Merry Ex-Mas
blinzelte Jake aus einer Schneemaske heraus an. Sie jammerte, während sie sich über das Gesicht wischte und sich dann den Schnee aus den Haaren schüttelte. „O nein, meine Frisur.“ Aber die war nicht ihr einziges Problem. Ihre Wimperntusche verlief, und die Frau sah aus wie der Vampir Barnabas Collins in Frauenklamotten. Ihr Ehemann dagegen, der sich den Schnee von den Schultern wischte, wirkte so, als wäre er kurz davor, einen Mord zu begehen.
Genau wie Axel. Dass dessen Kunden unter dem Schnee begraben worden waren, tat Jake leid. Doch bei Axel sah die Sache schon anders aus. Da hielt sich sein Mitleid in Grenzen, denn irgendwie war es schon ganz befriedigend zu sehen, wie dieser schmierige Typ vom Kopf bis zu den teuren Schuhen vom Schnee durchnässt wurde. Fast hätte Jake gelacht. Doch die Erkenntnis, dass Ella über diese Sache alles andere als begeistert sein würde, ließ ihn ernst bleiben.
„Was war das?“, wollte der Mann wissen.
„Das passiert manchmal bei Metalldächern“, beschwichtigte Axel ihn. „Nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müssen.“
„Nichts, worüber ich mir Sorgen machen muss?“, wiederholte der Mann und hob die Stimme. „Ein Schritt näher, und dieser Eiszapfen hätte sich durch Annabels Kopf gebohrt.“
Der ist bestimmt sowieso hohl, dachte Jake. „Kommen Sie rein und trocknen Sie sich ab“, bot er an.
Die Frau machte einen Schritt rückwärts. „Ich glaube nicht.“
Inzwischen war auch Tiny zur Tür gekommen und bellte zur Begrüßung.
Annabel kreischte panisch.
Ein weiterer Eiszapfen sauste auf die Veranda nieder. „Ahhh!“ Annabel drehte sich um und floh die Stufen hinunter.
„Zeigen Sie uns eine Wohnung“, sagte ihr Ehemann und eilte hinter ihr her.
„Sie haben den Verkauf versaut“, beschuldigte Axel Jake und sah ihn böse an.
„Hey, ich kann nichts dafür, dass der Schnee vom Dach gerutscht ist“, fuhr Jake ihn an. „Das war Gottes Werk.“
Axel sah aus, als wollte er noch mehr sagen, wischte sich jedoch nur noch den letzten Schnee von seinem teuren Mantel und stapfte seinen Klienten hinterher.
„Ein Glück, die sind wir los“, meinte Jake zu Tiny und schlug die Tür zu.
Ella würde das gewiss anders sehen.
Tatsächlich. Eine Stunde später klingelte Jakes Handy. Getreu dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung, ließ er ihr gar keine Chance, etwas zu sagen. „El, das war nicht mein Fehler.“
„Du hast die Eiszapfen nicht entfernt, obwohl ich dich darum gebeten hatte. Wieso ist das jetzt also nicht dein Fehler?“
„Okay, die Sache kannst du mir anlasten“, gab er zu. „Aber nicht das mit dem Schnee. Ich bin nach oben gegangen und habe nachgeschaut. Du hast die Tür zum Dachboden offen gelassen. Die warme Luft, die den ganzen Tag lang nach oben gestiegen ist, hat das Dach erwärmt und die Schneelawine ausgelöst.“
Das nahm ihr den Wind aus den Segeln. Aber eine Sekunde später hörte Jake, wie sie schniefte. „Oh, komm schon, El, bitte nicht weinen. Irgendjemand wird das Haus schon noch kaufen.“
„Aber nicht, wenn wir versuchen, sie mit Schnee und Eiszapfen zu ermorden.“
„Pass auf: Die Eiszapfen sind alle ab, und ich habe auch den Schnee von der Veranda geschaufelt. Also, beim nächsten Mal …“
„Ich weiß nicht mal, ob es ein nächstes Mal gibt. Axel war echt sauer.“
„Also, Axel, der kann mir …“ Jake verkniff sich den Rest des Satzes, als er merkte, dass sie so nicht wirklich weiterkamen.
„Oh, warum rede ich überhaupt mit dir?“, meinte Ella unglücklich.
Sie legte auf, ehe er sagen konnte: „Weil ich derjenige bin, an den du dich wendest, wenn du unglücklich bist. Weil du mich nämlich immer noch liebst.“ Er schaute zu Tiny, der ihn, den Kopf zur Seite gelegt, anschaute. „Weißt du was? Für dich ist es viel einfacher, ein Kerl zu sein als für mich.“ Liebe sollte nicht so schwierig sein.
Das wäre doch ein schöner Titel für ein Lied. Zu schade, dass es auch die traurige Geschichte seines Lebens war.
Am Freitag schloss Cass die Bäckerei eine Stunde eher, damit sie und Dani zu Lupine Floral hinübergehen konnten, um die Blumen für die Hochzeit auszusuchen. Es war der erste Dezember, und in der Stadt wimmelte es von Menschen, die ihre Weihnachtseinkäufe machten.
Morgen um diese Zeit würde der Marktplatz voller Besucher sein, die dabei sein wollten, wenn die Lichter am großen Weihnachtsbaum angeschaltet wurden. Es sollten Weihnachtslieder angestimmt werden, der
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