der Hütte, die Augen auf Dinatius geheftet. In mir schwoll ein Zorn, wie ich ihn noch nie gekannt hatte. Unkontrollierbar
     und unstillbar tobte er in mir und löschte jedes andere Gefühl, jeden Gedanken aus.
    Als er mich kommen sah, grinste Dinatius. »Gerade rechtzeitig, Dämonenjunges. Wir kochen euch beide zusammen.«
    Ein einziger Wunsch überwältigte mich:
Er soll brennen. In der Hölle brennen.
    In diesem Moment bebte und knackte der Baum, als wäre er von einem Blitz getroffen worden. Dinatius drehte sich gerade um,
     als einer der größten Äste, vielleicht von dem Feuer versengt, brach. Bevor er fliehen konnte, fiel der Ast direkt auf ihn,
     drückte seine Brust auf den Boden und zerquetschte seine Arme. Wie der Atem eines Dutzend Drachen sprang das Feuer höher.
     Dorfbewohner und Händler liefen auseinander. Äste explodierten in den Flammen, der Lärm ihres Krachens und Splitterns übertönte
     die Schreie des gefangenen Jungen.
    Ich lief zu Branwen. Sie war nur wenige Schritte vor dem brennenden Baum zu Boden geworfen worden. Feuer leckte am Saum ihres
     Kleids. Rasch zog ich sie weg und band ihre Fesseln los. Sie zog den Knebel aus dem Mundund schaute mich voll Dankbarkeit und Furcht zugleich an.
    »Hast du das getan?«
    »Ich – ich glaube. Irgendeine Art Magie.«
    Der Blick aus ihren Saphiraugen ließ mich nicht los. »Deine Magie. Deine Kraft.«
    Bevor ich antworten konnte, kam ein markerschütternder Schrei aus dem Inferno. Ein lang gezogener Schrei entsetzlicher Agonie.
     Als ich diese Stimme hörte – diese hilflose Menschenstimme   –, erstarrte mir das Blut in den Adern. Ich wusste sofort, was ich getan hatte. Zugleich wusste ich, was ich tun musste.
    »Nein!« Branwen packte mich an der Tunika.
    Aber es war zu spät. Ich hatte mich bereits in die brüllenden Flammen gestürzt.

VII
DIE VERBORGENE WELT
    S timmen. Engelhafte Stimmen.
    Ich setzte mich kerzengerade auf. Konnten es wirklich Engel sein? War ich wirklich tot? Finsternis umgab mich. Schwärzer als
     jede Nacht, die ich je gekannt hatte.
    Dann: der Schmerz. Der Schmerz in meinem Gesicht und meiner rechten Hand sagte mir, dass ich tatsächlich am Leben sein musste.
     Es war ein sengender Schmerz. Ein reißender Schmerz. Als ob mir die Haut abgezogen würde.
    Unter dem Schmerz spürte ich ein merkwürdiges Gewicht auf meiner Stirn. Vorsichtig betastete ich mein Gesicht. Die Finger
     meiner rechten Hand waren offenbar verbunden, ebenso meine Stirn, die Wangen, die Augen – in kalte, nasse Tücher gewickelt,
     die beißend nach Kräutern rochen. Selbst die leiseste Berührung schmerzte wie Dolchstiche.
    Eine schwere Tür wurde knarrend geöffnet. Auf Steinboden näherten sich Schritte, die von der hohen Decke über meinem Kopf
     widerhallten, Schritte, deren Rhythmus ich zu erkennen glaubte.
    »Branwen?«
    »Ja, mein Sohn«, antwortete ihre Stimme aus dem Dunkel. »Du bist aufgewacht, das freut mich.« Doch sie klang eher unglücklich
     als erfreut, während sie leicht meinenNacken streichelte. »Ich muss deine Verbände wechseln. Ich fürchte, es wird wehtun.«
    »Nein. Fass mich nicht an.«
    »Aber ich muss, wenn du gesund werden willst.«
    »Nein.«
    »Emrys, ich muss.«
    »Aber dann sei vorsichtig! Es tut jetzt schon so weh.«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    Ich versuchte stillzuhalten, während sie behutsam die Verbände abwickelte und mich dabei so zart berührte wie ein Schmetterling.
     Während sie arbeitete, tropfte sie

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