Merlins Drache 03 - Die Schlacht der endlosen Feuer
Finger, das ständige Schwanken des Ungeheuers, selbst die drängende Zeit – verschwanden. Er konnte nur noch mit offenem Mund auf die blubbernde Ausweitung der Haut starren. Die ganze Mitte der Bestie schwoll jetzt ständig.
Schwarze Blitze prasselten den Faden entlang, der sein unablässiges Pulsieren fortsetzte und im Takt mit dem blitzenden Auge klopfte. Was der Faden auch in den Körper des Ungeheuers pumpte, es füllte ihn schnell. Und veränderte ihn.
|206| Schneller, als Krystallus es für möglich gehalten hätte, dehnte sich des Monsters ganze obere Hälfte zu einer großmächtigen Brust. Weiter oben erschienen zwei Ansätze von Schultern, die sich rasch entwickelten. Schnell streckten sich die Ansätze hinaus und wurden zu muskulösen Armen. Ganz oben bildete sich ein riesiger Kopf – ein Kopf mit einem einzigen, pulsierenden roten Auge.
Das Ungeheuer hatte nicht mehr die Gestalt eines massigen Egels, also einen wurmähnlichen Körper ohne Gliedmaße, es verwandelte sich rasch in etwas viel Gefährlicheres, Beweglicheres und, davon war Krystallus überzeugt, viel Mächtigeres.
Es sieht aus wie … ein Troll! Ein riesiger, einäugiger Troll.
Ungebeten tauchte ein Bild vor ihm auf – ein Geschöpf aus den Mythen, die er als Kind gehört hatte, eine Geschichte aus einer Gegend namens Griechenland auf der Erde. Er suchte in seiner Erinnerung nach dem Namen des Geschöpfs.
Zyklop – das war es.
Plötzlich faltete sich die Haut des Monsters unter ihm, dann riss sie auseinander und teilte sich in der Mitte zu Beinen!
Gerade als die Haut sich mit einem schrecklichen reißenden Geräusch trennte, sprang Krystallus auf eine Seite. Mit Fingern, die durch die Kälte jetzt absolut taub waren, versuchte er sich an einem massigen, sich gerade bildenden Oberschenkel festzuhalten. Verzweifelt krallte er sich in die Haut, die so dunkel |207| wie die Leere war, und hoffte, irgendeinen Halt zu finden, der sein Gewicht tragen konnte.
Nichts! Er fing an zu rutschen, mit zunehmender Geschwindigkeit schlitterte er hinunter. Wenn er aus dieser Höhe in den Sumpf fiel, würde er bestimmt sterben – entweder vom Aufschlag oder durch die gehässigen Moorghule, das wusste er. Und er würde nie eine weitere Chance haben, Avalon zu helfen.
Gerade als er ganz die Kontrolle verlor und rückwärts fiel, schlugen seine Füße auf einen Sims. Er stürzte darauf. Als er sich wieder aufrichtete, erweiterte sich der Sims unter ihm und er merkte, was es war.
Die Kniescheibe des Trolls.
Während er auf den muskulösen Schenkel über sich starrte und auf den pulsierenden Faden, der gerade im Bauch der Bestie verschwand, erkannte er, dass ihm sehr wenig Zeit blieb. Wenn er immer noch diesen Faden durchschneiden wollte – in der Hoffnung, so die Macht des Trolls zu reduzieren oder ihm wenigstens die Unverletzlichkeit zu nehmen –, musste er es sofort tun.
Er kletterte wieder, schneller als jemals. Trotz seiner tauben Hände und des anschwellenden Körpers unter ihm kam er rasch voran. Wie eine winzige Spinne, die eine große gewellte Wand hinaufkrabbelt, kam er seinem Ziel näher.
Funken negativer Energie fielen um ihn herum, sie zischten auf dem Weg durch die Dünste, die vom Sumpf heraufstiegen. Ein Funke landete auf seiner |208| Schulter und brannte ein Loch in den Stoff seiner Tunika, Krystallus spürte einen kalten Schmerz. Er schnalzte den Funken mit einer tauben Hand weg und kletterte weiter.
Der Troll wurde inzwischen kenntlicher. Aus den Enden der großen Arme wuchsen starke, dreifingrige Hände. Die Schultern schwollen mächtig und verschmolzen zu einem dicken, kräftigen Hals. Unter dem einzigen Auge erschien ein großer Mund voll gezackter Zähne. Dann öffnete sich der Mund zu einem lauten Brüllen, das durchs Moor donnerte und alle Ghule daran erinnerte, wem sie dienten.
Die Gewalt dieses Brüllens warf Krystallus fast hinunter. Er taumelte und konnte sich kaum an einem prallen Muskel oben am Schenkel festhalten. Er schlug seine Füße in eine Falte und kam wieder ins Gleichgewicht.
Doch er spürte keine Erleichterung. Etwas im Ausbruch des Trolls hatte ihm einen neuen Gedanken eingegeben, der das ganze Ausmaß der Gefahr für Avalon deutlich machte. Es war nur eine Vermutung. Doch die war so entsetzlich, dass er inständig hoffte, sie entspräche nicht der Wahrheit.
Der Troll war nicht nur von Rhita Gawrs Magie genährt. Viel schlimmer – dieser Troll
war
Rhita Gawr. Die Verkörperung des Kriegsherrn der
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