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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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großen
Laborausrüstungsapparat. Seine Laboranten befruchteten in
vitro und wählten die männlichen Embryonen aus, und ein
unter Vertrag stehender Chirurg vom staatlichen Krankenhaus
implantierte die Embryos. Hildebrand kümmerte sich um die Vor-
und Nachbereitung der Operation, die Anästhesie und die
anschließenden immunreaktionsunterdrückenden Therapien.
Diese kamen von ganz oben und waren häufig drastisch. Zwar war
noch keine Patientin daran gestorben, aber es hieß, eine sei
sehr nahe daran gewesen. Jeder Fötus, der die Unterdrücker
überlebte, zeigte nichtsdestoweniger umfangreiche Anomalien und
wurde routinemäßig nach sechzehn Wochen abgetrieben.
    Dr. Hildebrand sang ein Loblied auf den Mut der Freiwilligen: ihr
Aufenthalt konnte bis zu vier Monaten dauern, die Bedingungen waren
ähnlich einer Behandlung auf der Intensivstation und die
Nebeneffekte der Unterdrücker reichten von akutem Brechreiz bis
hin zum völligen Verlust des Haars. Die Frauen litten freudig,
denn sie glaubten an die Sache.
    Harriet fragte, welchen Fortschritt er erzielt habe.
    Er schnippte Staub von seinem Ärmel. »Völlig
negativ, Doktor. Wir sammeln eine beeindruckende Liste ineffektiver
Wirkstoffe. Wir lernen eine Menge über die Verletzbarkeit des
Fötus. Wir können ebenso den Augenblick vorhersagen, wann
die den Embryo schützende Membran zusammenbricht… Aber der
Abstoßungsmechanismus, das Objekt der Übung, ist uns nach
wie vor ein absolutes Rätsel.«
    »Wer beurteilt die Ergebnisse?«
    »Ich selbst.« Er ließ die Schultern unter seiner
teuren Jacke zusammensacken. »Unter der Oberaufsicht«, gab
er zu, »des Programmleiters.«
    Harriet nickte. Amour propre war hier das Thema, eine Frage
von Geschlecht und Generation. Sie, mit siebenundzwanzig, wäre
weitaus glücklicher mit Andrea Fovas’ Oberaufsicht als Dr.
Hildebrand mit über siebzig.
    »Das muß schwierig sein«, meinte sie.
    »Ganz und gar nicht. Fovas ist die Wissenschaftlerin. Ich bin
bloß der bescheidene Arzt.«
    Harriet nickte erneut. Bescheiden?… »Darf ich mit
Ihren Patientinnen reden?«
    »Aber gerne. Es sind sowieso jetzt Ihre Patientinnen.«
Er warf einen Blick auf die Uhr. »Oder sie werden es um siebzehn
Uhr sein.«
    Sie dankte ihm lächelnd. Er hörte sich militärisch
an, war jedoch gar nicht so schlimm. Ihr wurde klar, daß er
vierzig Jahre vor dem Bevölkerungsrückgang geboren worden
sein mußte. Eine erstaunliche Spanne. Menschen nach dem
Bevölkerungsrückgang neigten zur Annahme, die Geschichte
habe mit ihnen ihren Anfang genommen. Welche Kriege hatte er erlebt?
Er würde sich an die nukleare Abrüstung erinnern. Das
hatten Männer ausgehandelt – sie waren nicht alle so von
Grund auf verdorben, wie Mama sagte.
    Sie verließ Hildebrand und ging den langen Korridor zu den
Krankenzimmern hinab. Mama. Bei ihrem Bruder Daniel hatte sie es
aufgegeben, aber Mama besuchte sie noch immer. Da war dieser Besuch
mit Oma nach Annas Geburt gewesen. Sie waren von Omas Insel
hergekommen: eine Osterbrook-Gemeinde hatte sich dort gegründet,
und Mama sah sie sich an. Harriet hatte dagegen argumentiert: sie
fand den Gott-die-Mutterismus schrill. Mama hatte sie nicht beachtet.
Bei Harriets nachfolgenden Besuchen auf der Insel hatten sowohl
Mutterismus als auch Mama in fortschreitendem Maß weniger
schrill gewirkt.
    Die medizinischen Abteilungen des Flügels in der Wehl Street
waren beeindruckend. Harriet mußte einen sterilen
Ganzkörperschutz tragen und eine Luftschleuse überwinden,
ehe sie zur Pflegestation kam. Die normal gekleideten
Krankenschwestern absolvierten dreitägige Schichten innerhalb
des Komplexes. Harriet sah nicht so recht, wie sie durch ihr
Kunststoffoutfit den Patienten etwas Nützliches erzählen
konnte, aber die meisten der Frauen waren an Besucher in Anzügen
gewöhnt. Sie sprach mit ihnen.
    Ihr Hauptthema war die Woche, in der sie sich befanden.
    »Ich bin in der achten, Doktor. Zweiundfünfzig Tage. Die
Schwester sagt, er macht sich gut.«
    »Er?«
    »Das Baby.«
    Dieses Gefühl, im Leib eine Person zu haben, machte Harriet
besorgt.
    »Ich weiß, es ist dumm, Doktor, aber so lange er dort
ist, nenne ich ihn Thomas.«
    Das machte sie noch besorgter. »Ihnen ist klar«, sagte
sie freundlich, »daß Sie sich auf einen Abbruch einstellen
müssen?«
    »Sagen Sie das nicht, Doktor. Es schadet nichts, das Beste zu
hoffen.«
    Harriet gab keine Antwort. Die Bemerkung war nicht als Frage
ausgesprochen worden, also mußte sie auch keine

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