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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Kahn-Ryder, sind Sie nicht besorgt,
daß…«
    »Sie haben gehört, Hansen.« Natyas massige Hand
nahm sie wieder beim Arm. »Mehr werden Sie nicht bekommen. Also
seien Sie jetzt so nett und gehen Sie, oder…«
    »…oder mein Blatt wird mit Übertretungs- und
Belästigungsklagen eingedeckt. Kurz gesagt, eine weitere
Vertuschung seitens der Regierung.«
    Keiner von uns widersprach. Hansen blickte von Natya zu mir: wir
würden es auch nicht tun.
    Natya nickte in Richtung auf die offenstehende Tür. »Dr.
Kahn-Ryders Sekretärin wird Sie hinausgeleiten.«
    Hansen ging. Natya schloß die Tür hinter ihr, wandte
ihr den Rücken zu und verschränkte die Arme. »Keine
guten Nachrichten vom Bevölkerungsrückgang, wie ich
sehe.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie sagen, unsere Tests seien
unzulänglich.«
    »Sie irren sich. Was werden Sie jetzt machen?«
    »Weitere Tests, schätze ich.« Ich redete mir ein,
ich würde sie zu ihrem eigenen Schutz anlügen. »Ich
habe mich mit dem Assistenten der Ministerin getroffen, und er hat
vorgeschlagen, in sechs Monaten erneut einen Antrag
einzureichen.«
    »Dr. Marton ist ein schwieriger Mann. Und hierin irrt er
sich. Er arbeitet nicht in der Praxis. Er weiß nicht, was jeder
weitere Monat des Syndroms für die Bürgerinnen bedeutet.
Ich werde ihn anrufen und ihm das sagen.«
    Ich lächelte. Sie täte es vielleicht sogar – aber
eher aus Loyalität mir gegenüber als mit irgendeiner
Hoffnung, ihn zu einem Sinneswandel zu bewegen.
    »Ich lege eine Pause ein, Natya.« Ich stand auf.
»Schenken Sie mir eine Minute gegen Mittag hier, ja? Wir halten
ein Familientreffen ab.«
    Auf meinem Weg hinaus bat ich Maggi, Liesl wegen des Treffens
anzurufen, daraufhin machte ich mich auf eine kurze Inspektionstour
durch die Klinik. Ich mußte meine Knochen strecken.
    Die Freitage waren geruhsam, wir hatten an jenem Morgen nur ein
paar unserer Spender da, und Karen war allein auf den
Säuglings-Stationen und arbeitete ihren Papierkram auf. Ich
teilte ihr mit, was ich Natya über meinen Antrag mitgeteilt
hatte und daß wir die Sache am Mittag in meinem Büro
besprechen würden. Karen war die Zynikerin der Gruppe und von
der Entscheidung der Ministerin nicht im geringsten
überrascht.
    »Immer auf Nummer Sicher gehen, verdammt noch mal«,
brummelte sie, wobei die Zigarette auf ihrer Unterlippe wippte.
»Wo wären unsere Führer ohne das?« Und fuhr fort,
mit zwei Fingern auf der Tastatur herumzuhacken.
    Interessanterweise stand Dr. Karen Bakst länger als jeder
andere von uns in Diensten der Regierung. Sie hatte die Spenderklinik
geleitet, seitdem diese vor zwölf Jahren eröffnet worden
war, und ich hatte sie als Teil des gerade erweiterten
MERS-Forschungszentrums geerbt, das ich übernommen hatte. Eine
hohlbrüstige Bohnenstange von Frau, die zwanzig Zigaretten am
Tag qualmte, ohne es zu bereuen, und sich schonungslos aufopferte.
Unermüdlich war sie bei Patienten, Spendern und ihren Problemen
zu finden, zu jeder Tages- und Nachtzeit saß sie an der
Bettkante, und sie war meines Wissens nach keinen einzigen Tag lang
krank gewesen. Sie lebte für die Klinik und hatte mich bei
meiner Forschungsarbeit bei jedem Schritt des Wegs
unterstützt.
    Einige Minuten lang beobachtete ich sie an ihrer Tastatur. Sie
hatte eine schreckliche Körperhaltung, die Beine waren auf
unmögliche Weise zurückgebogen, Knie und
Fußknöchel wie zerbrochene Zweige um die Stuhlbeine
geschlungen. Ich sparte mir weitere Worte und wanderte ins
Hauptgebäude zurück, hinauf in die Kantine im obersten
Stockwerk. Seit dem Frühstück war anscheinend eine Ewigkeit
vergangen.
    Wir waren übereingekommen, daß Mark nicht anrufen
konnte. Er fand mich an einem Tisch neben dem Kantinenfenster, wie
ich über die heruntergekommene Vorstadt zu den Ruinen der
Granitmauern der ursprünglich mittelalterlichen Hauptstadt auf
den Felsspitzen im Stadtzentrum hinüberblickte.
Granitschloß, graue Stadtdächer, schwarze, blattlose
Bäume, die Berggipfel dahinter bereits vom Schnee
gestreift… selbst unter dem bleichen oktoberlichen Sonnenlicht
war die Aussicht traurig.
    Die Neuigkeit, die Mark mitbrachte, war gleichfalls traurig. Er
hatte die letzten drei Stunden bei den seriösen
Wissenschaftszeitschriften und Fernsehkanälen herumgerufen, und
keiner wollte meinen Artikel auch nur anrühren. Harriet
Kahn-Ryder, Wissenschaftlerin und Kämpferin für den
Tierschutz, hurra! Harriet Kahn-Ryder, Wissenschaftlerin und
eigenbrötlerische Forscherin für

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