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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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unsere Regierung? Traurig? Wie traurig konnte alles
werden?
    In leichterem Tonfall fuhr Mark fort: »Soweit es um Anna
geht, ist das Gute daran, daß nichts davon eine Rolle spielt.
Sie haben sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits ebenfalls
verwanzt – irgend jemand wird mit ihr zusammengerempelt sein,
hat sie niedergestoßen, ihr aufgeholfen, du kannst dir die
Methode aussuchen –, aber es spielt keine Rolle. Wir werden sie
auf jeden Fall verstecken müssen, also werden wir einfach
warten, bis wir dazu bereit sind, dann werden wir die Wanze
ablösen und – presto, prestissimo – sie
verschwindet.«
    Bei ihm hörte es sich so einfach an wie sein ›eine
schreckliche Anzahl von Milhauses wird zunächst an mir vorbei
müssen‹ vom vergangenen Abend. Aber jetzt war ich
hellwach. Und älter.
    Wollte ich das? Diesen ganzen verfluchten, verfaulten Schlamassel,
diesen Lug und Trug, dieses Mißtrauen, diese Gefahr? Wollte ich
das? Meine Kollegen unten… die Vorstellung war so abartig,
daß mich einer von ihnen übers Ohr haute. So abartig war
die Vorstellung, daß Dr. Marton irgend etwas anderes war als
ein übervorsichtiger staatlicher Angestellter. So abartig war
die Vorstellung, daß Sergeant Milhaus – nein, bei ihr
brannten mir die Sicherungen durch. Nichts, gar nichts war so abartig
wie die Vorstellung, die Sergeant Milhaus belebte. Aber mußte
ich dagegen ankämpfen? Warum nicht sechs Monate warten, wie die
Ministerin vorgeschlagen hatte? Ihre Unterstützung, die Liebe
einer dankbaren Nation, Ruhm und Reichtum, ein Nobelpreis, Anna nicht
in Gefahr – all dieses oder all jenes?
    Ich war mir nicht sicher.
    Die helle Kantine half nicht, und auch nicht der Blick aus dem
Fenster. Auch nicht Marks breites, edelmütiges Gesicht mit dem
hellbraunen Schnauzbart, auch nicht seine Hände, welche die
meinen hielten. Ich war mir nicht sicher.
    »Können wir Annie wirklich verschwinden lassen,
Mark?«
    »Ich weiß, daß wir’s können. Ich habe
etliche Pläne im Kopf. Vertrau mir.«
    »Und für wie lange verschwinden lassen, Mark? Wann wird
sie gefahrlos wieder auf der Bildfläche erscheinen
können?«
    »Zwei Wochen. Drei. Sobald du veröffentlicht hast und
der Medienzirkus im Gang ist. Wenn die Kameras anrollen. Und es wird
sowieso folgenlos bleiben. Bei dem angerichteten Schaden wird es
folgenlos bleiben.«
    »Einen Warnschuß? Fürs nächste Mal? Pour
encourager les autres?«
    »Welche autres? Es gibt keine autres. Und wenn
es welche gäbe, so glaub mir, die Ministerin wird dermaßen
eifrig damit beschäftigt sein, etwas verspätet auf den
Umzugswagen zu klettern, daß dir Hören und Sehen
vergeht.«
    Vielleicht. Zwei oder drei Wochen. Kein echtes Risiko. Vielleicht
hatte er recht.
    Ich blickte auf meine Uhr. »Ich muß jetzt runter, Mark.
Ich hab um zwölf Uhr ein Treffen in meinem Büro anberaumt.
Ich hatte ihnen sagen wollen, weswegen ich alle Codes und
Kombinationen ändere.«
    »Kein Problem.« Er hatte die Unschlüssigkeit in dem hatte sagen wollen nicht mitbekommen, was ungewöhnlich
war. »Da dein Antrag jetzt eingereicht ist, ist das eine
grundlegende Sicherheitsmaßnahme. Und du kannst ihnen sagen,
daß die Ministerin ihre Genehmigung aufschiebt, weil sie Rat
von Experten einholt.«
    Ich sagte nichts dazu, aber ich war froh, daß es für
diese besondere Lüge bereits zu spät war. »Bis
später, dann.« Ich stand auf. »Und unternimm nichts
Bestimmtes, Mark, bis ich nach Hause komme.«
    »Nichts Bestimmtes? Du machst wohl Witze. Natur heiß zu machen wird mindestens eine Woche dauern. Und dann
wird’s an dir liegen, Fleisch und Knochen zu liefern.« Er
sah meinen Gesichtsausdruck. »Sei tapfer, altes Haus! Damit das
Böse triumphiere, reicht es aus, daß gute Männer die
Hände in den Schoß legen.« Er blies mir einen
Kuß zu. »Und gute Frauen.«
    Aber ich war mir nicht sicher.
    Unten war Liesl zu früh zum Treffen gekommen. Sie wartete in
meinem Büro. Ich sah sie an – eine Spionin? – und rieb
mir geistesabwesend den Handrücken, wo Sergeant Milhaus ihn
berührt hatte.
    »Ich habe Ihre Nachricht erhalten«, sagte sie. »Die
Ministerin ist eine dumme Kuh.«
    Ich nickte und setzte mich an meinen Schreibtisch. Ich war nicht
bereit, mit ihr zu reden. Um etwas zu tun, drehte ich meinen
Bürostuhl dem Safe zu, öffnete ihn und nahm die obersten
Schnellhefter heraus, das halbe Dutzend. Ich wollte sie vor mir
liegen haben. Sie waren ein wichtiger Teil dessen, worum es bei
meinem Problem ging.
    Liesl

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