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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Löffel abtrocknest, könntest du dir die leicht
nehmen, wenn ich mehr verdiene.«
    »Ich hab mein Lebtag noch keinen Löffel
abgetrocknet.« Liese war beleidigt, anders ließ es sich
nicht ausdrücken. »Ich möchte einfach nur nicht,
daß du von dem bißchen Zeit, das du zu Hause mit Anna
verbringst, noch etwas abknappst, nur um weitere Güter zu
verbrauchen, die keiner von uns benötigt.«
    Harriet streckte die Hand nach Liese aus. »Streiten wir doch
nicht, Liebes. Ich möchte diesen Job für mich. Du
weißt das. Was jedoch nicht bedeutet, daß du nicht davon
profitierst.«
    »Ich habe nicht an dich und mich gedacht.« Liese konnte
unnachgiebig sein. »Ich dachte an Anna.«
    Harriet spürte, daß sie einen Wutanfall bekam, hielt
die Luft an und zählte bis zehn. War Liese neidisch auf ihre
Arbeit? Verständlich wäre es ja.
    »Am besten wäre es wohl, wenn ich einen Halbtagsjob
bekäme. Dann könntest du richtig an deine Arbeit
zurückkehren. So sollte gemeinsame Erziehung sein.«
    »Lächerlich. Damit willst du mir doch nur den Mund
stopfen.« Stimmte genau. »Du würdest sterben, wenn du
halbtags arbeiten würdest, Har’. Du weißt, das
würde ich nie zulassen.«
    »Ich würde nicht sterben.« Harriet legte sich
zurück und sah zur Decke hinauf. »Ich würde ein wenig
erschlaffen…«
    »Und wozu sind erschlaffte Mamas für ihre Kinder
gut?«
    »Erschlaffte Mamas?« Harriet sah sie von der Seite her
an. Ihre Blicke trafen sich. »Erschlaffte
Mamas…?«
    Gelächter rettete sie oftmals. Jetzt auch wieder. Es entstand
aus einem widerwilligen Lächeln, wurde zu einem Keuchen und
Augenwischen, und schließlich fielen sie einander in die Arme. Erschlaffte Mamas. Es entschied nichts, aber es gab auch
nichts zu entscheiden. Harriet würde den Job annehmen. Das hatte
nie zur Debatte gestanden.
    Das Telefon klingelte. Liese hob ab, schaute nach, ob der
Bildschirm abgeschaltet war, und antwortete. Sie hörte zu und
bedeckte daraufhin die Sprechmuschel.
    »Ist für dich. Ein Journalist.«
    »Sag ihm, er soll verschwinden. Journalisten bringen mich in
Schwierigkeiten. Ich hasse Journalisten.«
    »Er ist von Science News.«
    »Das sind die schlimmsten.« Harriet war aufgesprungen
und ging in die Küche. Gnasher erhob sich von der Sofalehne und
folgte ihr. »Sie wissen mehr über mein Gebiet als
ich.«
    »Er hat den Artikel über deinen Fernsehauftritt
geschrieben. Sein Name ist Mark Kahn.«
    Harriet blieb stehen. »Den habe ich gelesen. Er war
schmeichelhaft.«
    Der Schreiber hatte ihr nicht sklavisch beigepflichtet, sondern
war erfreut darüber gewesen, daß endlich eine bedeutendere
Wissenschaftlerin ihr Wort erhoben hatte. Harriet hatte insbesondere
Gefallen an der ›bedeutenderen Wissenschaftlerin‹
gefunden.
    Sie kam ins Zimmer zurück. »Was will er?«
    »Er hat von deinem neuen Job gehört. Er möchte dir
gratulieren.«
    »Er möchte, daß ich etwas Indiskretes sage, das
er, aus dem Zusammenhang gerissen, zitieren kann.« Harriet
streckte die Hand aus. »Ich werde mit ihm reden. Das sollte
Spaß machen. Wie, hast du gesagt, war sein Name?«

 
Der Bevölkerungsrückgang
Jahr 40: Anfang November
11
     
    »Morgen um diese Zeit«, sagte ich zu ihnen, »wird
Anna auf Nomansland in Sicherheit sein, und Mark wird wieder
zurückgekehrt sein, nachdem er sie dorthin gebracht
hat.«
    Ich war gut drauf. Der Frieden war ausgebrochen, hatte die
Äbtissin gesagt, und das hatte ich ihnen ebenfalls erzählt.
Ich war gut drauf.
    Ich meisterte die Lage. Das Leben war auf groteske Weise mit mir
umgesprungen, hatte mich mundtot gemacht, hatte mich verwanzt, meiner
Katze die Kehle durchgeschnitten, meine Forschungsergebnisse
gestohlen, meine wunderschöne Tochter bedroht, und ich meisterte
die Lage. Das ist so üblich. Offensichtlich haben wir auch
Alternativen hierzu – Nervenzusammenbruch, Saufen, sich unter
dem Bett verstecken –, aber wir ergreifen sie überraschend
selten.
    Wir ließen uns zum Essen nieder. Ich fragte meine Familie,
wie ihr Tag gewesen sei. Anna verzog das Gesicht – anscheinend
hatte Mark am Morgen in der Schule angerufen, und Jessica Simpson
hatte auf ihrem Heimweg bei uns Zwischenstation eingelegt und einen
Haufen Arbeit für Anna dagelassen, die sie während ihrer
inoffiziellen Ferien erledigen sollte.
    »Das ist schön«, meinte ich. »Ich habe auf der
Insel abgemacht, daß du auch dort am Unterricht teilnimmst. Du
wirst wirklich gut zu tun haben.« Ich nahm mir Kartoffeln.
»Übrigens, deine Oma läßt

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