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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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zu bringen. Mark hatte sein Büro zu Hause eingerichtet.
Er war elektronisch mit allem vernetzt, was er benötigte. Ich
erledigte meine Schreib- und Denkarbeit hier, in der Nähe der
Leute und Laboratorien, die mir das Rohmaterial lieferten. Und in der
Nähe der Flasche aus rostfreiem Stahl auf ihrer
Säulenplatte auf meinem Schreibtisch, die Flasche aus Erzurum,
die davor im Biberian’schen Forschungszentrum nahe Tbilisi
gestanden hatte und unser Maskottchen war.
    Sie barg noch immer Spuren jenes fünfunddreißig Jahre
alten Schlamms, für den Mark einen dicken Batzen Euros bezahlt
hatte. Sie war unsere Glücksbringerin, und sie erledigte diese
Arbeit ziemlich gut.
    Ich machte mich an die Skizzierung einer Forschungssequenz, wobei
ich das bloß schmückende Beiwerk jätete. Ich lese
genügend auf deutsch, daß mir der hauseigene Stil von Natur präsent war – ein ziemlich schlauer
Kompromiß; nicht völlig akademisch, jedoch wesentlich
weniger populistisch als Science News. Sie hatten nichts
dagegen, ihren Lesern das zu bieten, was Mark einen Mensch,
toll!- Faktornannte, aber sie ließen die Leute auch gern
dafür arbeiten. Ich hatte Glück, Naturs Interesse
erregt zu haben, es war die seriöseste aller
nicht-universitären europäischen Zeitschriften. Falls ich
nicht beim Pariser Symposion der Weltgesundheitsorganisation
veröffentlichen konnte, dann war Natur eine schöne
zweite Wahl.
    Der Morgen verstrich. Ich überflog gerade ein Blatt
Strahlungstestergebnisse – eine Sackgasse, wie sich
herausgestellt hatte, aber Teil der Forschungsgeschichte –, da
wurde mir klar, daß es zwölf Uhr dreißig war, Zeit
fürs Mittagessen meiner Tochter. Genau in diesem Augenblick
schaute Gusso Polder zur Tür herein.
    »Morgen, Boss.«
    Ich hatte vergessen, daß er sich im Gebäude aufhielt.
Der arme Mann war dabei, die RNA-Spaltung nachzuholen, zu der ich
dank Dr. Marton nicht gekommen war.
    Er nickte Anna zu. »Morgen, Junior-Boss. Wie ich sehe, bist
du beschäftigt gewesen.«
    Sie kämpfte gerade mit den Bergen an Ausdrucken und
wußte nicht, was sie ihm sagen sollte – die Ausdrucke
waren für meinen Artikel bestimmt, den ich nicht schreiben
sollte.
    Ich improvisierte. »Sobald das menschliche Testprogramm in
die Gänge kommt, werden wir Daten zum sofortigen Zugriff
benötigen.« Eilig fügte ich hinzu: »Hat Ihnen die
RNA gebracht, was Sie wollten?«
    »Ein weiteres Steinchen.« Er hob die Schultern.
»Das ich allen anderen hinzufügen kann…« Er
blickte mich von der Seite her an. »Haben Sie das ernst gemeint
mit dem vollständigen menschlichen Testprogramm?«
    »Es wird darauf hinauslaufen, Gusso.«
    Anna war über ihre Ausdrucke gebeugt, trennte sie und heftete
sie in Ordnern ab. Gusso zeigte auf mich, dann auf sie und hob die
Augenbrauen. Ich schüttelte den Kopf. Meine Familie wußte
noch nicht, daß ich mich vor einigen Wochen wie der klassische
verrückte Wissenschaftler verhalten hatte und jetzt bei meinem
eigenen fortgeschrittenen Ein-Frau-Testprogramm war. Niemand
wußte es, außer Gusso – er mußte die Laborzeit
für mich fälschen und eine Ausrede und einen Vorwand
finden, eine Probe Impfstoff von seinem leitenden Techniker zu
bekommen. Ich bot ihm an, eine Verzichtserklärung zu
unterschreiben, daß er entgegen seines Rats Anweisungen
nachgekommen war und all das, und er hatte erwidert:
Scheißdreck! Wenn sich die Therapie als effektiv erwiese (nicht
falls!), wollte er seinen Anteil am Ruhm.
    Mark gegenüber war die Geheimniskrämerei nicht fair,
aber ich wollte gerade diese Sache nicht an die große Glocke
hängen. Babies zu bekommen dauert nun mal neun Monate und ist
oftmals gefahrvoll. Und männliche Babies zu bekommen war etwas
völlig anderes. So sagte ich kein Wort, genoß lediglich
unseren Sex en naturel, und wenn wir Erfolg hätten,
würde ich ihm sagen, ich sei schwanger, und das wäre
großartig.
    Wenn sich der Fötus als männlich erwiese, wäre das
ebenfalls großartig. Und wenn ich ihn voll austrüge, und
wenn die Geburt gut verliefe, und wenn das Baby normal wäre,
wäre das welterschütternd. Aber es waren viele, viele Wenns, viel zu viele, um jetzt schon darüber zu
quatschen.
    Und falls ich jetzt meine Tage bekäme, bedeutete das einen
vergeudeten Monat sowie eine Reihe sehr schwieriger Test, um
herauszufinden, ob der Impfstoff bei der Verhinderung einer
Abstoßung versagt oder ob ich einfach nicht empfangen
hatte.
    Gusso fuhr glatt fort: »Wie Sie gestern da die Sache mit

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