Merry Ex-Mas
Song bei YouTube runternehmen“, hatte er zu Larry gesagt.
„Bist du verrückt geworden? Weißt du, wie viele Klicks wir schon haben?“
„Ja. Und es ist mir egal, selbst wenn es eine Million sein sollte.“
„Was ist nur mit dir los?“
„Ich versuche, wieder mit Ella zusammenzukommen.“
„Na und?“
„Meine Schwiegermutter hat das Lied gehört.“
„Exschwiegermutter, du Idiot“, hatte Larry ihn erinnert.
„Wenn Ella und ich wieder zusammen sind, ist sie nicht länger meine Exschwiegermutter. Und das waren wir – bis zu dem Lied.“
„Ich kenne das Gefühl“, hatte Larry gesagt. „Frauen. Aber, hey, was willst du machen?“
„Als Erstes … das Lied löschen.“
„Kommt nicht infrage, Kumpel.“
„Solange das Lied auf YouTube ist, kann ich sie nicht zurückgewinnen!“, hatte Jake gebrüllt.
„Wenn ihre Mom es schon gesehen hat, ist es sowieso zu spät. Ich nehme es da nicht raus.“
„Musst du aber!“
„Hey, hör mal: Du magst vielleicht unser Frontmann sein, aber ich bin immer noch der Bandleader. Also, ich füge mich ja deinen Kein-Alkohol-auf-der-Bühne- und Nur-ein-Drink-während-der-Probe-Regeln. Aber wenn ich zulassen würde, dass du es für uns alle versaust, nur weil du heiß auf deine Ex bist, wäre ich wirklich wahnsinnig.“
Zum Glück hatten sie sich nur am Telefon gesprochen, sonst wäre Jake seinem Freund bestimmt an die Gurgel gegangen. „Du musst das Lied da runternehmen“, hatte er noch einmal gebrüllt.
„Nein. Du musst zusehen, dass du deine Scheiße in Ordnung bringst“, hatte Larry verkündet und aufgelegt.
Und jetzt, nach dieser fröhlichen Unterhaltung, kam doch tatsächlich ein Anruf von Billy Joe Brown, einem Talentscout aus Nashville, der ihn auf YouTube gesehen hatte und wissen wollte, ob er schon einen Manager hatte. Hatte er eine CD in Arbeit? Wo hatte seine Band schon gespielt? Was waren seine Pläne für die Zukunft?
Zwar war sein Plan, seine Frau zurückzugewinnen. Aber Jake hatte sich wie ein Profi verhalten, und er und Billy Joe hatten vereinbart, dass Jake mit seiner Band sprechen und sich dann wieder melden würde.
„Je früher, desto besser, mein Junge“, hatte Billy Joe ihm geraten. „Wenn der Schneeball erst mal ins Rollen gekommen ist, sollte man seine Chance nutzen.“
Jaja, der Schneeball war ins Rollen gekommen. Und hatte Jakes Liebesleben unter sich begraben.
Neben ihm winselte Tiny leise.
„Ja, ich weiß. Es geht nicht immer nur um mich, oder? Weißt du was? Wir machen jetzt einen schönen Spaziergang und holen uns Feuerholz.“
Tiny bellte, seine Art, seine Zustimmung zu diesem Plan zu bekunden.
Einige Leute (unter anderem Jakes Exschwiegermutter) waren der Ansicht, Hunde hätten keinen Zugang zum menschlichen Wortschatz, doch Jake war anderer Meinung. Tiny verstand eine ganze Menge. Auf jeden Fall verstand er, was Spaziergang bedeutete. Das hieß für ihn übersetzt, dass er über schneebedeckte Rasen toben und an jedem Busch schnüffeln konnte, um dann dort seine Duftmarke zu setzen.
Auch was Feuerholz war, verstand er nur allzu gut: Es war eine aufregende Aufgabe. Jake hatte einen Schlitten, der extra dafür da war, das Holz zum Haus zu bringen. Diesen Schlitten durfte Tiny vom Schuppen zum Haus ziehen. Es machte mehr Arbeit, Tiny das Schlittengeschirr anzulegen und das Holz auf- und wieder abzuladen, als wenn er es einfach in ein paar Armladungen ins Haus getragen hätte, aber Bernhardiner brauchten eine Aufgabe.
Genau wie Menschen auch. Ein Mann musste das tun, wofür er auf dieser Erde war.
Inzwischen war Jake klar geworden, dass er wahrscheinlich nicht hier gelandet war, um sich über Ellas Mom lustig zu machen.
Nachdem er das Holz hereingebracht hatte, dauerte es nicht lange, bis das Feuer im Kamin loderte. Jake griff nach seiner Gitarre, machte es sich auf der Couch bequem und starrte in die Flammen. Wie oft hatte er schon so hier an einem Wintertag gesessen und von einer erfolgreichen Zukunft geträumt? Endlich schienen seine Träume wahr zu werden. Aber sie bedeuteten ihm nichts, solange Ella nicht an seiner Seite war. Seine Beziehung lag in Trümmern.
Er zupfte an seiner Gitarre. „Die Beziehung ist am Ende. Das Feuer ist erloschen.“
Das Lied begann Gestalt anzunehmen, und schon bald war Jake so vertieft darin, einen neuen Song zu kreieren, dass er völlig die Zeit vergaß. Er hörte nicht einmal, dass die Tür geöffnet wurde, hörte nicht, dass Ella ins Zimmer kam. Erst als er den Refrain das
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