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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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der Stadt aus eine vierstündige Fahrt
bedeutete. Sie fuhren getrennt, Bert mit Wagen und Ausrüstung,
Daniel mit einem Motorrad, und beide Fahrzeuge hatten falsche
Kennzeichen. Der Frühling war weit vorangeschritten, das Wetter
milde, die Abende lang. Es war ein Gig mitten in der Woche. Daniel
hatte seinen freien Tag, Bert würde sich nach einer Besprechung
auf den Weg machen, die, wie er wußte, früh enden
würde.
    Daniel und Bert, Bert und Daniel. So standen die Dinge.
    Daniel fuhr am Nachmittag los. Er nahm einen Umweg, trug zivile
Kleidung, die Uniform steckte in einer der beiden Satteltaschen, in
der anderen befand sich eine leere Aktentasche. Er fuhr langsam am
Ort des Gigs vorüber, prüfte den Eingang auf irgendwelche
offensichtliche Veränderung seit ihrem letzten Besuch, daraufhin
fuhr er zu einem Restaurant auf der anderen Seite des Orts weiter. Er
parkte weiter unten in der Straße, stopfte Helm und
Schutzbrille neben die Aktentasche und ging hinein, um etwas zu
trinken und zu essen. Er sah gut aus, sagte Bert, und würde auf
jeden Fall bemerkt werden. Aber das war gut so, auf diese Weise
würde man ihn keinesfalls mit dem Motorrad oder dem Gig in
Verbindung bringen. Der Gig fand bei einem Vertragsunternehmen von
NatSich statt. Alle Gigs fanden bei einem solchen Unternehmen statt
– so kamen Bert und Daniel ohne Fragen hinein und konnten vorher
die Pläne des Architekten und die Zahl des Personals im Computer
überprüfen.
    Dieser Gig betraf eine Klinik – kein Forschungszentrum und
somit keine Wissenschaftler, die zu jeder Tages- und Nachtzeit ein-
und ausgingen. Daher der Zeitpunkt: einundzwanzig Uhr. Die
Labortechniker waren längst verschwunden, und sobald die
verdammten Patienten einmal zu Bett gebracht waren, würden sie
auch dort bleiben, und das Nachtpersonal schrieb Fallberichte auf
seinen Stationen. Einundzwanzig Uhr auch, weil die ersten beiden Gigs
in den frühen Morgenstunden stattgefunden hatten, und Bert
sagte, Muster seien gefährlich.
    Daniel nahm ein leichtes Mahl zu sich, bezahlte bar, verließ
das Restaurant und sah sich einige Minuten lang Schaufenster an, ehe
er zum Motorrad zurückkehrte. Er fuhr zu einer zuvor
ausgewählten Herrentoilette auf einem ruhigen Platz mit einem
Musikpavillon in der Nähe einer Bushaltestelle, zog in einer der
Kabinen seine Uniform an und streifte einen leichten zivilen
Regenmantel darüber. Er legte die Sporttasche, die jetzt seine
Zivilkleidung enthielt, in die Satteltasche zurück, nahm die
Aktentasche heraus, legte seine Nat-Sich-Mütze hinein,
verließ das Motorrad und nahm den ersten Bus in die
gewünschte Richtung. In den Gehirnen der Polizei gingen
Motorräder und Herrentoiletten einher mit Schwulen – keine
Polizistin dächte daran, das Motorrad zu melden, selbst wenn es
ihr auffiele. Homosexuelle waren rasch bei der Hand mit Anzeigen
wegen Belästigung.
    Daniel traf zwanzig Minuten zu früh am Ort des Gigs ein. Er
hielt sich jedoch davon fern, ging absichtlich zwanzig Minuten lang
um städtische Wohnblöcke herum. Er schwang die Aktentasche
und lenkte keinerlei Aufmerksamkeit auf sich. Es war ein netter Ort,
eine pfiffige Mischung aus alt und modern, terrassenförmig
angelegte hübsche Geschäfte in Bogengängen,
Bäume, schmale Wohnblocks mit rosafarbenem Stuck und
winterfesten Baikonen, hölzerne Laufstege über geheizten
und gepflasterten Straßen, und die Klink befand sich in einem
erstklassigen Viertel, ein kleiner, für PTG umgebauter
Büroblock aus dem letzten Jahrhundert. Daniel schwang seine
Aktentasche. Verdammte Weiber, es war doch völlig sinnlos –
jeder Besuch an einem Ort wie diesem hier kostete ein kleines
Vermögen, und die Chancen, daß es klickte, standen noch
immer schrecklich schlecht. Einige Miezen kamen drei- oder viermal
zurück, und es klappte noch immer nicht. Mehr Kosten, als
sinnvoll war. Was bewiesen sie denn, verdammt noch mal?
Widernatürlich, dieses ganze verfluchte Geschäft.
Männer machten Babies. PTG-Kliniken bewiesen lediglich,
daß irgendwelche verfickten Lesben es nicht erwarten konnten,
die Männer für ihre perverse Brut abzuwichsen. Sie
verdienten, was sie bekamen.
    Die Sonne stand tief, das Licht war golden. Die meisten
Bürger saßen daheim vor ihren Fernsehern. Daniel streifte
auf einem verlassenen Straßenabschnitt den Regenmantel ab und
tauschte ihn gegen seine NatSich-Mütze in der Aktentasche aus.
Fünf vor neun stand er draußen vor der Klinik. Ein Blick
die Straße hinauf und hinab –

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