Merlins Drache 03 - Die Schlacht der endlosen Feuer
Geister. Er kam nach Avalon! Durch diesen dunklen Faden floss er in das Ungeheuer hinein und benutzte dessen Körper als seinen eigenen.
|209| Sofort fing Krystallus wieder an zu klettern. Jetzt war jeder Bruchteil einer Sekunde wichtiger denn je.
Ich muss diesen Faden durchschneiden!
Der Troll brüllte wieder. Der hochragende Krieger streckte die riesigen Arme zum Himmel, ballte die Fäuste und brüllte Triumph und Rache hinaus. Denn er konnte spüren, wie seine Kraft ständig zunahm und schon dieses egelähnliche Geschöpf überwältigte, das ihm so gut gedient hatte – und jetzt, wo die entscheidenden Aufgaben vollendet waren, nicht länger existieren musste.
Rhita Gawr hob das Gesicht zu den Sternen, zu dem tiefen Brunnen der Dunkelheit, wo seine Reise begonnen hatte. Viele lange Jahre hatte er darauf gewartet, in irdischer Form zu dieser Welt zwischen den Welten zurückzukehren. Avalon – wie er sich danach gesehnt, gegiert hatte! Bald würde er seine vielfältige Magie dazu nutzen, sein höchstes Ziel zu erreichen: alle Welten zu erobern.
Er stampfte mit einem seiner enormen, neu gewachsenen Füße ins Moor. Schlamm, verwesendes Fleisch und faulige Flüssigkeit spritzten in alle Richtungen. Das alles regnete mit Funken schwarzer Blitze auf die Rücken der geduckten Ghule herab.
Rhita Gawrs breiter Mund geiferte und schickte einen Fluss Speichel über sein Kinn. Endlich konnte der Kriegsherr fast die Früchte seiner Mühen kosten – so köstliche Früchte, dass schon die Möglichkeit, sie zu gewinnen, ihn durch Jahrhunderte von |210| Krieg, Entbehrungen und Erniedrigung gestärkt hatte. Diese Früchte hießen Sieg, Eroberung, Zerstörung aller Feinde in dieser Welt und in anderen Welten.
Sein monströses Auge blitzte und färbte die giftigen Dünste blutrot. Nichts, wusste er, konnte ihn jetzt noch aufhalten. Der dunkle Faden füllte ihn weiter mit Kraft – ewiger Kraft. In wenigen Minuten würde er absolut unbesiegbar sein – stark genug, Avalon unter seine Herrschaft zu bringen, und brutal genug, jeden zu bezwingen, der töricht genug war zu versuchen, gegen ihn zu sein.
Er öffnete den Mund zum nächsten triumphierenden Gebrüll. Doch gerade als er damit anfing, erstarb der Lärm in seiner Kehle. Dann brüllte er nicht triumphierend, sondern wütend, und erschütterte den ganzen Sumpf mit der Macht seines Zorns.
Sein Feind! Er ahnte die Nähe des Gegners, der ihn angreifen wollte. Er ließ die Augen blitzend vor Wut über die Gegend schweifen. Wo dieser Feind jetzt war, würde ein schrecklicher Tod folgen.
Krystallus, der sich an den Körper des Trolls klammerte, spürte den roten Schein des Auges auf sich. Er schauderte unkontrollierbar. War er entdeckt worden? So kurz vor seinem Ziel?
Doch der Blick des Trolls wanderte weiter. Er wandte sich brennend vor Hass zur fernen Seite des Moors, wo Wolken von Dämpfen zum Himmel stiegen. |211| Krystallus folgte diesem Blick und schaute ebenfalls in diese Richtung.
Basilgarrad!
Mit weit gespannten Flügeln brach der große grüne Drache, der Merlin trug, durch die Wolken. Er flog direkt auf den monströsen Troll zu – und in den Kampf.
|212| 23
Die Leine
Drachenschuppen mögen dick sein, aber die Pfeile der Trauer können sie nicht abhalten.
B asilgarrad kam durch die dicken, geblähten Dämpfe, die das Moor umhüllten. Er spürte, wie Merlin voller Erwartung auf seinem riesigen Kopf das Gewicht verlagerte. Zugleich spannte der Drache den Körper an, von den mächtigen Kiefern bis zur Keule an seinem Schwanz. Denn er wusste genau wie der Zauberer, dass sie in einen Kampf flogen – den letzten Kampf für Avalon.
Während der Drache die dunklen Dünste zerteilte, bemerkte er ein pulsierendes rotes Leuchten, das durch die Dämpfe vor ihm drang. Auch ohne die Quelle dieses Lichts zu sehen, wusste er genau, woher es kam.
Das ist das Auge des Monsters, da bin ich sicher.
Merlin nickte, er hatte die Gedanken seines Gefährten aufgenommen. Sein Bart wurde vom Wind zurückgeweht und schlug gegen Basilgarrads Ohr – |213| so fest, dass die Eule Euclid kreischte und vom Bart in die Gewandtasche des Zauberers hüpfte.
»Basil, alter Freund …«, begann Merlin – obwohl er direkt ins Ohr des Drachen sprach, musste er die Stimme heben, um über dem pfeifenden Wind gehört zu werden – »irgendwie glaube ich nicht, dass unser größtes Problem das Moorungeheuer ist.«
»Was?« Verblüfft schürzte der Drache während des Flugs die Schnauze. »Es ist
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